Viva Espana
verkündete Ruy, während er den Wagen parkte und sich mithilfe der eingebauten automatischen Vorrichtung in den Rollstuhl schwang. Dann erschien auch schon ein Mitarbeiter des Yachtclubs, der Ruy in das Konferenzzimmer fuhr. Er hatte Davina geraten, sich nicht zu weit von dem Club zu entfernen und sich nicht zu lange in der heißen Sonne aufzuhalten.
Deshalb setzte sie Jamie die weiße Kappe auf. Seine kleinen Beinchen waren schon gebräunt, er hatte sich insgesamt gut erholt. Außerdem hatte die Condesa ihn neu eingekleidet.
Auf der Uferpromenade herrschte reges Leben. Viele sonnengebräunte und sportlichelegant gekleidete Menschen wanderten umher. Plötzlich entdeckte Jamie ein Schnellboot, von dem sich eine junge Frau auf Wasserskiern ziehen ließ.
„Das will ich auch machen." Jamie zog seine Mutter an der Hand. Als sie ihm erklären wollte, wie schwierig es sei und dass man es erst lernen müsse, antwortete er voller Überzeugung: „Daddy kann es bestimmt auch, er kann es viel besser als diese Frau da."
Davina drückte seine Hand. Vor lauter Rührung konnte sie nicht sprechen. Sie hatte Ruy nie Wasserski fahren sehen, sie wusste aber, dass er es konnte. Sebastian hatte es ihr einmal erzählt.
Schließlich wollte Jamie unbedingt ein Eis essen. So kurz vor dem Essen kaufte Davina ihm nur ein kleines.
In dem Schaufenster einer Boutique an der Uferpromenade entdeckte sie ein Outfit, das ihr ganz besonders gut gefiel. Es war die Imitation eines original spanischen Reitanzuges, wie ihn die Männer zu den traditionellen Festen trugen. Spontan fragte sie in dem Geschäft, ob sie ihn anprobieren dürfe. Er passte ihr perfekt. Die enge schwarze Hose betonte ihre schmale Taille und die langen Beine.
Die Verkäuferin betrachtete sie bewundernd. „Es sieht aus, als wäre er extra für Sie angefertigt. Dergleichen ist momentan sehr beliebt."
Nachdem sie bezahlt hatte, wurde Davina bewusst, dass sie sich beeilen mussten. Sie ging mit Jamie hinaus ins Freie. Plötzlich wurde ihr in der Hitze, die ihr entgegenschlug, schwindlig. Nach wenigen Sekunden war alles wieder in Ordnung. Ich bin hungrig, das ist alles, beruhigte sie sich und nahm ihren. Sohn an die Hand. Aber schon nach einigen Schritten konnte sie den Lärm, der vom Hafen zu ihnen herüberdrang, und das helle Licht kaum noch ertragen, und ihr wurde übel.
Im kühlen Foyer des Clubs ließ die Übelkeit etwas nach. Ein Ober führte sie zu dem Tisch in einer Nische. Obwohl sie hier relativ geschützt vor neugierigen Blicken saßen, konnten sie doch die herrliche Aussicht genießen.
Ruy war schon da. Er unterhielt sich mit zwei Männern, die lächelten und sich verneigten, als sich Davina mit Jamie zu Ruy und ihnen gesellte.
„Da seid ihr ja, meine Lieben", begrüßte Ruy sie. Seine Stimme klang warm und weich wie Samt, er hielt ihre Hand viel zu lange in seiner und streichelte sie liebevoll.
Auf einmal zog er Davina zu sich hinunter und küsste sie federleicht auf die Lip pen.
Ist das noch derselbe Mann? fragte Davina sich verwundert und irritiert, während sie errötete.
„Man merkt immer noch, dass meine Frau Engländerin ist." Ruy lachte. „Es ist ihr peinlich, dass ich ihr meine Zuneigung in der Öffentlichkeit zeige."
Ehe sie sich verabschiedeten, betrachteten die beiden Männer Davina interessiert. Ihr Erscheinen hatte im ganzen Club Aufmerksamkeit erregt, obwohl sie sich dessen nicht bewusst war. Schlanke Blondinen mit amethystfarbenen Augen und mit einem offensichtlichen Mangel an Selbstbewusstsein waren heutzutage eine Seltenheit.
Davina ließ Ruy für sie alle aussuchen. Doch schon die Vorspeise konnte sie kaum anrühren, denn die Kopfschmerzen, die auf der Straße vor der Boutique begonnen hatten, wurden immer stärker. Sie hoffte, Ruy sei durch Jamie, der aufgeregt plauderte, abgelenkt und würde nicht merken, dass sie nichts essen konnte. Plötzlich fror sie und fing an zu zittern. Ob es daran lag, dass es in den klimatisierten Räumen des Clubs wesentlich kühler war als draußen, hätte sie nicht sagen können.
„Was hast du?" fragte Ruy kühl. „Du bist ja ganz blass! War es so anstrengend, die liebevolle Ehefrau zu spielen? Meine Geschäftspartner haben natürlich auch die Gerüchte über unsere Ehe gehört. Deshalb müssen wir nach außen hin so tun, als wären wir ein glückliches Paar. Glücklich", wiederholte er und verzog das Gesicht. „Würdest du auch behaupten, ich sei glücklich? Ein Mann, der auf die Hilfe anderer
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