Warum unsere Kinder Tyrannen werden
Gegenübers einzuschätzen, um darauf aufbauend auch eigene Gefühle kategorisieren zu können. Entscheidend ist dabei, dass der Erwachsene seine Gefühle dem Kind gegenüber spontan und angemessen zum Ausdruck bringt. Kommt es zu Konfliktsituationen mit dem Kind, muss dementsprechend die Reaktion des Erwachsenen immer mit einem entsprechenden Gefühl verbunden sein. Bei Kleinkindern müssen diese Gefühle in jedem Fall mit Worten begleitet werden, die Eltern müssen also explizit aussprechen, dass sie sich im entsprechenden Moment ärgern oder freuen. Ebenso müssen die GefühlsäuÃerungen des Kindes entsprechend mit Worten begleitet werden.
Um deutlich zu machen, was damit gemeint ist, ist an dieser Stelle ein kleiner Exkurs notwendig. Es macht nämlich Sinn, sich vor Augen zu halten, was es ganz grundsätzlich bedeutet, als junger Erwachsener mit einer gesunden Psyche zu leben. Zu diesem Zweck werfen wir einen Blick auf einen konstruierten idealtypischen Fall. Ich nenne die beiden »Marco« und »Claudia«, ein junges Pärchen, das irgendwo in Deutschland ein ganz gewöhnliches Leben leben könnte.
Fragmente einer gesunden Psyche
Marco ist 19 Jahre alt, er hat die Schule mit der Mittleren Reife verlassen und absolviert eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker bei der Firma Auto-Schulte. Mit seiner Freundin Claudia ist er seit zwei Jahren zusammen, die beiden haben kürzlich ihre erste gemeinsame Wohnung bezogen.
Marco ist nicht der geborene Frühaufsteher und liebt, genau wie seine Freundin, das lange Ausschlafen am Wochenende mit einem gemütlichen ausführlichen Frühstück. Doch unter der Woche beginnt sein Arbeitstag um 8.00 Uhr morgens in der Werkstatt bei Auto-Schulte. Marco muss dementsprechend früh aufstehen und auÃerdem dafür Sorge tragen, dass er am Abend vorher nicht so lange ausgeht und feiert, dass er am nächsten Morgen körperlich ausgelaugt ist. Den frühen Weckruf seines Uhrenradios liebt er zwar nicht gerade, doch er ist noch nie zu spät zur Arbeit erschienen und schafft es jeden Morgen, sich zumindest soweit zum Frühstücken zu zwingen, dass er bei der körperlich anstrengenden Arbeit in der Werkstatt keine Probleme bekommt. Sowohl sein Chef, der Besitzer des Reparaturbetriebes, als auch der Meister, der seine Ausbildung beaufsichtigt, wissen Marcos Zuverlässigkeit zu schätzen und haben ihm bereits in Aussicht gestellt, nach dem Ende der Ausbildung eine feste Stelle im Betrieb antreten zu können. Bestärkt werden sie in dieser Entscheidung durch das Urteil von Marcos Berufsschullehrern, die sich nicht an unentschuldigte Fehlstunden des Schülers erinnern können und ihm auÃerdem Aufmerksamkeit und Lernwillen attestieren.
Wenn Marco abends nach Hause kommt, ist er oft müde, und auch Freundin Claudia kommt nicht immer bestens gelaunt von ihrer Stelle als Arzthelferin zurück. Was Marco aber - neben vielen anderen Dingen - so an seiner Claudia
schätzt (und sie an ihm), ist die Tatsache, dass sie sich Gedanken über seinen Tagesablauf macht und Rücksicht auf seine Bedürfnisse nimmt. Er verhält sich umgekehrt genauso, und so gelingt es ihnen meistens, ohne unnötige Streitereien durch die Woche zu kommen.
Beide sind in ihrer Freizeit in unterschiedlichen Dingen engagiert, Marco hilft in seiner Kirchengemeinde bei der Organisation von Jugendfreizeiten und ähnlichen Veranstaltungen, Claudia gibt Nachhilfestunden im Gitarrespielen. Natürlich haben Marco und Claudia auch ab und zu Streit, es fällt schon mal das eine oder andere unbedachte Wort, und jeder von beiden hat seine ganz eigenen Marotten.
Unser Beispielpärchen ist also keineswegs perfekt und funktioniert programmierungsgemäà wie eine Maschine. Worauf es hier ankommt, ist Folgendes: Beide besitzen die psychischen Eigenschaften, um ihr Leben gut zu meistern und im Einklang mit den gesellschaftlichen Anforderungen zu leben.
Wenn Marco, der eigentlich ein Langschläfer ist, morgens früh aufsteht, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein, beweist er damit unbewusst das Funktionieren wichtiger psychischer Funktionen. So verfügt er beispielsweise über eine ausgeprägte Frustrationstoleranz, Sinn für Pünktlichkeit und ein Bewusstsein für die Notwendigkeiten in seinem Ausbildungsbetrieb. Das Verlangen, sich noch einmal im Bett umzudrehen, weiterzuschlafen und mit Claudia zu kuscheln, wird
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