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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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längerer Spekulation darüber, wie Burlems Bücher in dem Antiquariat gelandet sind (durch seine Ex-Frau, nimmt er an, die das Haus für sich beansprucht), schreitet Lura ein und untersagt weitere Fragen, bis ich zu Ende erzählt habe. Irgendwann holt sie sich ein Notizbuch und fängt an, Dinge hineinzuschreiben. Ich gewinne den Eindruck, dass sie diejenige ist, die möglicherweise versteht, wie das alles funktioniert, obwohl Burlem offensichtlich mehr Zeit in der Troposphäre verbracht hat. Was bedeutet, dass ich auch ihr viele Fragen stellen werde. Sie kritzelt geradezu hektisch (und muss Burlem auch ein weiteres Mal den Mund verbieten), als ich über Apollo Smintheus und das U-Bahn-Netz spreche und erzähle, wie ich in einem Zug der Angst gefahren bin, um zu mir selber zurückzufinden, bevor ich den Fehler beging, der mit Sicherheit mein Tod sein wird. Als ich erkläre, dass ich in der Lage war, Dinge in den Köpfen der Leute zu verändern, scheinen beide zu erstarren, und sie werfen sich einen Blick zu, aber keiner von beiden sagt etwas, und Lura schreibt nichts auf.
    Gegen dreiundzwanzig Uhr bin ich so gut wie fertig. Meine Kehle tut mir weh von all dem Reden und den Zigaretten, die ich geraucht habe. Mein Mund ist ganz trocken, dieser verkaterte Geschmack, den man kriegt, wenn man nur zwei Stunden geschlafen hat. Wir haben seit meiner Ankunft ungefähr vier Kannen Tee getrunken, aber ich habe tatsächlich seit dem Mittagessen nichts gegessen, und mein Magen knurrt hörbar, obwohl ich keinen Hunger verspüre.
    »Wir müssen etwas essen«, sagt Lura, als mein Magen wieder dieses Geräusch macht.
    »Ich bestelle uns ein Curry«, sagt Burlem.
    Aber er wartet, bis ich mit meiner Geschichte fertig bin. Die ist nicht vollständig, ich habe natürlich ausgelassen, dass ich mich von Patrick auf der Toilette der Raststätte habe ficken lassen. Und ich habe auch nicht deutlich gemacht, dass das Buch noch im Priorat ist. Daher bin ich nicht überrascht, dass die erste Frage, die Burlem stellt, das Buch betrifft.
    »Wo ist es jetzt?«, sagt er. »Sie haben es vermutlich bei sich.«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich habe dasselbe getan wie Sie«, sage ich.
    »Wie ich?«
    »Ja. Ich habe es zurückgelassen, weil ich dachte, das wäre sicherer, als es mitzunehmen.«
    »Scheiße«, ist alles, was Burlem sagt, bevor er das Essen bestellen geht.
     
    Ich bin allein mit Lura und dem Hund, der inzwischen wach ist, sich gestreckt und ein bisschen Wasser geschlürft und sich dann zu mir auf das Sofa gelegt hat. Lura hat kein Wort gesagt, seitdem Burlem gegangen ist, und ich habe das Gefühl, etwas reden zu müssen.
    »Wie heißt er?«, frage ich.
    Aber ich weiß es schon: Planck, vermutlich nach dem Quantenphysiker.
    »Er heißt Planck«, sagt sie. Dann seufzt sie und schüttelt den Kopf. »Sie haben ein paarmal großes Glück gehabt«, sagt sie. »Ich kann nicht glauben …«
    »Was?«
    »Ach, nichts. Es ist sogar noch mehr an der Troposphäre dran, als ich dachte. Obwohl natürlich alles einen Sinn ergibt.«
    »Sinn ergibt?« Ich lache. »Sagen Sie mir bitte, inwiefern das einen Sinn ergibt.«
    »Oh, dazu kommen wir noch«, sagt sie. »Aber nicht jetzt. Es ist spät.«
    Ein paar Sekunden lang herrscht Schweigen. Ich bin mir nicht sicher, ob Lura mich mag. Ich kraule den Hund zwischen den Ohren und versuche, mir etwas Einfaches auszudenken, was ich sagen könnte und was nicht nur hinausläuft auf: »Sag mir jetzt, was ich nicht darüber weiß – was niemand weiß –, wie die Welt funktioniert! Sag mir, was von den Erfahrungen, die ich hatte, vielleicht einen Sinn ergeben könnte, weil ich nämlich keinen Schimmer habe.«
    »Wie sind Sie hergekommen?«, frage ich sie schließlich. »Wie haben Sie es geschafft, nicht von denen gefunden zu werden?« Ich erinnere mich, dass Burlem immer noch in dem Eisenbahntunnel war, als ich aus seinem Kopf rausgeworfen wurde, weil er in die Kirche ging. »Wie ist Saul überhaupt aus dem Tunnel herausgekommen?«
    »Er hat den Haufen Schutt beiseitegeräumt«, sagt sie. »Stein für Stein. Nach dem, was Sie erzählt haben, war der Tunnel ohnehin nicht sehr stabil, und ich bin erstaunt, dass es nach seiner Aufräumaktion noch ein Jahr gedauert hat, bis er einstürzte.«
    »Oh, dann glauben Sie, dass er für den Einsturz verantwortlich ist? Wie seltsam.« Ich muss daran denken, dass der Einsturz des Tunnels der Grund für alles Weitere war. Wenn der Tunnel nicht eingestürzt wäre, hätte ich das Buch

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