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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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überholt wurden, spannten sie sich jedoch unbewußt an. Gerade die Augenblicke, in denen der überholende Wagen längsseits auftauchte, waren eine tödliche Situation.
    Purgatorio lag leer und verlassen da, als gäbe es so gut wie keine Einwohner. Langsam fuhren sie durch das Dorf. Hier und da sah man durch Spalten in den Jalousien Licht brennen, so auch in dem Haus, vom dem sie wußten, daß es eine Heroinraffinerie war.
    Carl lächelte ein wenig über den Gefangenen, der sich genau in dem Augenblick, in dem sie an dem Haus vorbeifuhren, unbewußt anspannte. Er wußte also Bescheid.
    »Möchte gern wissen, was dieser Ganove dachte, als wir da eben vorbeifuhren«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Luigi.
    »Er glaubt, daß wir mit ihm ans Meer fahren. Er wird aber gleich große Augen machen«, erwiderte Luigi.
    »Warum soll er glauben, daß wir ihn ans Meer bringen?«
    fragte Carl.
    »Wie dämlich darf ein Schwede eigentlich sein?« witzelte Luigi, machte ein paar übertriebene italienische Gesten und ließ das Lenkrad mit beiden Händen los. »Wozu das Meer hier auf Sizilien zu gebrauchen ist, ja? Ganz einfach. Man drückt die Köpfe von Mafiosi unter Wasser, bis man eine Antwort bekommt«, scherzte Luigi weiter.
    Dann fuhr er an den Straßenrand und hielt. In der Nähe war kein Wagen zu sehen, und so war es nicht nötig, die Prozedur noch zu verlängern. Carl riß den Gefangenen und seinen Rucksack heraus und winkte Luigi zu, er solle losfahren. Dieser hob die Hand zum Abschied, bog auf die Fahrbahn und war verschwunden.
    Carl führte den Gefangenen langsam unter die Olivenbäume. Es blieb noch viel Zeit, so daß er langsam gehen konnte. Die Olivenpflanzung war länglich und schien sich zwischen den beiden Bergketten durch das ganze Tal zu ziehen. Wenn sie sich erst einmal gesetzt hatten, würde das Warten ziemlich langweilig werden. Es gab also keinen Grund zur Eile. Nach einer Viertelstunde entdeckte er das Haus in seinem Nachtglas. Sämtliche Fensterläden waren geschlossen, die Türen ebenso, und vor dem Haus war kein Mensch zu sehen. Durch das Nachtglas waren an den Fenstern jedoch zahlreiche Lichtspalten zu sehen. Da vor dem Haus keine Wachen postiert waren, konnte Carl mit seinem Gefangenen recht nahe herangehen. Das Haus lag oben auf dem Abhang, wo die Olivenbäume etwas spärlicher wurden, doch dafür verlief eine halbverfallene Steinmauer in etwa fünfundzwanzig Meter Entfernung parallel zum Haus. Es war perfekt.
    Carl fand einen Platz an der Steinmauer mit freier Sicht auf die Tür, die sowohl Einals auch Ausgang sein mußte. Er drückte seinen Gefangenen mit dem Rücken an die Mauer, damit er einigermaßen bequem saß, ließ dann seinen schweren Rucksack zu Boden gleiten und begann, einen Teil der Ausrüstung hervorzukramen. Von Zeit zu Zeit warf Carl dem Gefangenen einen Seitenblick zu, um herauszufinden, ob dieser etwas von dem ahnte, was bevorstand. Ihm war offenbar nur klar, daß Carl ihn nicht zu einem Spaziergang in den Wald geführt hatte, um ihn hinzurichten. Außerdem mußte er sich ausgerechnet haben, daß man ihn schon am Zuckerhut hätte umbringen können, falls Carl und Luigi dies beabsichtigt hätten. Wie auch immer: Es gab für den Mann genug Stoff zum Nachdenken. Um so besser, dachte Carl. Solange Hoffnung besteht, gibt es auch gute Gründe, sich nicht zur Wehr zu setzen.
    Er montierte sein Infrarotgerät und begann, das Haus von einer Schmalseite zur anderen systematisch abzusuchen.
    Ihm gefiel nicht, was er sah. In der Mitte des Hauses befand sich eine starke Wärmequelle. Das bedeutete, daß mit Volldampf gearbeitet wurde. Um die große Wärmequelle herum bewegten sich jedoch auch gelb-rot-blaue Gestalten. Das konnten nur Menschen sein. Carl zählte sieben oder acht. Das war alles andere als gut. Es war zehn vor elf und würde fast eine Stunde dauern, bis Åke Stålhandske sich oben an der halbfertigen Straße am Berghang in seiner Position befand.
    Die Leute im Haus mußten zu Fuß gekommen sein, da sich in der Nähe keine Fahrzeuge befanden. Bedienten sie sich also auch der Dunkelheit?
    In dem Fall bestand keine Gefahr. Vielleicht handelte es sich nur um eine Art Nachtschicht, wenn auch in der Heroinbranche.
    Das war jedoch nicht das Beunruhigendste, daß plötzlich Leute abgelöst werden und nach Hause gehen konnten. Besorgniserregend war vielmehr, daß einige der menschlichen Gestalten dort im Haus verdächtig klein aussahen. Das wärmemessende Instrument stellte Menschen als

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