Träum ich?: Roman (German Edition)
können, wenn Emmalina uns nicht verflucht hätte und Astrid nicht so selbstsüchtig gewesen wäre. Ich könnte mit Bert Poolson zusammen sein«, seufzt sie dann. »Wenn das doch nur möglich wäre. Er ist mein Hubbell Gardner.«
»Der alte Poolson?«, sage ich lachend. »Der Griesgram von gegenüber, mit dem du ständig im Clinch liegst?«
»Er liebt deine Großmutter«, sagt Selma und seufzt leise.
»Und ich liebe ihn«, sagt Dolly, ebenfalls seufzend. »Was meinst du, warum er so griesgrämig ist? Was meinst du, warum wir uns ständig streiten? Unsere Beziehung ist kompliziert.«
»Wie oft hat er schon um deine Hand angehalten, Ma?«
»Siebzehn Mal«, antwortet Dolly und blickt unverwandt aus dem Fenster.
»Ich wusste nicht mal, dass du etwas für ihn empfindest«, sage ich.
»Du weißt so vieles nicht«, entgegnet Dolly und atmet geräuschvoll aus.
»Meinst du vielleicht, ich hätte keine Verehrer gehabt?«, fragt Selma klagend. »Sieh dir doch nur mal meine Figur an«, sagt sie, steht auf und dreht sich um sich selbst. »Ich bin fünfundfünfzig und habe den Körper einer Fünfunddreißigjährigen.«
»Das ist vielleicht etwas übertrieben, Selma«, wirft Dolly ein.
»Okay, dann einer Vierzigjährigen.«
»Einer Fünfundvierzigjährigen, würde ich sagen«, kontert Dolly.
»Alles aufgestaute sexuelle Frustration«, erklärt Selma.
»Gehst du deshalb ständig ins Fitnessstudio?«, frage ich.
»Kannst du dir einen besseren Grund vorstellen?«
»Wo sie trainiert, stehen die Männer Schlange«, verkündet Dolly stolz lächelnd.
»Aber mir bleibt nichts anderes übrig, als sie abzuweisen. Du solltest mal diesen hinreißenden Trainer sehen, der ständig um mich herumschleicht. Er ist fünfundzwanzig und bettelt mich um ein Date an. Aber um seiner selbst willen weise ich diesen umwerfenden Adonis ab und sage: ›Nein, kommt nicht infrage‹«, heult Selma, woraufhin Dolly ihr ein Taschentuch reicht.
»Und was glaubst du, warum ich ständig koche? Wir haben zwei Tiefkühltruhen, die bis zum Rand voll sind. Wir haben Essen für eine ganze Armee!«
»Ich dachte, du würdest einfach nur gern kochen«, sage ich.
»Und trotzdem haben wir nie Selbstgebackenes im Haus«, sagt Selma zu ihr.
»Du weißt doch, dass Backen nie meine Stärke war, wegen dieser ganzen Geschichte und so«, erklärt Dolly. »Ich hab alles getan, um mich von diesem wunderbaren Mann von gegenüber abzulenken. Deshalb koche ich so viel, einfach, um meinen Traum zu vergessen. Er ist so nah, so ungeheuer nah, und doch so fern.« Sie schüttelt den Kopf, als wollte sie auf andere Gedanken kommen. »Apropos, wie wäre es mit Steaks morgen Abend? Ich könnte sie marinieren und dann grillen, was meint ihr?«
»Jetzt dachte ich all die Jahre, ihr hieltet Männer für Feinde, dabei hattet ihr in Wahrheit nur Angst vor diesem Fluch.« Ich lege meinen Arm um Selma.
»Verstehst du es jetzt?« Selma tupft sich die Augen und putzt sich die Nase. »Wir erzählen dir das nur zu deinem Besten. Du kannst Gogo einfach nicht heiraten. Du kannst niemanden heiraten, für den du etwas empfindest. Wenn du den Mann deiner Träume heiratest, entwickelt sich alles zum Albtraum.«
Ich muss zugeben, dass die Geschichte der beiden langsam einen Sinn für mich ergibt. Wenn Sie all diese Ehemänner hätten kommen und gehen sehen, dann würden Sie auch allmählich daran glauben.
»Vielleicht könnte ich ja besser auf Gogo aufpassen. Die Niagarafälle meiden. Gogo mit Insektenspray imprägnieren.«
»Keine Chance«, antwortet Dolly.
»Alles schon versucht«, sagt Selma.
»Wir haben wirklich alles ausprobiert, aber es bringt nichts«, erklärt Dolly. »Und ganz im Ernst: Ist dein Leben denn so schlimm?«, fragt sie dann. »Du hast einen großartigen Job und eine Familie, die dich liebt. Was soll’s also, wenn es in deinem Leben keine Romantik gibt? Wenn du den Rest deines Lebens Single bleibst?«
»Ich kann dir sagen, was dann passiert«, entgegne ich. »Dann wäre mein Leben niemals erfüllt. Ich wäre den Rest meiner Tage einsam. Ich würde niemals wissen, wie es ist, aufrichtig geliebt zu werden, Romantik zu erleben, mit je mandem durch dick und dünn zu gehen.«
»Ich fürchte, das ist nun mal unser Fluch, Schatz«, sagt Dolly und tätschelt mir die Schulter. »Daran lässt sich nichts ändern.«
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragt Selma und nimmt mich in den Arm.
»Keine Ahnung«, sage ich und versuche, mich zu sortieren.
Aber ich kann das Ganze
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