Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)
die große Bibliothek befand. Victor öffnete die schwere Türe und hielt sie auf, damit Amelie eintreten konnte. Dann schlug er die Türe hinter sich zu und lief seiner Herrin nach, die in aller Eile die erste Halle durchquerte und durch eine viel kleinere Türe ins Lesezimmer ging.
Dort befanden sich mehrere, helle Bücherregale und ein halbes Dutzend runder Tische mit Chintzstühlen. Ein Kronleuchter baumelte von der Decke und reflektierte das Sonnenlicht. Die Wände zierten einzelne, filigrane Fresken, von denen schon ein wenig Farbe abblätterte. Amelie verlor keine Zeit und zog die schweren Vorhänge zu, um das Licht draußen zu halten. Sie war kaum fertig damit, als die Türe erneut aufgestoßen wurde und Ademar, gefolgt von William und Illyria, eintrat. Amelie blickte die drei mit großen Augen an.
„Ich habe eure Nachricht erhalten“, sagte sie. „Sprecht rasch. Was ist euch widerfahren?“
Die drei sahen abgespannt und erschöpft aus. Ihre Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen und Ademars linker Rüschenärmel fehlte. Er verneigte sich bevor er sprach.
„Meine Herrin.“
In seiner Stimme wehte Nervosität mit, was Amelie nicht entging. Sie bedeutete ihnen mit einer steifen Handbewegung, sich zu setzen und William konnte nicht verbergen wie froh er darüber war. Auch er und Illyria neigten kurz ihre Häupter, dann setzten sie sich zu viert an einen der Tische. Ademar faltete die Hände und atmete laut aus.
„Was ist passiert?“, fragte Amelie. „Mein Bote erzählte mir, ihr wärt in eine Falle getappt?“
„Wir stießen auf sehr erbitterten Widerstand“, erklärte Ademar. „Uns ist es gelungen, Marius' altes Anwesen am Gipfel des Monte Prado aufzuspüren. Doch wie sich herausstellte, waren wir nicht die einzigen dort.“
„Drück dich klarer aus“, herrschte Amelie ihn an. „Ich mag es nicht, wenn man in Rätseln zu mir spricht.“
Von ihrer mütterlichen Güte war nun nichts mehr zu sehen. Ihr Gemüt war gereizt und sie wollte so schnell wie möglich erfahren, warum die Mission so ein unglückliches Ende genommen hatte.
„Wir kreuzten den Weg mit einem uns völlig unbekannten Vampir“, erzählte Ademar. „Und er war nicht wie wir. Wir hatten selbst zu dritt keine Chance gegen ihn.“
„Wo ist er hin?“, fragte Amelie.
„Das wissen wir nicht. Nachdem er uns überwältigt hatte, stürzte das Gebäude ein und er war verschwunden. Doch er hat unsere Vermutung bestätigt, dass es sich bei dieser Verschwörung tatsächlich um ein Werk von Marius handelt. Er behauptete, sein Diener zu sein. Was genau die beiden vorhaben ist mir allerdings schleierhaft.“
Amelie sah abwechselnd zu Ademar und William und beide senkten betreten den Kopf.
„Ich mache euch keine Vorwürfe“, meinte sie nach einer Weile. „Ich bin sicher ihr habt euer Bestes getan. Wie sah dieser Vampir aus?“
Ademar und William warfen sich flüchtige Blicke zu. Dann sprach Ademar mit ungewohnt scharfer Stimme weiter.
„Er war alt. Weißblonde Haare und sehr helle blaue Augen. Er sagte sein Name wäre Samael und er würde dem Einen dienen.“
Noch während er sprach weiteten sich Amelies Augen und sie presste die Hand auf den Mund. Ungläubig blickte sie von Ademar zu William und wieder zurück, einen panischen Ausdruck im Gesicht.
„Seid ihr sicher dass er Samael sagte?“
„Ja. Es gibt keinen Zweifel.“
Amelie lehnte sich zurück und atmete tief durch.
„Das ist nicht möglich.“
William und Ademar waren verwirrt. Sie konnten die Reaktion ihrer Herrin nicht richtig deuten und runzelten besorgt die Stirn.
„Wer ist Samael?“, fragte William. „Ist er euch bekannt?“
Amelie erhob sich und schritt im Zimmer auf und ab. Sie hatte die Arme verschränkt und dachte offenbar angestrengt nach. Keiner wollte sie dabei unterbrechen und so schwiegen sie, bis Amelie schließlich wieder das Wort erhob.
„Ich dachte nicht, dass Marius gemeinsame Sache mit ihm machen würde“, sagte sie tonlos. „Selbst er hätte wissen müssen, was das für Folgen nach sich zieht.“ Sie blieb stehen und betrachtete die blauen Vorhänge. „Samael ist nicht wirklich ein Vampir. Er ist ein Dämon. Der Schutzpatron des alten Roms. Als Marius am Rande seiner
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