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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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dass es in Wahrheit keine Drohung war, es war ein Versprechen. Sie öffnete die Hand und zeigte ihm das Klammerpüppchen. Langsam streckte er die Hand aus und nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Na ja, ich muss wohl eine übersehen haben. Die eignen sich wirklich hervorragend als Anzünder.«
    Er stand vor ihr, während sie zitternd auf der Bettkante saß. Er hielt die gespreizten Beine der Klammer und fing an, die Daumenkuppen dazwischen zu schieben.
    »Schau, Kathryn. Schau her.«
    Das war ein Befehl. Sie hob den Blick und sah hin. Mark hielt ihr die Klammer nur wenige Zentimeter vor das Gesicht und übte weiter Druck gegen die Unterseite aus. Kathryns Unterlippe bebte, und Tränen rannen ihr übers Gesicht. Nach einem leisen Knacken zeigte sich an der Klammer ein haarfeiner Riss, der sich schnell zu einer breiteren Spalte weitete.
    Das Knacken, als die Wäscheklammer ihrer Großmutter schließlich entzweibrach, durchfuhr Kathryn. Weil sie unkontrollierbar bebte, fasste sie nach der Schürzentasche, um gegen das Zittern anzukämpfen. Ihre Fingerspitzen trafen auf etwas Hartes – ihr Gemüsemesser, das seit gestern noch in der Tasche steckte. Blitzschnell zog sie das Messer heraus und stieß es mit Wucht tief in Marks weichen Bauch. Mark brüllte auf, als die Klinge seine Milz durchstieß und seine Leber verletzte. Er sank am Fuß des Bettes auf die Knie und sackte genau an der Stelle zusammen, an der Kathryn auf seinen Befehl hin Nacht für Nacht gekniet hatte.
    In Gedanken hörte Kathryn die Worte, die der Pfarrer an diesem Vormittag gesprochen hatte. Dann sollst du nicht nachgeben und nicht auf ihn hören. Du sollst in dir kein Mitleid mit ihm aufsteigen lassen, sollst keine Nachsicht für ihn kennen und die -Sache nicht vertuschen. Sondern du sollst ihn anzeigen. Wenn er hingerichtet wird, sollst du als Erster deine Hand gegen ihn erheben. Mit einem Mal wusste sie, dass dies die Antwort war: ihr Weg zur Freiheit, ihre Rettung. Das war klar und deutlich. Du sollst ihn umbringen.
    Kathryn stand vom Bett auf und hob gelassen die beiden Stücke der Klammer vom Boden auf.
    »Ich denke, ich kann sie reparieren«, sagte sie.
    Sie betrachtete die zerbrochenen Stücke und drehte sie, um zu sehen, ob es irgendwelche Verbindungen gab, die sich nicht ganz zusammenfügen würden. Die Tatsache, dass ihr Mann nach Luft rang, ließ sie aufblicken. Sie legte die Klammer auf ihren Frisiertisch und wandte die Aufmerksamkeit Mark zu.
    »Komm schon, schauen wir zu, dass wir dich aufs Bett bekommen.« Sie sprach wie eine erfahrene Krankenschwester im Singsang.
    Sie schob die Hände unter seine Achseln und hievte ihn hoch. Er schrie auf.
    »Pst! Herrgott, Mark, ist es wirklich nötig, solchen Lärm zu machen?«
    Sie zerrte ihn auf die Matratze. Das Laken knüllte sich unter ihm zusammen, und sein Kopf lag seltsam schräg auf dem Kissen. Beiläufig streckte sie den Arm aus und zog das Messer aus seinem Bauch. Wieder schrie er auf. Sie machte ein beruhigendes Geräusch. Durch das Herausziehen des Messers hatte sie die Wunde geöffnet, und Marks Blut spritzte pulsierend heraus. Es lief ihm zwischen den Fingern hindurch, als er instinktiv versuchte, den Schnitt zusammenzuhalten. Es rann über seinen Bauch und seine Beine, verfärbte alles rot und verströmte den vertrauten metallischen Geruch.
    »Mensch, Mark, das ist sehr tief. Wie viele Punkte meinst du, rechtfertigen einen Schnitt wie diesen?«
    Er versuchte, etwas zu flüstern.
    »Ich kann dich nicht hören, deshalb werde ich raten müssen. Ich würde sagen, viele Tausend Punkte.«
    Sie sah, dass seine Gesichtsfarbe begann, ihre schöne Frische zu verlieren und aschfahl zu werden.
    »Gott, du siehst schrecklich aus. Und schau dir nur die Schweinerei auf diesen Laken an – die sind ruiniert.«
    »Bitte …« Sein Atem ging schwer, und seine Stimme war nur deshalb vernehmbar, weil er sich beim Sprechen so anstrengte.
    Sie holte scharf Luft und legte die Handfläche auf ihr Brustbein. »Mark Brooker! Hast du etwa bitte gesagt? Verwende niemals das Wort bitte. Es kommt Bettelei gleich und ist deshalb für uns beide entwürdigend. Hab ein bisschen Stolz, zeig ein bisschen Würde. Zeig im Sterben ein bisschen Würde, Mark. Alles andere wäre höchst ungebührlich.«
    »Hol … Hilfe …«, murmelte er.
    »Aber, aber, Mark, wie lange kennst du mich? Versuche nicht zu antworten. Ich sag es dir. Beinahe zwanzig Jahre. Und eines solltest du in der ganzen Zeit über mich gelernt haben,

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