Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
Pferdediebstahl.«
Er schien das Ganze immer noch für Routine zu halten.
»Ja, aber wir möchten das ungern hier diskutieren«, antwortete Conway knapp. Mit seinem knochigen Zeigefinger deutete er auf die schwarze Reisetasche. »Darf ich fragen, was Sie in London wollen?«
»Ich bin Mitglied im Vorstand eines großen Pferdezuchtverbandes. Und um zwölf Uhr beginnt eine wichtige Sitzung auf der Rennbahn von Windsor.« Offensichtlich ging er immer noch davon aus, dass er die Maschine erreichen würde. »Soll ich umbuchen und eine Stunde später fliegen? Hilft Ihnen das?«
»Vergessen Sie Ihren Flug«, sagte Conway. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass heute noch was draus wird.«
»Geht es auch weniger geheimnisvoll?«, fragte Guiton.
In Conways Jacke klingelte das Handy. Er zog es aus der Tasche und sah auf dem Display, dass es das Büro des Staatsanwalts war. Wieder einmal rief es zur unpassenden Zeit an.
»Sekunde.«
Er ließ Guiton stehen und trat hinter eine Säule, um zu telefonieren.
Guiton nutzte die Gelegenheit, um sich an Sandra Querée zu wenden, die auf ihn den Eindruck machte, als sei sie etwas entgegenkommender als der Chef de Police. Sie war nur unwesentlich jünger als er, und ihm war nicht entgangen, dass sie ihn die ganze Zeit mit weiblicher Neugier betrachtet hatte.
»Bekomme ich wenigstens von Ihnen einen Tipp, worum es geht?«, fragte er leise und ließ seinen ganzen Charme spielen.
Sandra biss sich auf die Unterlippe. »Darüber darf ich nicht sprechen …«
»Bitte! Nur eine Andeutung! Stellen Sie sich vor, Sie wären selbst in so einer unangenehmen Situation …«
Sein hilfloser Blick aus den tiefblauen Augen verfehlte nicht seine Wirkung. Plötzlich konnte Sandra sich wieder erinnern, wo sie dieses magisch männliche Gesicht schon einmal gesehen hatte. Es hatte ihr von einem großen Werbeplakat für irgendwelche Veranstaltungen auf der Pferderennbahn entgegengelacht. Verwegen wie ein Cowboy hatte er ausgesehen.
Ihr Mitleid siegte. Nachdem sie sich vorsichtig nach Conway umgeschaut hatte, der immer noch gestikulierend an der Säule stand, sagte sie hastig: »Man hat Ihr Pferd wiedergefunden, gestern Abend. Auf einer Wiese bei St. Aubin. Und es gibt Zeugen, die behaupten, dass Sie selbst es waren. Die Staatsanwaltschaft geht jetzt von Versicherungsbetrug aus …«
Frank Guiton schien ehrlich entsetzt zu sein. »Was?! Aber das ist doch verrückt! Warum sollte ich so was tun? Ich habe einen guten Ruf zu verlieren!«
»Vorsicht, mein Chef kommt zurück«, raunte Sandra ihm warnend zu.
Sie taten so, als hätten sie sich die ganze Zeit angeschwiegen, doch in Guitons Kopf arbeitete es sichtlich. Conway trat zu ihnen und steckte knurrend sein Handy wieder ein. »Sind wir so weit?«
»Ich denke, ja.« Sandra nickte. Sie vermied es, Guiton anzublicken.
Conway legte eine Hand auf Guitons Schulter und deutete zum Ausgang. »Gehen wir. Unser Wagen steht dort drüben auf der anderen Seite.«
Mit hoch erhobenem Kopf ging Guiton los, flankiert von Conway und Sandra. Der Kragen seines weißen Polohemdes hatte sich aufgestellt. Sandra sah es und hätte ihm den Kragen am liebsten ordentlich heruntergeklappt. Das Klappern ihrer Handschellen am Gürtel erinnerte sie jedoch an ihre Pflichten als Polizistin.
Sie verließen die Halle und traten hinaus auf den Vorplatz. Dort setzten sie den Verhafteten in den kleinen silberfarbenen Peugeot, der an den Seiten gelb-blau lackiert war und das Wappen des Staates Jersey trug. Darüber war der Name der zuständigen Polizeidienststelle St. Brelade angebracht.
Der Chef de Police klemmte sich hinter das Steuer, während Sandra sich neben Guiton auf die Rückbank setzte. So wollten es die Regeln. Stumm und mit angespannt mahlendem Unterkiefer starrte Frank Guiton aus dem Seitenfenster. Während der Fahrt sagte er kein Wort.
Inzwischen war es taghell geworden. Während ihr Chef den Dienstwagen steuerte, warf Sandra heimlich einen schnellen Blick auf den gut aussehenden Mann neben ihr. Er duftete angenehm nach Rasierwasser, und sie fragte sich, wie sie wohl aufeinander reagiert hätten, wenn sie sich am Wochenende in einer Diskothek kennengelernt hätten. Ihr war es durchaus nicht unangenehm, dass sich ihre und Frank Guitons Beine immer wieder kurz berührten, während ihr Chef mit flottem Tempo durch die vielen Kurven fuhr.
Im Rückspiegel registrierte Conway den musternden Blick seiner jungen Kollegin. Es ärgerte ihn, dass Sandra ihr Interesse an
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