Universum der Doppelgänger
hier keinen Platz zum Raufen. Wenn du so kleinlich bist, muß ich eben von der kleinen Dame doppelt kassieren.« Clutch kam von der Ruderbank hoch und ging auf Lafayette los, einen dicken Arm zugreifend vorgestreckt. O’Leary duckte ab und katapultierte sich mit dem Kopf voran in die Bauchgegend des Riesen, aber es war, als ob sein Kopf gegen eine Ziegelmauer krachte. Als er auf den Bodenbrettern herumrollte, hörte er benommen einen dumpfen Schlag, dem einen Moment später ein Seebeben folgte, das das Boot fast zum Kentern brachte. Ein eiskalter Wasserguß über seinen Kopf brachte ihn auf die Beine, die Fäuste kampfbereit erhoben.
»Vorsicht, Lafe!« rief Swinhild. »Ich habe ihm eine mit dem Ruder übergezogen, und er fiel mit dem Kinn auf die Bordwand. Beinahe wären wir umgekippt. Faß mit an, und wir schmeißen ihn ins Wasser.«
Lafayette sah die reglose Gestalt des Riesen mit dem Gesicht nach unten über die Bordwand hängen. Ein Arm, dick wie der Ast einer Eiche baumelte ins Wasser.
»Das … das können wir nicht machen«, keuchte Lafayette. »Er ist besinnungslos; er würde ertrinken.« Er hob das Ruder auf, balancierte zur Ruderbank, stieß Clutchs Elefantenbein zur Seite, tauchte beide Riemen ein und zog sie kraftvoll zurück.
Das linke Ruderblatt brach mit scharfem Splittern ab, und Lafayette fiel hintenüber auf die Bodenbretter.
»Ich glaube, ich habe zu hart zugeschlagen«, sagte Swinhild bedauernd. »Das kommt von all der Arbeit mit der Bratpfanne.«
Lafayette krabbelte zurück auf die Ruderbank, ohne die Schmerzen in Kopf, Nacken und anderswo zu beachten. »Dann muß ich mit einem Ruder paddeln«, schnaufte er. »Welche Richtung?«
»Weiß nicht«, sagte Swinhild. »Ist auch egal, jetzt. Siehst du es?«
O’Leary folgte ihrem ausgestreckten Finger und sah einen geisterhaften weißen Flecken von dreieckiger Form querab über dem dunklen Wasser schweben.
»Ein Segelboot!« schnaufte er. Die Verfolger waren kaum zweihundert Meter entfernt. Lafayette sah ein halbes Dutzend Männer auf dem Deck des Segelkutters kauern. Sie erhoben ein Geschrei, als sie das treibende Ruderboot ausmachten, änderten den Kurs und kamen schnell heran. Als der Kutter längsseits ging, schlug Lafayette dem ersten der Entermannschaft das verbliebene Ruder über den Kopf, bevor ein Eisberg, den er bis zu diesem Moment nicht bemerkt hatte, auf ihn fiel und ihn unter Hunderten von Tonnen Eis begrub …
Als O’Leary das Bewußtsein wiedererlangte, stand er auf dem Kopf in geeister Kohlsuppe, während ein Tempelgong in seinem Schädel echote. Der Boden unter ihm kippte in nichtendenwollenden Überschlägen aufwärts und abwärts, aber als er Halt suchen wollte, entdeckte er, daß beide Arme an den Schultern abgeschlagen waren. Er zappelte mit den Beinen und erreichte, daß sein Kopf nur noch tiefer in das kalte, stinkende Bilgenwasser geriet, das munter gurgelnd um seinen Kragen schwappte, bis es beim nächsten Hochkippen des Bodens ablief. Er brachte seine Augen auf und sah, daß er auf dem Achterdeck eines kleinen Segelkutters lag. Feurige Schmerzen, die von seinen zusammengeschnürten Handgelenken ausgingen, bewiesen ihm, daß seine Anne doch nicht amputiert waren. »He, Seidenhose ist aufgewacht«, rief eine muntere Stimme. »Soll ich ihm noch eins über die Rübe geben?«
»Warte, bis wir die Lose für das Mädchen gezogen haben.«
O’Leary schüttelte seinen Kopf und zwinkerte heftig, worauf neue Schmerzen durch sein Gehirn zuckten, seine Sicht aber ein wenig klarer wurde. Ein halbes Dutzend stämmige Beinpaare in Gummistiefeln waren um das Kompaßlicht gruppiert, überragt von den zugehörigen massigen Gestalten. Swinhild stand bei ihnen, und ein pockennarbiger Mann mit eingerissenem Ohr hielt ihr die Arme auf den Rücken. Plötzlich holte sie mit dem Fuß aus und trat gegen ein günstig plaziertes Schienbein. Der Empfänger der Aufmerksamkeit hüpfte und fluchte, und seine Freunde wieherten in herzlicher, guter Kameradschaft.
»Die hat Temperament«, erklärte ein zahnloser Kerl mit fettigem, schulterlangem Haar. »Wo sind die Strohhalme?«
»Kein Stroh an Bord«, sagte ein anderer. »Wir müssen Fische nehmen.«
»Ich weiß nicht«, meldete sich ein kurzer, breiter Kerl zu Wort, dessen blauschwarzer Vollbart kaum seine Augen freiließ. »Ich habe nie gehört, daß man mit Fischen um ein Mädchen lost. Diese Sache muß richtig gemacht werden, nach den Regeln und allem.«
»Laßt das mit den Fischen,
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