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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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klaute.
    Jedenfalls war es kurz vor zehn, und Schertzenlechner  würde gleich kommen, um ihm die tägliche Post vorzule gen. Maximilian durchquerte sein Zimmer, öffnete die Tür, die auf einen kleinen Balkon führte, und trat ins Freie.
    Normalerweise liebte er die Aussicht, die sich von hier aus bot – den Blick, der bis zum Horizont schweifte, den blauen Spiegel der See, die im Sommer den Duft tropischer Meere annahm. Aber heute war die Sicht verhangen, ver regnet und verwischt. Eine Nebelwand, dunkel und dro hend, trieb langsam auf Schloss Miramar zu, und Maximilian kam sich plötzlich vor wie auf der Kommandobrücke  eines Schiffes, das jeden Moment einen tückischen Felsen rammen konnte.
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus und fragte sich, wie lange die venezianische Polizei wohl brauchen würde, um herauszufinden, dass Anna Slataper den regelmäßigen Besuch eines geheimnisvollen Herrn empfangen hatte. Wahrscheinlich nicht sehr lange. Früher oder später würden sie feststellen, wer die Miete für die Wohnung Anna Slatapers bezahlt hatte, und dann ihre Schlüsse ziehen. Es war alles ziemlich eindeutig. Bis sie ihn am Haken hatten, war lediglich eine Frage der Zeit.

    Eine halbe Stunde später – Maximilian hatte sich wieder zurück auf sein Sofa geschleppt – klopfte es, und Schertzenlechner betrat den Salon.
    Sein Gehrock war zerknittert, die Schleife um seinen  Hals schief gebunden. Die Post, die normalerweise auf einem silbernen Tablett aufgefächert lag, hielt er formlos in der Hand. «Pater Ambrosio hat geredet», sagte er, ohne sich Zeit für eine korrekte Begrüßung zu nehmen.
    Maximilian runzelte die Stirn. Von der angemessenen  Ehrerbietung, mit der ihn Schertzenlechner immer behan delt hatte, war im Augenblick wenig zu spüren. Behandelte  ihn sein Privatsekretär bereits wie einen Komplizen? Und wer, zum Teufel, war dieser Pater Ambrosio?
    Als hätte er Maximilians Gedanken gelesen, sagte Schertzenlechner: «Die Wohnung am Rio della Verona gehört der Kirche. Und Pater Ambrosio ist für die Vermietungen zuständig.»
    Jetzt erinnerte sich Maximilian dunkel. Offenbar ging es um den korrupten Priester, der die klerikalen Wohnungen in San Marco verwaltete.
    Schertzenlechner atmete tief durch. «Der Pater hatte Besuch von der Polizei.» Mit seiner verrutschten Fliege und dem Kneifer, der ihm auf seiner Hemdbrust baumelte, sah Schertzenlechner ausgesprochen harmlos aus.
    Maximilian hob die Augenbrauen. Es ging alles viel  schneller, als er gedacht hatte. «Die Wohnung war doch  unter einem falschen Namen angemietet.»
    «Natürlich.» Schertzenlechner machte eine Pause. Dann  sagte er mit tonloser Stimme: «Sie haben den Pater dazu gebracht, mich zu beschreiben.»
    «Warum hat er sich keine Beschreibung ausgedacht?»
    «Das hat er sich nicht getraut. Man hat ihm gedroht, den Bischof einzuschalten. Kaiserliche Hoheit erinnern sich vielleicht, dass die Miete stark überhöht war. Vermutlich hat Pater Ambrosio die Differenz in die eigene Tasche gesteckt. Deshalb wollte er um jeden Preis den Bischof heraushalten.»
    Die Polizei, überlegte Maximilian, hatte also einen falschen Namen und eine richtige Personenbeschreibung des Mieters. Damit kamen sie noch nicht weit. Und wenn die  ermittelnden Beamten irgendwann tatsächlich auf Schertzenlechner stoßen würden – verhören durften sie ihn als Militärangehörigen nicht. Schertzenlechner war schließlich  … Maximilian dachte ein paar Sekunden angestrengt nach.
    «Was sind Sie eigentlich, Schertzenlechner? Militärisch gesehen?»
    «Leichtmatrose, Kaiserliche Hoheit. Auf der Dampfer fregatte Wienerwald. Freigestellt zur besonderen Verwendung.»
    «Also darf die zivile Polizei Sie gar nicht verhören.»
    Schertzenlechner seufzte. «Das muss sie gar nicht. Es  reicht, wenn sie ermittelt haben, wer ich bin. Dann wird man sich denken können, wer die Wohnung am Rio della Verona in Wahrheit benutzt hat. Tatsache ist, dass ich das Bindeglied zwischen Kaiserlicher Hoheit und dieser traurigen Geschichte bin.»
    Das stimmt, dachte Maximilian. Er merkte, wie seine  Stimmung sich verschlechterte. Außerdem gefiel ihm der  selbstgefällige Ton nicht, mit dem sein Privatsekretär das Wort Bindeglied ausgesprochen hatte. Es klang, als seien sie jetzt endgültig zwei Kumpel, die zusammen in einem Boot sitzen. Aneinander gekettet durch eine fatale Affäre, die täglich mehr außer Kontrolle geriet.
    Maximilian sah, wie Schertzenlechner, das Bindeglied

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