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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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einmal die Mühe, einen dro henden Unterton in seine Stimme zu legen. «Das wissen Sie doch.» Der Arm mit der Waffe streckte sich, und Tron registrierte, dass die beiden Läufe der Derringer wieder genau zwischen seine Augen zielten.
    Natürlich wusste er es. Er räusperte sich. «Und wenn ich die restlichen tausend Lire finden würde?» Er redete schnell weiter, weil er hoffte, dass ihm der Klang seiner Stimme Halt geben würde. «Ich könnte meine Taschen durchsuchen und sie wahrscheinlich finden. Ich könnte sie auf den Tisch legen, und wenn Sie sich das Geld dann nähmen, könnten Sie mir die Photographien hier lassen.»
    Der Maskierte schüttelte den Kopf. «Viertausend Lire  in Gold und die Photographien sind ein besseres Geschäft.»
    «Die Photographien sind wertlos für Sie. Die katholische Kirche macht keine Geschäfte mit Mördern.»
    «Das braucht sie auch nicht.» Der Mann schwieg einen  Moment, bevor er weitersprach. «Sie mordet selber.»
    «Legen Sie die Photographien zurück auf den Tisch und  gehen Sie. Ich bin Commissario der venezianischen Polizei.
    Wir geben Ihnen einen Vorsprung von zwölf Stunden. Das  dürfte genügen, um Turiner Gebiet zu erreichen.»
    «Sind Sie … Alvise Tron?» Jetzt klang die Stimme des  Mannes ausgesprochen überrascht.
    Tron nickte. «Sestiere San Marco.»
    «Und Sie untersuchen auch den Mord an Signorina Slataper?»
    Tron nickte schweigend. Der Mann stand mit leicht ge spreizten Beinen hinter dem Tisch, den Kopf gesenkt, als würde er nachdenken. Die Stille im Salon war plötzlich sehr tief, und das Geräusch eines kleinen Tiers, das irgend wo in der Dunkelheit über den Fußboden lief, schien sie unergründlich zu machen.
    «Ich habe Anna Slataper nicht getötet», sagte der  Mann schließlich. Seine linke Hand, die immer noch in  einem Handschuh aus schwarzer Spitze steckte, berührte  den Saum seiner Maske, und einen Augenblick lang  dachte Tron, dass er sie abnehmen würde. Der Mann  hatte den rechten Arm mit der Derringer gesenkt und  schien mit einer Entscheidung zu kämpfen. Schließlich  griff er unter seinen Umhang, zog den Umschlag mit den  Photographien heraus und warf ihn mit einer Geste, die  etwas Resigniertes hatte, auf den Tisch. «Geben Sie mir die tausend Lire», murmelte er. Auf einmal hörte er sich müde an.
    Tron trat an den Tisch. Er legte den fünften Beutel neben den Spitzenhandschuh und richtete seinen Blick auf  den Erpresser. «Warum sind Sie sich so sicher, dass ich mein Versprechen halten werde?»
    Obgleich Tron seine Augen unter der Maske nicht erkennen konnte, spürte er, dass ihn der Mann eindringlich musterte. «Weil Sie ein cavaliere sind, Signor Tron.» Der Mann zögerte einen Moment, dann sagte er etwas ganz Erstaunliches. Er sagte: «Und weil ich Ihnen verraten werde, wer Signorina Slataper getötet hat, bevor ich gehe.» Er stieß unter seiner Maske ein Knurren aus. «Wollen Sie die ganze Geschichte hören, Commissario?»
    Was für eine Frage. Natürlich wollte er die ganze Geschichte hören. Tron nickte. Er sagte: «Wir haben Zeit. Die Uhr läuft erst, nachdem wir uns verabschiedet haben. Die anschließenden zwölf Stunden garantiere ich Ihnen.»
    Himmel, er hätte ihm auch zwölf Tage garantiert. Zumal er plötzlich davon überzeugt war, dass der Mann un schuldig war. Der Mörder Anna Slatapers hätte nicht die geringsten Skrupel gehabt, ihn ebenfalls zu töten.
    «Nennen Sie mir den Namen des Mörders», sagte Tron.
    Der Maskierte machte einen Schritt nach vorne. Dicht  vor dem Tisch blieb er stehen, hob den linken Arm und  drehte die Handfläche nach oben – in einer Geste, die für einen Moment wie eine Entschuldigung aussah. Das matte Licht der Petroleumlampe passte zu dieser Geste. Es ließ seinen roten Umhang sanft aufleuchten, in dessen Falten die herabhängende rechte Hand mit der Derringer verschwand.
    Vielleicht lag es daran, dass Tron ein paar Sekunden  brauchte, bis er begriff, was unmittelbar darauf geschah.
    Der Schuss – ein trockener, harter Knall, auf den ein  beißender Korditgeruch folgte, traf den Mann in den  Rücken. Er taumelte nach vorne, ging aber nicht sofort zu Boden. Tron sah, wie er seine Derringer nach oben riss und noch eine Vierteldrehung um seine Achse zustande brachte.
    Dann kippte der Kopf ruckartig auf seine Brust, so als wäre sein Genick mit einem Scharnier befestigt gewesen, das sich plötzlich gelockert hatte. Ein Blutstrom quoll aus seiner Brust hervor. Der Mann

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