Voyager 008 - Cybersong
tragen, bis ich
Sie auffordere, ihn auszuziehen. Das ist ein direkter Befehl.«
Torres sah zu Tom Paris und schüttelte andeutungsweise den
Kopf. Dann wandte sie sich an die Kartographin.
»Wir müssen mißtrauisch bleiben«, sagte sie. »Vielleicht stellt
die Reaktivierung der Lebenserhaltungssysteme nur eine Falle
dar, die uns in Sicherheit wiegen soll – damit uns das fremde
Wesen um so leichter töten kann.«
»Das paßt nicht zu der Theorie von einem einsamen KI-Kind«,
murrte Mandel, zog die Handschuhe jedoch wieder an.
Chakotay ignorierte den Wortwechsel und trat aufs
Transferfeld des Transporters. Er nickte Paris kurz zu und
verschwand inmitten schimmernder Energie.
Kurz darauf klang seine Stimme aus dem Kom-Lautsprecher.
»Hier scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte er. »Sie können
die Helme abnehmen und ohne Handschuhe arbeiten. Aber die
Schutzanzüge lassen Sie besser an, für den Fall, daß es zu einem plötzlichen Leck kommt. Lieutenant Torres, Fähnrich Mandel –
beamen Sie sich jetzt hierher.«
Es ging selbst über B’Elannas kühnste Träume hinaus.
Kristallenes Licht umgab sie, eine Energie, die durch das ganze
Schiff floß. Und das Triebwerk! Es wirkte sowohl vertraut als
auch völlig fremdartig. Sie wäre wochenlang damit beschäftigt
gewesen, es Stück für Stück auseinanderzunehmen und
festzustellen, wie es funktionierte.
Die gegenwärtige Situation erinnerte Torres an das
Weihnachtsfest, das sie als Achtjährige im Haus ihrer
menschlichen Großeltern erlebt hatte. Die einzelnen Geschenke
auszupacken, zuerst das Modell eines alten Flugzeugs,
anschließend eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn und zwei
Bausätze von Passagierraumschiffen…
Damals hatte sie gar nicht gewußt, womit sie zuerst spielen
sollte. Nach all den Jahren regte sich jenes Empfinden erneut in ihr.
Sie erkannte etwas, von dem sie glaubte, daß es sich um einen
Warpkern handelte. Doch das energetische System basierte nicht
auf der Verwendung von Dilithium – da war sie ziemlich sicher.
Zwar blieben ihr Einzelheiten verborgen, aber auf den ersten
Blick bemerkte sie: Die Verbindungskanäle konnten nicht mit
den starken Fluktuationen fertig werden, zu denen es manchmal
in Dilithiumsystemen kam, wenn die Kristalle belastet wurden.
Sie sah große Zylinder und weite Bögen, die einen Halbkreis
im Warpkern bildeten. B’Elanna bemerkte auch einen Laufsteg,
darüber ein sonderbares Etwas, das sie an die Vorhang-
Formationen aus Tropfsteinhöhlen erinnerte. Das Gebilde war
elfenbeinfarben und hauchdünn; in ihm glänzte etwas, bei dem
es sich um Mineralienadern zu handeln schien. Wenn kein
anderer Schutz für das nötig war, was im ›Warpkern‹ geschah…
B’Elanna Torres’ Faszination wuchs.
Sie öffnete ihre Instrumententasche. Die Chefingenieurin hatte
nur einige wenige Dinge mitgenommen, was sie nun bedauerte.
Sie brauchte mehr Werkzeuge, auch einige spezielle Geräte.
Sie begann damit, den Antrieb zu demontieren. Es gab
tatsächlich keine Dilithiumkristalle, doch die energetische
Leistungsfähigkeit konnte sich durchaus mit der des Voyager-
Triebwerks messen. Darüber hinaus erweckte der Antrieb den
Eindruck, recht gut erhalten zu sein.
Offenbar war er nicht durch irgendeinen Defekt ausgefallen,
sondern deaktiviert worden. Aufregung erfaßte B’Elanna. Wenn
sie die richtigen Kontrollen fand und ihre Bedienung lernte,
mochte es möglich sein, wieder Energie zu erzeugen. Zwar
steckte nicht mehr als Neugier hinter ihrem Wunsch, den
hiesigen Warpkern zu reaktivieren, aber vielleicht fand sie
dadurch Gelegenheit, die sekundären Systeme der Voyager neu aufzuladen.
Die Mühe lohnte, selbst wenn sie dadurch ›nur‹ die
Möglichkeit bekamen, die Replikatoren einige Wochen lang
ohne irgendwelche Einschränkungen zu nutzen. Obwohl…
Nachher fiel es um so schwerer, wieder darauf zu verzichten.
B’Elanna hatte fast vergessen, wie echter Kirschenextrakt
schmeckte.
Doch um so etwas zu bewerkstelligen, brauchte sie weitere
Ausrüstungen von der Voyager. Entweder holte sie die
benötigten Akkumulatoren selbst, oder jemand anders brachte
sie ihr. Sie war überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen,
so große Dinge mitzunehmen – immerhin hatte es keinen Grund
gegeben zu vermuten, daß es an Bord des fremden Schiffes noch
funktionierende Energiequellen gab, die sich für die sekundären
Systeme der Voyager nutzen ließen.
B’Elanna fluchte
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