Trias
Strömung.
»Verlassen Sie mit Ihrer Familie Washington.«
Smith schüttelte den Kopf. »G8 ist in knapp zwei Wochen. Trias hat absolute Priorität.«
Der Stabschef wippte nachdenklich mit dem Kopf.
»Es ist Ihre Entscheidung, Senator.«
14
Bundeskriminalamt, Berlin-Treptow, später Nachmittag
Trotz der ewigen Konkurrenz zwischen den Ermittlungsbehörden CIA und FBI setzte der Führungsstab beider Behörden gemeinsam mit dem deutschen BKA eine Maschinerie in Gang, die ab sofort einen neuen Takt zum Schutz des G8-Gipfels vorgeben sollte. Die Residenturen, Botschaften und Kontaktbüros von CIA, FBI und BKA wurden weltweit angewiesen, in den bevorstehenden zwei Wochen rund um die Uhr besetzt zu sein. V-Leute und Quellen der Amerikaner in den Regierungen, Behörden und Firmen hatten sich ab sofort mehrmals täglich zu Rapports zu melden. Wie ein Schwarm hungriger Heuschrecken besetzten Hunderttausende von Informanten Bahnhöfe, Flughäfen, Busterminals und Schiffsanleger von Australien über Asien, Europa in die USA, um jede noch so kleinste Information abzusaugen und zur Verwertung in ein eilig geschaffenes Lagezentrum mit Sitz in Washington zu übermitteln.
Auf einer spontan angesetzten Videoschaltkonferenz mit Konrad Kaltenborn und Kanzleramtschef Wilkens in Berlin referierten die transnationalen Ermittler von Washington aus die weiteren Schritte zu einem möglichst störungsfreien Ablauf der Unterschrift von Trias. Der anfängliche Streit darüber, ob ein zeitliches Vorziehen Sinn mache oder ein geheimer Ort außerhalb des Seebades Marienstrand gefunden werden müsse, war schnell geklärt. Ein weiteres Ergebnis der Unterredung war, dass man die bislang eher lasche Zusammenarbeit der Dienste sehr viel enger verzahnen müsse.
Auf die Frage von CIA-Special-Agent Talo, warum kein Vertreter des deutschen Bundesnachrichtendienstes in die Vorgänge mit einbezogen würde, antwortete Kaltenborn nur knapp: »Es gibt Verdachtsmomente, die wir zwar nicht beweisen, aber auch nicht vollständig ausschließen können.«
Kaltenborn bat um Nachsicht, nicht detaillierter sein zu können. Er stieß auf Verständnis der Amerikaner, die ihrerseits zu viele Beispiele kannten, bei denen hoch angesehene Mitarbeiter amerikanischer Nachrichtendienste zu Söldnern oder Doppelagenten geworden waren. Die Männer einigten sich auf die Gründung einer amerikanisch-deutschen Arbeitsgruppe mit Sitz in Berlin. Sie würde von nun an unter Führung von BKA-Vizepräsident Kaltenborn die verbleibenden Tage bis zu G8 die Fahndung nach den Tätern und den Schutz hochrangiger Politiker überwachen.
Talo sagte zu, die zuständigen Agenten vom russischen Geheimdienst FSB von der Videokonferenz zu informieren. Der Stabschef seinerseits wollte das Briefing der zuständigen Mitarbeiter des Secret Service übernehmen, der traditionell in den USA Regierungsmitglieder, Senatoren und Abgeordnete des Kongresses schützte.
Über den bevorstehenden Sprengstofftransport aus Semtin in die Ukraine ließ Talo erst einmal nichts verlauten. So weit ging die neue deutsch-amerikanische Allianz nun doch nicht.
Als die Monitore abgeschaltet waren, sagte Kanzleramtschef Wilkens zu Konrad Kaltenborn: »Ich werde nicht zulassen, dass Sie den BND bei dieser brisanten Sache heraushalten.«
Kaltenborn sah den für die Koordination der deutschen Geheimdienste zuständigen Minister einige Sekunden schweigsam an. Dann sagte er kalt: »Könnten Sie sich vorstellen, dass hochrangige BND-Beamte in die Attentate verwickelt sind?« Wilkens zeigte einen empörten Blick. Kaltenborn fügte an: »Und Gnade Ihnen Gott, Sie vermasseln es. Gefährden Sie nicht die vielleicht schwierigste Ermittlung der letzten Jahre.«
Kaltenborn wartete eine mögliche Erwiderung gar nicht erst ab. Eigentlich war es nicht sein Stil, als Beamter, der im Sold der Regierung stand, einen ihrer Vertreter so hart anzugehen. Doch seit sein Vorgesetzter einen Schlaganfall erlitten hatte und keinen seiner Untergebenen aus der Schusslinie der Politik heraushalten konnte, übernahm Kaltenborn diese delikate Aufgabe. Er hielt es für richtig zu sagen, was Sache war. Auch wenn er sich, wie er selbst zugab, manchmal im Ton vergriff. Jetzt nickte er Wilkens bemüht freundlich zu und verschwand in den Gängen des Berliner Regierungssitzes an der Spree.
Obwohl Wilkens Kaltenborns Art nicht ausstehen konnte, war er doch klug genug, dessen Drohung nicht überzubewerten. Schließlich stand für die Regierung eine Menge
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