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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Brief, vor seiner eigenen Vergangenheit, die jetzt wiederkam, und die ihn daran erinnerte, dass er auch nach Deutschland zurückgegangen war, um sich seines Lebens zu vergewissern. Und doch lief er vor dieser Aufgabe ständig davon.
    Als er keinen Alkohol fand, setzte er sich wieder und schnitt mit einem Messer den Brief auf. Es war ein kleines Blatt und das hatte Beatrice nicht einmal voll geschrieben.
    Sie teilte ihm mit, dass sie nicht mehr wolle, dass er seinem Sohn schreibe. Sie habe geheiratet und der neue Mann habe Émile als seinen eigenen Sohn angenommen. Er möge das Glück der neuen Familie nicht stören oder gar zerstören. Am Ende übermittelte sie ihm Grüße von Raymond, der sich in der französische Armee verpflichtet habe und im Moment in Indochina im Einsatz sei.
    Koch legte den Brief beiseite. Er stellte sich Émile vor, sein Gesicht, seine kleinen Hände. Wie groß er jetzt wohl war? Ob der Junge eine Erinnerung an ihn hatte?
    Das Klopfen an seine Tür riss Koch aus seinen Gedanken. Bresson winkte ihm mit einer Flasche zu.
    „Absacker, Puhler?“, fragte er.
    Koch schien, dass sein Nachbar schon gut getankt hatte.
    „Was ist los, Puhler, Sie sehen nicht aus, als ob Sie das Leben in vollen Zügen genießen würden.“ Er schenkte zwei Gläser voll. „Sie können es gebrauchen.“
    Sie stießen miteinander an. Koch nahm einen großen Schluck.
    „Was haben Sie denn da?“
    „Calvados“, erklärte Bresson. „Habe eine Kiste als Bezahlung bekommen.“
    „Die Geschäfte gehen wohl gut.“
    „Na ja … Aber was ist mit Ihnen?“
    Koch erzählte ihm von Beatrices Brief.
    „Wollen Sie hin?“, fragte Bresson.
    „Habe ich eben überlegt. Aber ich glaube, dass das wenig Sinn hat. Zumal als Deutscher …“
    „Vielleicht haben Sie Recht. Man muss solche Geschichten auch mal abschließen können.“
    „Einfach so? Ich weiß nicht.“
    „Der Brief klingt doch sehr kategorisch. Was würde passieren, wenn Sie runterfahren? Streit. Und wenn Sie wirklich Interesse daran gehabt hätten, wären Sie doch schon längst gefahren. Oder nie weggegangen.“
    „Da haben Sie wahrscheinlich Recht.“
    Koch spürte, dass er in eine melancholische Stimmung verfiel. Auch der Alkohol trug seinen Teil dazu bei. Bresson hatte ihre Gläser wieder aufgefüllt.
    „Die Geschichte mit Ihrem Vater, ich glaube, die ist wichtig.“
    Koch verzog kurz seinen Mund. „Wo beginnen? Ich finde ja nicht mal diesen Glodkowski. Ist wie vom Erdboden verschwunden. Und … manchmal weiß ich gar nicht, ob ich wissen will, was damals passiert ist. Vielleicht sollte ich es auf sich beruhen lassen. Ich habe mein Leben und das ist auch schon zu einem guten Teil gelebt. Und nicht besonders erfolgreich.“
    „Wonach bemessen Sie Erfolg? Ihr Chef, mit dem Sie in ständigem Streit liegen, ist der erfolgreich? Sie sind doch einer der Wenigen, der noch in den Spiegel sehen kann in diesem Land. Das ist Erfolg.“
    „Na ja, ein seltsamer Erfolg, den man ständig vorgehalten bekommt und der einem die Arbeit unnötig schwer macht.“
    Bresson grinste und zündete sich eine Zigarette an.
    „Sarkasmus hilft aber auch nur bedingt. Sie müssen sich entscheiden, was Sie wollen. Mit der Haltung, die Sie jetzt zeigen, werden Sie untergehen. Ihre Moral zählt nicht. Das habe ich Ihnen schon einmal gesagt, die Moralisten, das sind immer die Verlierer. Aber wenn Sie diesen Weg gehen wollen, bitte, das ist Ihre Entscheidung und das ist auch eine ehrenwerte Entscheidung, aber Sie müssen auch dazu stehen und nicht jammern.“
    „Sind Sie jetzt auch noch Pastor geworden?“
    Koch spürte den Alkohol in seinem Kopf. Er ließ sich nach hinten gegen die Lehne des Sofas fallen und schloss die Augen.
    „Aber vielleicht haben Sie Recht.“
    Er dachte an Dorle und hoffte inständig, dass sie nichts mit dem Tod ihres Sohnes zu tun hatte.
    Bauer machte weiterhin keine Anstalten, die Heimreise zu seiner Familie fortzusetzen. Dorles halbherzige Andeutungen ignorierte er oder wischte sie mit einem Hinweis auf ihren Traum beiseite. Sie lebten inzwischen in dem Haus wie ein altes Ehepaar, das in getrennten Betten schlief. Wenn Dorle am Morgen das Haus verließ, um zu Capitaine Jarrés zu gehen, schlief Bauer meist noch, und an guten Tagen schaffte Dorle es, sein Schnarchen zu ignorieren. An schlechten gab sie sich der Vorstellung hin, in die Kammer neben der Küche zu schleichen und dem Mann ein Messer ins Herz zu stoßen.
    Was sie ihm am meisten vorwarf, war, dass wegen

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