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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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willst. Es bleibt trotzdem, was es ist.‹«
    Ich kann nur staunen: 1.) über die Ausführlichkeit und die Weisheit seiner Worte, 2.) über die Tatsache, dass er das Geld nicht angenommen hat, und 3.) darüber, dass er irgendeinem dahergelaufenen Kerl aus Shrewsbury überhaupt genug Vertrauen entgegengebracht hat, um sein gesamtes Geld auf dieses eine Pferd zu setzen.
    »Du hast es also nicht genommen?«
    Seine kornblumenblauen Augen funkeln, dann bewegt er die Zunge auf der Innenseite seiner Wange hin und her, um mir zu signalisieren, dass er es am Ende doch angenommen hat. Er wendet sich ab, kramt in einem Stapel feuchter Bücher und reicht mir eines, das er scheinbar wahllos herausgezogen hat.
    »Für mich?« Es ist eine halb vermoderte Ausgabe von Die Geschichte von Lampeter. Band eins: Wie alles begann . »Brauchst du das nicht mehr?«
    »Nicht wenn ich’s verhindern kann.«
    4
    An diesem Abend gehe ich ins Wobbly. Caerwen Griffiths und die Urquhart-Brüder scheinen sich seit meinem letzten Besuch keinen Millimeter vom Fleck bewegt zu haben.
    »’n Abend, Schreiberling. Und? Alles klar?«, fragt Si – eine willkommene Abwechslung von seiner gewohnten Begrüßung.
    »Hat er schon deinen Gedankenlesertrick gesehen?«, erkundigt sich Jago bei Caerwen, als wäre ich gar nicht vorhanden.
    »Ja, ist ein echter Kracher, wenn man nicht weiß, wie’s funktioniert.« Caerwen kramt in ihrer Handtasche und zieht einen Stift und ein Kuvert heraus, bei dem es sich offenbar um die Gasrechnung handelt. Sie kritzelt etwas auf die Rückseite, das ich nicht lesen kann. »Also«, sagt sie dann, »hast du irgendeine Ahnung, was ich auf diesen Umschlag geschrieben haben könnte?«
    »Nein.«
    Sie strahlt übers ganze Gesicht. »Tadahhhhhh!« Sie dreht das Kuvert um, so dass ich lesen kann, was sie geschrieben hat. »Nein« steht darauf.
    Gibt es eine halbwegs dezente Art und Weise, das zu tun, was ich gleich tun werde? Wahrscheinlich nicht.
    »Wie läuft’s eigentlich mit der Sammelaktion für …« Anscheinend wollen die Worte nicht über meine Lippen kommen. »… die kleine Bethany, Gott segne das arme Würmchen.«
    »Die kleine Bethany, Gott segne das arme Würmchen? Du hast einen spitzenmäßigen Charity-Saufabend verpasst. Fast zweihundert Pfund haben wir zusammenbekommen. Roger, der Ladendieb, hat vor dem Navigation auf einen Hund gekotzt und hatte doch tatsächlich die Geistesgegenwart zu sagen: ›Du meine Güte, ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich den gegessen habe.‹«
    Möglicherweise haben die Urquharts die Geschichte schon ein paarmal gehört, denn sie schneiden nur wie auf Kommando eine Grimasse und heben synchron ihre Biergläser an die Lippen.
    »Das heißt, uns fehlen noch rund neuntausendfünfhundert Pfund.«
    Als sie wenig später an der Bar neben mich tritt, um eine weitere Runde Bier zu holen, schiebe ich ihr den Scheck über den Tresen zu. »Hör zu, Caerwen. Ich war in Las Vegas und habe ein bisschen gezockt. Typisches Anfängerglück. Das hier ist für eure Sammelaktion. Sonst dauert es wohl zu lange.«
    Sie nimmt ihn und faltet ihn auseinander. Beim Anblick der Summe weiten sich ihre Augen und füllen sich zu meiner Bestürzung mit Tränen.
    »Du verdammter Wahnsinnskerl«, ruft sie, wirft die Arme um mich und presst mich in der erdrückendsten Umarmung meines Lebens an ihren ausladenden Busen. Unwillkürlich muss ich an das Bild der Boa constrictor und der Antilope denken … jede Ausatmung erlaubt ihr, noch ein wenig fester zuzudrücken. Ich glaube, ich spüre, wie meine Rippen brechen. Sekunden später hebt sie mich sogar ein paar Zentimeter vom Boden hoch. Als ich zu Si und Jago hinübersehe, fällt mir auf, dass sie mich irgendwie seltsam anschauen. Es ist nicht ganz klar, ob sie amüsiert sind oder sich überlegen, mich später auf dem Parkplatz zu vermöbeln.
    5
    Leider fällt mir noch immer keine Zeile für meinen neuen Roman ein. Sämtliche bewährten Strategien, mit denen ich sonst den Ideenfluss ausgelöst habe, versagen kläglich:
    1.)Ich versuche es mit dem Kampfmarsch: mehr Blut im Gehirn, entschlossenes Marschieren, das den Erzählfluss in Gang bringen soll und so. Eine Stunde später kehre ich mit hochrotem Kopf und genau einem einzelnen Wort wieder zurück: Liebesgeschichte.
    2.)Einfach vier Seiten schreiben: Damit soll einem die Angst vor der scheinbar unüberwindlichen Hürde, vierhundert Seiten zu Papier bringen zu müssen, genommen werden. Und so geht es weiter, bis man

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