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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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wirklich leid, aber ich muss auf Nummer sicher gehen, dass du mir nicht mehr absagen kannst.
»Emely«
Du bist echt ein Blödmann, Elyas.
»Nicht rangehen«
Weißt du, was ich glaube? Du hast keine Ahnung, wie süß du bist.
Also, bis heute Abend, mein Schatz.
Du fehlst mir.
    Mit einem Lächeln blickte ich auf das Display und las immer wieder den letzten Satz.
    Du fehlst mir.
    Mir wurde warm ums Herz und in meinem Bauch begann es zu kribbeln. Wieso dauerte es noch so lange bis heute Abend? Ich seufzte, steckte das Handy weg und versuchte, mich wieder auf den Professor zu konzentrieren.
    Die Minuten vergingen wie Stunden, zogen sich qualvoll in die Länge. Der Morgen wurde zum Fegefeuer und der Nachmittag zur Hölle. Der Zeiger auf der Uhr wollte und wollte sich nicht bewegen. Mehr als einmal bekam ich das Bedürfnis, vom Stuhl zu springen und ihn eigenhändig weiter zu drehen, weil er regelrecht festgefroren wirkte.
    Nach gefühlten Wochen hatte ich endlich die letzten Vorlesungen hinter mich gebracht und begab mich in unsere Wohnung. Zum Glück fand ich sie leer vor. Die meiste Zeit lief ich unruhig umher, stieß mir irgendwo den Kopf an oder ließ pausenlos etwas fallen. Aus meinem ursprünglichen Vorhaben, bis Elyas‘ Eintreffen zu lernen, wurde rein gar nichts.
    Was würde heute Abend passieren?
    Allein die Vorstellung, es könnte überhaupt etwas passieren, verursachte mir schweißnasse Hände.
    Und was war mit Luca? In seiner letzten Mail, die fast eine Woche zurücklag, hatte er mir geschrieben, dass er momentan viel Stress hatte. Doch je mehr Zeit verging, desto komischer wurde mein Gefühl. Vorgestern hatte ich ihm diese Mail geschickt:
Hey Luca,
natürlich habe ich Verständnis dafür, wenn du dich aus Zeitmangel nicht bei mir melden kannst. Aber so langsam mache ich mir ernsthaft Sorgen.
Falls du demnächst mal fünf freie Minuten haben solltest, dann schreib mir doch bitte wenigstens, ob alles in Ordnung bei dir ist. Du musst mir nichts erklären, ich möchte nur sicher gehen, dass es dir gut geht.
Liebe Grüße
Emely
    Ich bekam keine Antwort.
    Und normalerweise antwortete er immer.
    Es quälte mich. Von Tag zu Tag mehr. Nicht mal wegen der Tatsache, dass wir diese Woche so selten Kontakt hatten, sondern weil ich ein immer größer werdendes schlechtes Gewissen ihm gegenüber entwickelte. Rational betrachtet hatten wir uns zwar nie irgendwelche Versprechungen gemacht oder uns gar leibhaftig getroffen, aber ich spürte einfach, dass ich ihm die Wahrheit schuldig war. Ich verhielt mich unfair. Ich musste ihm sagen, dass ich mich verliebt hatte. Ich musste ihm sagen, dass ich mich in Elyas verliebt hatte.
    Aber wie sollte ich das tun, wenn Luca sich nicht meldete? Ich konnte ihm doch nicht schon wieder eine E-Mail schicken, obwohl er auf die letzte noch nicht einmal reagiert hatte. Ich wollte ihm ja nicht auf die Nerven gehen. Wenn er wirklich so viel Stress hatte, wie er sagte, wäre der Zeitpunkt auch ein denkbar ungünstiger. Dass ich mein Herz schon an jemand anderen vergeben hatte, war keine Angelegenheit, die ich mal eben zwischen Tür und Angel bereden konnte. Dafür brauchte es Ruhe.
    Mit gemischten Gefühlen klappte ich den Laptop wieder zu und beschloss, noch ein paar Tage abzuwarten. Dann würde ich weitersehen und zur Not eben doch noch einmal von meiner Seite aus das Gespräch suchen.
    Bis dahin hatte ich aber erst mal ein anderes Problem: Es waren nur noch fünfundvierzig Minuten, bis Elyas mich abholen würde.
    Ich ging zum Kleiderschrank und öffnete die Türen. Eigentlich war ich nicht der Typ, der lange überlegte, was er anziehen sollte, und nachdem ich zehn Minuten im Schrank gekramt hatte, beschloss ich, auch heute nicht damit anzufangen. Es gab keinen Grund. Elyas kannte meinen Kleidungsstil. Er hatte ihn niemals kritisiert. Und je länger ich darüber nachdachte, desto mehr fiel mir auf, dass Elyas mich generell nie kritisierte. Mein Hang zur Überreaktion, mein Selbstschutzmechanismus und die daraus resultierenden Gemeinheiten, meine abweisende Art, meine Schwierigkeiten beim Thema Vertrauen fassen, meine Schüchternheit – nie hatte er mir etwas davon zum Vorwurf gemacht. Elyas nahm mich so, wie ich war.
    Ein Lächeln ergriff von mir Besitz. Und mit diesem zog ich eine nachtblaue Jeans und einen mausgrauen Rollkragenpullover aus dem Schrank. Einer meiner Lieblingspullover. So weich wie Kaschmir und für einen lauen Novemberabend genau das Richtige.
    Ich nahm beide Sachen mit ins

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