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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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völlig anderer Mensch.« Zumindest in dem Sinn, dass er fest entschlossen war, niemals die Art von Fehlern zu wiederholen, die zu seiner Inhaftierung geführt hatten. Aber er war immer noch ein Mörder; er hatte lediglich gelernt, raffinierter zu sein.
    Jetzt betrachtete er die Landschaft und verglich ihre Route mit der Landkarte in seinem Kopf. Siebeneinhalb Meilen wenig befahrener Landstraße, bevor sie auf die große Hauptverkehrsader treffen würden, die nach Birmingham führte.
    Vance hatte drei Punkte festgelegt, an denen er die nächste Phase seines Plans in die Tat umsetzen konnte. Alles kam auf den Verkehr an. Bei diesem Teil seiner Flucht, bei dem er keine Waffe hatte, um sich zu verteidigen, wollte er keine Zeugen haben. Bisher war ein Transporter aus der Gegenrichtung an ihnen vorbeigekommen, und während sie nun eine lange, steile Steigung überwanden, war vor ihnen nichts zu sehen. Er rutschte auf seinem Sitz in eine andere Position, damit er in den Rückspiegel schauen konnte, tat aber so, als wolle er die Aussicht betrachten. »Verdammt schön die Gegend hier«, sagte er. »Da drin vergisst man das.« Dann fuhr er zusammen, war wirklich erschrocken. »Was zum Teufel ist denn das?«, wunderte er sich.
    Der Taxifahrer lachte. »Wie lang sind Sie schon weg? Es ist ein Windpark. Gigantische Windräder. Sie fangen den Wind ein und machen Strom damit. Hier oben gibt’s jede Menge Wind, deshalb gibt’s auch viele Windräder.«
    »Herrgott noch mal«, meinte Vance. »Die sind ja verdammt riesig.«
    Die Unterhaltung hatte ihren Zweck erfüllt und den Fahrer abgelenkt. Es war der perfekte Moment. Sie fuhren auf eine Einmündung zu, der erste von Vance’ ausgewählten Punkten. Der Wagen kam langsam zum Stehen, der Fahrer wies auf weitere Windräder am Horizont hin, bevor er nach entgegenkommenden Fahrzeugen Ausschau hielt.
    Im Bruchteil einer Sekunde schlug Vance mit dem Unterarm seiner Prothese dem Fahrer seitlich an den Kopf. Der Mann schrie auf und riss die Hände hoch, um sich zu schützen. Aber Vance war erbarmungslos, und seine Prothese war eine viel robustere Waffe als Knochen und Muskeln eines natürlichen menschlichen Arms. Er schlug dem Mann noch einmal auf den Kopf, dann stieß er ihm die Prothese brutal ins Gesicht und lächelte, als dem Mann das Blut aus der Nase quoll. Mit der anderen Hand entriegelte Vance den Sicherheitsgurt, damit er mehr Bewegungsfreiheit hatte. Er beugte sich nach vorn und schlug dem Taxifahrer wieder auf den Kopf, diesmal so stark, dass er gegen das Fenster krachte und zurückprallte. Der Mann schrie jetzt und versuchte Vance zu kratzen.
    »Fick dich«, zischte Vance. Er führte seinen Arm um den Kopf des Fahrers herum und rammte ihn mit dem Gesicht gegen das Steuerrad. Nach dem dritten grässlichen Knirschen erschlaffte der Mann endlich. Vance öffnete die Verriegelung von dessen Sicherheitsgurt. Noch vollgepumpt mit Adrenalin, sprang er aus dem Wagen und rannte zur Fahrerseite hinüber. Als er die Tür aufmachte, rutschte der Körper des Fahrers auf die Straße zu. Vance ging in die Hocke und legte sich den Oberkörper des Mannes über die Schulter. Nachdem er tief Luft geholt hatte, stemmte er sich hoch. All diese Trainingsstunden im Kraftraum hatten sich doch gelohnt. Er hatte darauf geachtet, Kraft und Ausdauer aufzubauen statt übertriebener Muskelmasse. Denn Wichtigtuerei war unter seinem Niveau.
    Vance taumelte zur Hecke am Straßenrand. Schwer atmend, mit hämmerndem Herzen hievte er den Fahrer über die oberste Stange eines Eisentors am Rand eines Ackers und gab ihm einen Stoß, damit er auf der anderen Seite hinunterfiel. Vance grinste über die erschrockenen Gesichter der Schafe in der Nähe, als der Taxifahrer mit schwachen, fuchtelnden Arm- und Beinbewegungen zu Boden ging.
    Um sich einen kurzen Moment zu erholen und den Hormonstoß der Kampfsituation zu verarbeiten, lehnte Vance sich an die Mauer. Dann kehrte er zum Wagen zurück, diesmal auf den Fahrersitz. Er stellte den rechten Blinker ab, schob den Schalthebel auf Drive und bog dann links ein, in die von Evesham Fabrications wegführende Richtung. Bis zur Tankstelle auf der Autobahn und dem nächsten Abschnitt seines Plans würde er schätzungsweise etwa vierzig Minuten brauchen.
    Er konnte nicht umhin, sich zu fragen, wie lange es dauern würde, bis jemand bemerkte, dass Jason Collins noch im Trakt der therapeutischen Gemeinschaft war. Jacko Vance dagegen nicht. Und bevor sie kapierten, dass einer der

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