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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Leben.
    Offensichtlich.
    Vielleicht hattest du dir ja Hoffnungen gemacht, diese Rolle einnehmen zu können.
    Lass mich in Ruhe, ja?
    Bill, stell dir doch mal eine Frage: Was für ein Typ Frau lässt sich von einem Typ Mann wie Jerome beeindrucken?
    Sie ist nicht von ihm beeindruckt. Wenn du dich erinnerst – die Worte, mit denen sie ihn beschrieben hat, waren »Idiot« und »unmöglich«.
    Ziemlich unmöglich. Ich glaube, das war der exakte Wortlaut. Aber du stimmst mir sicherlich zu, wenn ich sage, dass es zwischen den beiden irgendwie knistert.
    Ich stimme dir zu, dass er mir gegenüber in mehreren Punkten im Vorteil ist. Er ist jung. Er sieht gut aus. Er ist gut gebaut …
    Bill. All diese Faktoren sind hilfreich, aber nicht entscheidend dafür, was einen Mann für eine Frau attraktiv macht. Ich dachte, du wüsstest das inzwischen .
    … und er rennt nicht in Frauenkleidern herum. Oder mit falschen Titten. Das ist definitiv ein Pluspunkt.
    Loser wie sie haben immer einen ausgeprägten Hang zum Pragmatismus. Sie lernen sehr schnell, dass es so etwas wie Perfektion nicht gibt, und gehen auf Nummer sicher. Noch dazu, wenn Kinder im Spiel sind.
    Was verstehst du schon von Kindern?
    Touché, Bill. Da drüben ist ein Taxi. Vielleicht kriegen wir es noch, wenn du dich beeilst.
    10
    Der Nachmittag schleppt sich in trübsinniger Stimmung dahin. Die Lesung geht mehr schlecht als recht über die Bühne, und als sich beim Fragenteil die Hände heben, sehe ich weit und breit keine mit einem Daumenring aus Elfenbein daran. Auf dem Rückweg ins Hotel schlägt Gerald vor, mich wieder in Bill zu verwandeln und mir ein paar Drinks mit ihm zu genehmigen.
    »Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen.«
    »Danke, Gerald, das kannst du laut sagen.«
    Zurück in meinem Hotelzimmer nehme ich die Perücke ab und setze mich an die Frisierkommode, bringe jedoch nicht die Kraft auf, Make-up und Nagellack zu entfernen. Ich bin völlig geschafft. Die Erinnerung an Amber, ihren im Sand herumtollenden Jungen und Jerome, während ich sie wie dieser alte Sack in Der Tod in Venedig aus der Ferne beobachtet habe, macht mich traurig. Ich schalte den Fernseher an und zappe mich durch gefühlte sechshundert Kanäle, bis ich bei der Wiederholung einer alten Talkshow hängen bleibe, in der Truman Capote dem Gastgeber die Aspekte seiner Lebensphilosophie nahezubringen versucht.
    »Es gibt ein altes Sprichwort, an das ich mich halte«, erklärt er mit seinem typischen Näseln. »Wenn du nicht gleich Erfolg hast, dann versuch es weiter. Immer weiter, so lange, bis du … aufgibst. Es bringt nichts, sich zum Narren zu machen.«
    In meinem momentanen Zustand erscheint mir diese Philosophie überaus weise. Ich schließe die Augen und tröste mich mit dem Gedanken, dass wir morgen nach Miami, der letzten Station meiner Lesereise, aufbrechen. Dann fliegen wir nach London zurück, wo ich in den Zug nach Gobowen steigen und danach ein Taxi nach Eglwys Heath nehmen werde. Mission erfüllt, und ich werde um eine Million Dollar reicher sein (minus Geralds Provision plus Mehrwertsteuer).
    11
    Lautes Klopfen an der Tür reißt mich aus dem Schlaf. Draußen ist es dunkel. Im Fernsehen läuft eine weitere Talkshow, diesmal mit Gore Vidal als Gast. »Meine Standardantwort auf die Frage, worauf ich am meisten stolz bin, lautet, meine Bücher. Aber am stolzesten bin ich darauf, dass es mir trotz zahlreicher Versuchungen gelungen ist, niemanden umzubringen. Und Sie haben ja keine Ahnung, wie oft ich drauf und dran war.«
    Klopf klopf klopf.
    »Wer ist da?« Wahrscheinlich Gerald.
    »Ich bin’s. Amber.«
    Scheiße. »Nur einen Moment, meine Liebe.« Wie um alles in der Welt kommt Amber denn hierher?
    Ich schnappe mir die Perücke, pflanze sie auf meinen Kopf und zupfe hier ein bisschen herum, streiche dort eine Strähne glatt. Dann inspiziere ich mein Gesicht im Spiegel, um herauszufinden, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Nein, so sollte es gehen. Nach einem letzten Blick durchs Zimmer auf der Suche nach Spuren von Bill öffne ich die Tür.
    »Ich komme ungelegen, stimmt’s?«
    »Nein, gar nicht, meine Liebe. Kommen Sie herein.«
    »Störe ich?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Ich kann auch gern später wiederkommen.«
    »Ich freue mich, Sie zu sehen. Wie immer.«
    Es fühlt sich seltsam an, sie mein Heiligtum betreten zu lassen. Sie lässt ihre Hippietasche auf den Fußboden fallen – das schwere Poltern muss von der Waffe stammen – und setzt sich auf die

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