Was starke Männer schwach macht
bestimmt. Das Essen ist wirklich ausgezeichnet, obwohl ich immer noch finde, dass ein paar Hamburger und Bier …“
Nachdenklich machte Julie sich von ihm los. War sie in ihrer Vision vom Belinda’s vielleicht zu unflexibel gewesen? „Vielleicht hast du recht“, sagte sie. „Was kann es schon schaden, einen Hamburger auf die Speisekarte zu setzen. Und vielleicht ein paar dieser Modebiere.“
Tony traute seinen Ohren kaum. Vor ein paar Wochen noch war sie strikt dagegen gewesen. Vielleicht ging es ihr finanziell ja noch schlechter als gedacht. „Wenn du zur Überbrückung einen Kredit brauchst oder so, könnte ich …“
„Nein, nein! Mit so etwas sollte man in einer Beziehung gar nicht erst anfangen.“
„Warum? Ich vertraue dir.“
„Und wenn das Restaurant den Bach runtergeht? Nein, ich schulde schon genug anderen Menschen Geld. Trotzdem danke, Tony.“ Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr. „Kommt Jasmine nicht gleich aus dem Nachmittagsunterricht zurück?“
„Stimmt, ich sollte allmählich aufbrechen. Natalie hat erzählt, dass sie in der Schule Make-up trägt und es abwäscht, bevor sie nach Hause kommt. Ich werde gleich mal ein ernstes Wörtchen mit ihr reden müssen.“
Julie lachte. „Oh Mann. Ist sie nicht ein bisschen zu jung für Make-up?“
„Sie ist schon so weit für ihr Alter, dass ich ehrlich gesagt gar nicht weiß, woran ich bin.“
„Du wirst nicht zu beneiden sein, wenn sie erst einmal im Teenageralter ist.“
Tony lag es auf der Zunge, zu sagen, dass Julie dann – wenn es nach ihm ging – Jasmines Stiefmutter sein würde, doch er bremste sich gerade noch rechtzeitig ein. Priscilla ermahnte ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass er ihrer Beziehung Zeit lassen musste, sich zu entwickeln.
Seine altkluge Tochter hielt es auch für ausgeschlossen, dass er schon ernsthaft in Julie verliebt war. Tony hingegen war sich da nicht so sicher. Sein Herz zog sich bei Julies Anblick schmerzlich zusammen, und er teilte ihre Zweifel und Ängste bezüglich des Tearooms. War das nicht etwa Liebe?
„Ich werde wahrscheinlich alle Hände voll mit ihr zu tun haben. Sie hat sich gerade ihren ersten BH gekauft. Nicht zu fassen, oder?“
„Wow! Braucht sie den denn überhaupt?“
„Ihre Mutter sagt Ja.“
Julie schwieg einen Moment. „Verstehst du dich eigentlich gut mit deiner Ex?“, fragte sie beiläufig.
„Klar, Natalie ist klasse.“
Als Julie sich von Tony verabschiedete, war sie nach außen hin guter Dinge, aber insgeheim war ihr das Herz bleischwer. Sie machte sich große Sorgen. Die Eröffnung hatte nicht die Resonanz gehabt, auf die sie gehofft hatte.
Sie ging in ihr kleines Büro, setzte sich an den Schreibtisch und begann, die Belege zu addieren. Doch ihre Selbstzweifel wurden so stark, dass sie sich gar nicht auf das Buchhaltungsprogramm konzentrieren konnte.
Wahrscheinlich war sie einfach nur erledigt. Sie war zwar erleichtert, den ersten Tag überstanden zu haben, aber ihr graute schon vor der Vorstellung, morgen aufstehen und von vorne anfangen zu müssen.
Was war, wenn sie einen Fehler gemacht hatte? Wenn das Viertel doch noch nicht bereit für einen schicken Tearoom war? Sie hatte beobachtet, dass ein paar der Einheimischen nach einem interessierten Blick auf die Tafel kopfschüttelnd davongegangen waren. Lag es vielleicht an den Preisen? Sie waren zwar niedriger als im Lochinvar’s, aber das hier waren eben nicht die Park Cities.
Als Julie mit der Kalkulation fertig war, fühlte sie sich deprimierter als je zuvor. Wenn sie jeden Tag so wenig einnahm, würde es höchstens für die Gehälter reichen. Aber was war mit der ersten Ratenzahlung?
Erschöpft legte Julie den Kopf auf die Schreibtischplatte und brach in Tränen aus.
Zwei Tage später hatte Tony wieder Nachtschicht und aß in der Küche Bratwurst mit Krautsalat und Kartoffelgratin. „Ein bisschen herzhafter als das, was deine Freundin zum Mittagessen serviert, wie?“, meinte sein Kollege Bing Tate. Der Typ konnte manchmal wirklich nerven.
Tony hatte allerdings keine Lust, sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen.
Es war so wenig los, dass Tony gegen Mitternacht in den Fitnessraum ging, um ein paar Gewichte zu stemmen. Dabei warf er einen Blick aus dem Fenster. Bei Julie war alles dunkel. Vor einer Stunde hatte sie das Licht ausgeknipst, nachdem er ihr telefonisch eine gute Nacht gewünscht hatte.
Kurz darauf gesellte Otis sich zu ihm in den Fitnessraum. Na toll!
„Ich muss mir
Weitere Kostenlose Bücher