Und die Eselin sah den Engel
entgegen.
Das Geräusch eines Autos, eines Lieferwagens in niedrigem Gang, Motorbrummen und Kiesknirschen, begleitete unseren jähen Aufstieg, fuhr durch die Hintergassen und verbrecherischen Slums meines Unterbewußtseins. Ich schlug die Augen auf.
Mein Körper war in ein einschnürendes Netz aus plazentaler Wärme gehüllt, und das hohle Brausen der frischen Kloake und das Rieseln ihrer Flüssigkeiten – die Sinnesorgane meiner Träume – überlagerten auch weiterhin meine Wahrnehmungen. Ich lag auf der Seite, am Ufer des Bachs, und starrte in die schwarze Nacht. Die Luft war warm und dick und feucht, und der Bach beförderte seine Fracht und pumpte sie irgendwo auf die Felder. Furcht kam heran wie das näherkommende Brummen der Motoren. Erst als sie mich fast erreicht hatten – es waren jetzt zwei – und ich die Lichtbalken ihrer Taschenlampen über die ertragreichen Felder schwenken sah, warnte mein Geist meinen Körper vor der drohenden Gefahr.
Mühsam kletterte ich den kühlen feuchten Lehm des Ufers hoch, glitt und rutschte in der schlammigen Erde, und als ich den steilen Hang erklommen hatte, klammerte ich mich an einen hölzernen Stützbalken unter der Brücke und lauschte still dem Nahen des Unheils. Ich zählte vier Lichtstrahlen, zwei auf jeder Seite, einschließlich der beiden Fahrer also insgesamt sechs Männer. Gründlich, quälend, raubtierhaft rückten sie vor. Ich kroch zwischen zwei Pfeiler, wo ich vor den Strahlen sicher wäre, und horchte aufmerksam; mein Blick hing abwesend auf dem Wasser, und einen Herzschlag lang glaubte ich, der Mond wäre tatsächlich zusammen mit einer Handvoll Sterne aus seinem himmlischen Nest gefallen und in dem Bach gelandet.
»Nur das Spiegelbild des Mondes«, sagte ich mir, als die Reifen des ersten Lieferwagens direkt über mir auf die Brückenplanken rollten. Die Sterne schienen so groß wie Goldmünzen.
»Scheiße!« dachte ich, und glitt und rutschte noch einmal die Böschung runter – zu dem Mond und den sechs goldenen Sternen. »Das ist kein Spiegelbild!« dachte ich, und raffte meine Admiralsjacke auf und die Sichel, die daneben lag. Die Fahrzeuge hatten auf der Brücke angehalten, und ich hörte das knarzende Geräusch von Wagentüren, die aufquietschten und dann zugeschlagen wurden.
Ich stieg den Hang wieder rauf, voller Angst ob meiner leuchtenden Nacktheit, und als ich zwischen die Pfeiler kletterte, sah ich die Lichtstrahlen nach unten tauchen und Gestrüpp, Ufer und Bach absuchen, und ich drückte mich in die Nische zwischen dem Unterboden der Brücke und dem oberen Ende der Böschung. Ich fühlte ihre Stiefel nur Zentimeter über meinem Kopf auf den Planken herumstapfen, und versuchte, meine pfeifende Atemnot unter Kontrolle zu bringen, doch der Schmerz hob seine Faust und drückte mir den Hals und das Herz ab. O mein Herz schlug in jenem engen Schlupfwinkel einen derart lärmenden Alarm, daß ich es für notwendig hielt, Jacke und Hose zu einem dicken Wulst zusammenzurollen und mir gegen die linke Brustseite zu drücken. Der Lehm war kühl und feucht, wie tote Haut, und aus den tintenschwarzen Untiefen voller Abschaum und modrigem Holz drang ein unheimliches Kratzen an meine Ohren. Das Licht der Taschenlampen blinkte durch die Brückenplanken. Fette Schnecken tasteten glitzernd am Unterboden der Brücke herum, zutiefst verwirrt von meinem plötzlichen Dasein.
Zwei Männer standen fast genau über mir und leuchteten mit ihren Taschenlampen den Bach und das Ufer ab; einer bückte sich übers Geländer und versuchte mit schrägem Lichtstrahl so viel wie möglich von der Dunkelheit unter der Brücke zu erforschen. Doch der Schlupfwinkel, in den ich mich nackt wie ein Baby gekauert hatte, lag ein gutes Stück außerhalb der Reichweite des suchenden Lichtfingers.
Im Finstern hörte ich die da über mir reden, und mit jedem ihrer Schritte rieselte aus den Ritzen ein wenig Sand auf mich herab.
»Diese Batterien sind schon völlig alle, verdammte Scheiße. Erst letzte Woche gekauft, und jetzt sieh dir das an. Hey! Prong! Was machen ’en deine Batterien?« schrie einer.
»Hä-ä? Bist du das, Sal?« rief ein anderer von der anderen Seite der Brücke zurück.
»Ja. Ich hab gefragt, ob deine Batterien auch schon alle sind.«
»Alle machen? Grün und blau werd ich das kleine Arschloch prügeln.«
»Wenn ich eins nich ausstehen kann, dann ist das so ein Bekloppter, verstehste?« erwiderte Prong, der über die Brücke getrampelt kam und sich neben
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