Unter Brüdern (German Edition)
Ehrenkodex unter Brüdern, man tat das einfach nicht, was er getan hatte.
Er hatte diesen bereits einmal gebrochen, in der Nacht, in der er mit ihr geschlafen hatte und gestern Abend ein zweites Mal, als er sie küsste. Und wer wusste schon was noch passiert wäre, wenn Molly sie nicht unterbrochen hätte. Sie waren regelrecht übereinander hergefallen, hatten nicht einmal daran gedacht, dass einer der anderen Jungs oder sogar Ken selbst auf die Toilette gehen müssten und sie sehen würden.
Sie waren so leichtsinnig gewesen, weil sie außer sich selbst alles ausgeblendet hatten . Als wollten sie die Nacht, in der sie sich geliebt hatten zurück beschwören.
Eigentlich hatte er mit dieser Nacht ohnehin alles zerstört, das Band zwischen ihm und seinem Bruder, das aber eigentlich nicht sehr stark gewesen war, die Beziehung zwischen Ken und Megan, die aber doch seit Jahren nur noch Gewohnheit war und er sah ja wie Megan darunter litt…
Oder bildete er sich all das nur ein? Wollte er, dass die Beziehung nicht glücklich und er mit seinem Bruder im Clinch war um alles zu rechtfertigen und um Megan für sich zu gewinnen? Und um seinem Bruder zurückzuzahlen, was er ihm angetan hatte? Er hatte ihm ein Jahr seines Lebens gestohlen, ein Jahr in Megans Nähe genommen. Und sie hatte ihn nicht ein einziges Mal besucht!
Er wusste, was für eine Erleichterung es für sie gewesen war, dass er für diese lange Zeit verschwunden war.
Dennoch hatte er nicht aufgehört zu hoffen, dass sie ihn besuchen würde.
Ein einziges Mal hatte sie Ken begleitet als er ihm im Knast einen Besuch abstattete, war jedoch im Auto geblieben. Als Ken das erwähnte, hatte es Jake fast innerlich zerrissen.
Aber was hätte er tun sollen? Ihn bitten, sie mit in den Besucherraum zu bringen? Unmöglich, diese Blöße hätte er sich nie erlaubt. Auch wenn er es fast nicht übers Herz gebracht hatte diesen Schmerz vor Sehnsucht in sich zu verbergen. Sie war nur wenige Meter von ihm entfernt, nur getrennt durch eine Mauer und er hatte keine Chance sie zu sehen.
Er hatte noch drei nicht enden wollende Monate warten müssen. Er hatte jeden Tag an sie gedacht, vor allem abends vor dem einschlafen.
Ken hatte ihn nur seines schlechten Gewissens wegen besucht. Jake hätte allen Grund gehabt sich von ihm loszusagen, nie wieder ein Wort mit ihm zu wechseln.
Bei seinem ersten Besuch war Jake ausgerastet, hatte ihn angeschrien, hatte versucht auf ihn loszugehen, war jedoch von den Wachmännern festgehalten und wieder zurück in seine Zelle geführt worden, ohne ein einziges Wort mit Ken gesprochen zu haben.
Ken hatte sich erst Monate später ein zweites Mal blicken lassen, wieder völlig kleinlaut, mit umherschweifenden Augen, nicht fähig seinem jüngeren Bruder in die Augen zu sehen.
Jake hatte sich auch zu Beginn seiner Knastzeit durchs Gefängnis geprügelt, fast so wie damals in der Schule. Der einzige Unterschied war, dass er es im Gefängnis hatte tun müssen um nicht wie die Schwachen zu enden. Er hatte von vorn herein jedem der ihn schief angeschaut hatte die Visage poliert und hatte seinen Ruf schnell weg gehabt.
Genau das hatte er beabsichtigt.
Im Gefängnis hatte man es am leichtesten, wenn man entweder komplett unauffällig war, wenn man psychisch so einen Knacks hatte, dass sich keiner an einen heran traute, weil man ihn für unzurechnungsfähig hielt oder wenn man zuschlug wann immer es ging, keine Angst zeigte und so schnell wie möglich als gefährlichster Mann hinter Gittern galt.
Jake war allein seines Erscheinungsbildes wegen nicht unauffällig, es war ihm einfach nicht möglich, nicht aufzufallen und einen Verrückten wollte er nicht ein Jahr lang spielen, das war ihm zu anstrengend, also tat er das was er auch draußen gut gekonnt hatte: er erprügelte sich seinen Respekt. Und er bekam ihn.
Jake hatte schnell seine Bewunderer um sich gehabt und freundete sich mit den härtesten Typen an. Aber auch vor ihnen ließ er nie Gefühle zu, denn Freundschaften konnten sich hier schneller ändern als einem lieb war und Jake wollte keinesfalls verletzbar werden, egal bei wem.
Als Ken ihn an diesem Tag besucht hatte, waren ihm die zwei kleinen Narben am Hals und die frisch genähte Stelle über der Augenbraue sehr wohl aufgefallen, aber er hatte nichts dazu gesagt und nichts gefragt. Jake wusste nur aus einem Grund, dass sein Bruder es bemerkte: beim Anblick der Narben schaute Ken noch reumütiger.
Dieses Mal hatte er sich
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