Vorsicht Nachsicht (German Edition)
gute Idee.
Still folge ich Kilian in den Kochbereich und zeige ihm, wo er das Besteck finden kann. Ich habe keinen richtigen Tisch, nur meinen Schreibtisch. Kilian macht daraus kein Drama und breitet einfach meine Bettdecke auf dem Boden aus.
»Fast wie Picknick«, lautet sein Kommentar. Er wirkt vollkommen entspannt. Bei ihm geschieht immer alles mit so einer wertungsfreien Selbstverständlichkeit, dass ich kaum Gelegenheit habe, mich für meine Unzulänglichkeiten zu schämen.
Ich fühle mich wohl in seiner Nähe, solange ich das Geld ausklammere. Doch der Gedanke ist gerade so präsent, dass ich mich nur kleinlaut neben ihn setze. Er hat tatsächlich Brötchen gekauft. Dazu Marmelade, Käse, Wurst und sogar gekochte, bunte Eier. Außerdem noch Orangensaft und zwei Packungen Kakao mit Strohhalmen.
»Wie hast du das alles so schnell aufgetrieben?«, wundere ich mich verblüfft.
»Ich bin gut.« Er grinst schelmisch und gibt mir einen Kuss. Dann schneidet er ein Brötchen auf und reicht es mir. Fragend sieht er mich dabei an. »Also, hast du es dir überlegt?«
»Was genau stellst du dir eigentlich vor?«, erkundige ich mich zurückhaltend und meide seinen Blick.
»So etwas wie das hier jetzt, so etwas wie das heute Nacht – in einem größeren Bett – und noch ein bisschen mehr.«
Ich muss das kurz verdauen. Worunter fällt das? Ist das schon sowas wie eine Beziehung oder doch eher nur eine Fickbekanntschaft? ‚Ein bisschen mehr‘ kann natürlich beides bedeuten. Ein bisschen mehr Sex oder ein bisschen mehr Gefühl? Ich traue mich nicht, ihn zu fragen.
»Du musst dich ja nicht sofort entscheiden.« Er klingt etwas unsicher. »Ich meine, die Basis, auf die wir aufbauen, ist merkwürdig. Dein Cousin hat schon recht, wenn er dich von mir fernhalten will. Aber…« Seufzend bricht er ab und beißt sich auf die Unterlippe.
Ich starre auf seinen Mund. Das Herzklopfen ist wieder da. Jetzt wäre vielleicht der geeignete Zeitpunkt, ihm das Geld zurückzugeben. Dann können wir noch mal neu starten. Das hörte sich eben doch nach ‚ ein bisschen mehr Gefühl‘ an. Aber ich bringe gar nichts heraus. Zaghaft wende ich meinen Blick von ihm ab und schaue auf mein aufgeschnittenes Brötchen. Ich will das jeden Morgen.
»Können wir die Basis nicht vielleicht vergessen?«
Ein Finger unter meinem Kinn lenkt meinen Blick in seine Richtung. Seine blauen Augen mustern mich ernst. »Das wäre toll. Normalerweise mache ich so etwas nämlich auch nicht.«
»Ich könnte dir das Geld zurückgeben«, schlage ich vor. ‚Ich wollte es sowieso nie haben‘ , traue ich mich aber nicht, zu sagen. Dafür ist es jetzt zu spät. Würde er mir überhaupt glauben?
Aber er schüttelt ohnehin den Kopf. »Du brauchst es doch. Vielleicht könnten wir sagen, ich hätte es dir geschenkt.«
»Geliehen«, schlage ich vor.
»Wie du willst«, lenkt er ein und lächelt warm. »Also ist das ein ‚Ja‘ ? Wollen wir es versuchen?«
Ich nicke und meine Ohren fühlen sich wieder heiß an. Er atmet erleichtert auf und küsst mich zufrieden und irgendwie weicher als zuvor. »Gut, dann essen wir jetzt endlich.«
Statt einer Antwort greife ich zu. Ich habe schon die ganze Woche über kein richtiges Frühstück gehabt , weil immer Lerngruppe gewesen ist.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, erkundigt sich Kilian plötzlich: »Der Typ gestern, nicht dein Cousin, der andere… wer war das?«
»Nur ein Kommilitone von mir. Marcel. Wir lernen zusammen.«
»Die anderen aus der Runde auch?«
»Teils. Mit Anhang.«
»Niedlich, dass er dich gleich beschützen wollte.« Er klingt irgendwie lauernd.
Ich zucke mit den Schultern. »Na ja, er weiß nicht, dass ich schwul bin.«
»Nicht!?«
»Ich mache kein Geheimnis draus. Aber ich binde es auch nicht jedem gleich auf die Nase«, erkläre ich verlegen. »Sie wissen es eben nur noch nicht.«
»Aber… sie gehen trotzdem mit dir zum ‚WoMan-Dance‘ ?«
»Sie wären eh gegangen. Eigentlich war ich mit Torben, meinem Cousin, da.«
»Es ist aber nicht schlimm, wenn sie jetzt was ahnen, oder?«
»Nö… Sie werden es überleben«, versichere ich und beiße von meinem fertig belegten Brötchen ab. Kilian tut es mir nach. Wir schweigen eine Weile.
Dann lacht Kilian plötzlich. »Meinst du, dein Cousin wird mir verzeihen? Er hat mich so böse angesehen.«
»Klar«, antworte ich mit vollem Mund und schlucke. »Geht ihn doch eh nichts an.«
»Ich hatte das Gefühl, ihr habt ein ziemlich enges
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