Was starke Männer schwach macht
nächsten Alarm im Fitnessraum tot. Priscilla war eine Gesundheitsfanatikerin und nutzte jede freie Minute zum Trainieren.
Tony zögerte. Er hatte keine Ahnung, wie er seinen Kollegen die schlechte Nachricht von Brady’s Zukunft beibringen sollte. Da es ihm nicht gelungen war, Julie zu überreden, alles beim Alten zu lassen, hatte er irgendwie das irrationale Gefühl, seine Kameraden im Stich gelassen zu haben.
Mission gescheitert.
Obendrein hatte die schöne Julie Polk ihn auch noch eiskalt abblitzen lassen. Dabei gefiel er ihr offensichtlich. Tony hatte gemerkt, dass sie bei seinem Kompliment ganz verlegen gewesen war, und zwischen ihnen hatte es gewaltig geprickelt. Offensichtlich standen Dates gerade nicht an der Spitze ihrer Prioritätenliste.
Vielleicht sollte er sich ein Beispiel an ihr nehmen. Schließlich war er noch lange nicht über Daralee hinweg, obwohl sie ihn offensichtlich nur dazu benutzt hatte, ihren Mann eifersüchtig zu machen. Nachdem ihr das gelungen war, hatte sie ihn nämlich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.
Er wünschte sich endlich eine Frau, die seine Gefühle erwiderte …
„Erde an Tony!“, riss Priscilla ihn aus seinen Gedanken. „Hast du mich gehört?“
Tony seufzte resigniert. Früher oder später würden seine Kollegen es ja sowieso erfahren. „Ja, habe ich. Aber ich traue mich kaum, es euch zu erzählen.“
Priscilla keuchte erschrocken auf. „Will sie das Gebäude etwa abreißen lassen?“, fragte sie. „Es steht doch bestimmt unter Denkmalschutz, oder?“
„Schlimmer noch“, antwortete Tony. „Was sie damit vorhat, ist ein wahres Desaster!“
Ethan und Otis lauschten gebannt. Auch Jim Peterson kam neugierig näher. „Würdest du uns jetzt endlich mal sagen, was los ist, anstatt hier die Dramaqueen zu spielen?“, sagte er.
„Sie will aus dem Brady’s einen Tearoom machen.“
Otis ließ vor Schreck seine Hantel fallen, und Ethan klappte die Kinnlade nach unten.
Priscilla blieb als Einzige ungerührt. „Na und?“
Ethan stöhnte gequält auf. „Das war ja klar, dass du dich darüber freust.“
„Ich werde das Brady’s natürlich vermissen, aber ein Tearoom wäre auch nicht zu verachten. Endlich ein Platz zum Mittagessen.“
Otis warf sein schweißnasses Handtuch nach ihr. „Und wo sollen wir hin?“, fragte er aufgebracht.
Priscilla stellte ihr Laufband aus. „In einem Tearoom bekommt man zumindest etwas Gesundes zu essen. Salate und …“ Diesmal stöhnten alle im Chor auf. Sie zuckte nur mit den Achseln. „Tja, dann kann ich euch auch nicht weiterhelfen“, sagte sie.
„Vielleicht solltest du mal mit ihr reden“, schlug Tony vor. „Von Frau zu Frau. Erklär ihr, wie wichtig das Brady’s für das Viertel ist. Vor allem für uns und die Polizei. Brady’s ist der einzige Ort weit und breit, an dem wir uns ungestört unterhalten können.“
Priscilla schüttelte den Kopf. „Wenn noch nicht einmal du es geschafft hast, sie zu überzeugen, habe ich bestimmt erst recht keine Chance. Ist sie verheiratet?“
„Ich glaube nicht.“ Zumindest hatte Tony keinen Ring an Julies Hand gesehen.
„Versuch es doch einfach noch mal“, sagte Ethan.
„Oder verführ sie“, warf Otis ein. „Wenn sie erst einmal mit dir geschlafen hat, wird sie bestimmt eher auf dich hören. Frauen ticken nun einmal so.“
Priscilla warf Otis’ Handtuch zurück. „Typisch Mann! Ihr denkt immer nur mit eurem Penis!“
„Du kannst es doch zumindest mal versuchen“, beharrte Ethan. „Komm ins Gespräch mit ihr, gewinne ihr Vertrauen und überrede sie dazu, das Brady’s wieder aufzumachen. Es wird ohnehin höchste Zeit, dass du über Daralee hinwegkommst.“
Tony fand den Gedanken eigentlich ganz verlockend. Seit der Begegnung mit Julie verstand er ohnehin kaum noch, was er je an Daralee gefunden hatte. Doch eine Frau kaltblütig zu verführen, um ein geheimes Ziel zu verfolgen, war einfach nicht sein Ding – auch dann nicht, wenn es um eine gute Sache ging. Dazu hatte er viel zu viel Respekt vor dem weiblichen Geschlecht.
Außerdem war sein Selbstwertgefühl nach der Erfahrung mit Daralee ganz schön angeknackst.
„Ich hätte nichts gegen eine neue Freundin einzuwenden“, antwortete Tony und drehte sich zu Ethan um. „Ich beneide dich um deine tolle Beziehung zu Kat. Aber ich glaube kaum, dass Julie dafür infrage kommt. Sie ist völlig unnahbar.“
Kopfschüttelnd wischte Ethan den Schweiß von der Bank, auf der er Gewichte gestemmt hatte.
Weitere Kostenlose Bücher