Unbescholten: Thriller (German Edition)
kommen.«
»Warum?«
Hector hatte keine Zeit für Fragen. »Die Polizei wird jeden Moment hier sein, und die Polizisten im Büro haben dich gesehen.«
Es schien, als rede er mit einer Fremden.
»Und Jens?«, fragte Sophie.
»Aron wird ihm helfen.«
Sie wusste, dass sie keine Wahl hatte. Die Polizei wollte sie aus dem Weg haben und erpresste Hector. Sie hatte keine Chance, allein aus der Sache herauszukommen. Sie fragte sich plötzlich, ob Anders Ask Hector von ihr erzählt hatte. Dann wäre es ein tödlicher Fehler, ihm zu folgen.
Sophie blickte Hector und Aron an und versuchte, in ihren Gesichtern zu lesen. Sie sah nichts als Ungeduld.
Sie beugte sich zu Jens hinunter und küsste ihn auf die Stirn. Für einen Moment wünschte sie sich, er würde aufstehen, sie an die Hand nehmen und mit ihr von hier verschwinden.
Sophie stand auf, nahm ihre Handtasche und folgte Hector auf die Straße.
––––––––
Carlos sah sich um. Er war in der Küche gewesen und hatte sich um die sterblichen Überreste von Leif Rydbäck gekümmert, als die ersten Schüsse fielen. Er hatte seine Arbeit unterbrochen und sich hinter einem Küchenschrank versteckt. Als aber Hector und der Kolumbianer mit dem Russen hereinkamen und ihn töteten, schlich Carlos sich hinaus und versteckte sich im Büro. Er hatte ein Telefongespräch zwischen Hector und seinem Vater belauscht und mitbekommen, dass Hector ihn bat, ein Charterflugzeug zum Flughafen in Bromma zu schicken. Dann war Carlos wieder ins Restaurant gegangen und hatte sich hinter der Bar versteckt.
Es war schwer zu sagen, was hier geschehen war, aber irgendwann war er wieder in die Küche gegangen und hatte Sophie gesehen, wie sie vom Büro aus Hector belauschte. Dann waren Hector und Sophie zusammen verschwunden. Aron war ins Restaurant gekommen, hatte den verletzten Mann namens Jens geholt.
Nun war es still, niemand war mehr da, nur noch die zwei Toten und die beiden Polizisten, die an die Heizung angebunden waren.
Carlos tippte mit unruhiger Hand eine Nummer in sein Mobiltelefon.
»Gentz.«
»Hier ist Carlos Fuentes … Ich brauche Hilfe. Ich kann euch dafür Informationen liefern.«
Gentz schwieg.
»Ich weiß, wo Hector Guzman sich befindet.«
»Das wissen wir schon. In Stockholm.«
»Nein. Er ist auf dem Weg nach Málaga.«
»Wobei brauchst du Hilfe, Carlos?«
»Ich brauche Schutz.«
»Wo bist du jetzt?«
»In meinem Restaurant.«
»Such dir einen sicheren Ort und ruf mich wieder an, ich will sehen, was ich tun kann.«
Das Haus lag ein wenig abseits und sah aus wie ein idyllisches Sommerhäuschen, nicht wie die Wohnung einer Kommissarin wie Gunilla Strandberg. Lars parkte ein paar Straßen weiter. Dann lief er zurück und kletterte über den Zaun in ihren Garten. Er ging an den Apfelbäumen vorbei über den Rasen und den schmalen Kiesweg zur Veranda hinauf.
Das Türschloss ließ sich mit einem Dietrich nicht öffnen. Er überprüfte die Fenster. Alle waren verschlossen und von innen mit einem Haken verriegelt. Eine Treppe führte zu einer massiv wirkenden Kellertür hinunter. Die Tür hatte ein altes Milchglasfenster und war möglicherweise nur von innen mit einem Drehschloss versperrt. Er zog sich den Ärmel über die Hand und schlug die Scheibe ein, dann tastete er nach dem Schloss. Tatsächlich, ein Drehschloss. Er öffnete die Tür und betrat den Keller.
Lars schaute sich gründlich um. Es gab eine Putzkammer, einen Vorratskeller, eine frisch installierte Erdwärmeanlage und eine Treppe, die nach oben in die Wohnräume führte. Mit ein paar langen Sätzen sprang er die Stufen hinauf, öffnete die Tür und landete in einer Küche, die aus einer englischen Version von Schöner Wohnen zu stammen schien: ein neuer Herd in altem Design, schöne alte Schränke und dazu ein Holzfußboden aus geölten Dielen. Im Arbeitszimmer standen ein Schreibtisch, eine Lampe mit grünem Glasschirm und ein abgeschlossener Aktenschrank. Lars brach das Schloss auf. Dabei machte er ziemlich viel Lärm, das Metall knirschte, doch schließlich gab es nach. Registermappen hingen in einer Reihe. Alles war alphabetisch geordnet.
Er suchte nach Sophie Brinkmann, fand aber nichts. Er ging weiter zum Buchstaben G, Hector Guzman. Wieder nichts. Lediglich eine Menge Namen von Polizisten, die ihm nichts sagten. Er blätterte weiter. Moment, da war etwas: Berglund, Hans Berglund. Ein Passfoto von Hasse, diesem Schwein, außerdem ein Dienstzeugnis. In der rechten Ecke fand er eine
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