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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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erhoffte, von all dem unterscheiden würde, was sie nicht voraussah.

Kapitel 3
    Haylie Butterfield war die Einzige im Studentenwohnheim, die ich von zu Hause kannte. Ihre Familie lebte nur ein paar Blocks von unserer Sackgasse entfernt, in einem prächtigen Haus mit kreisförmiger Auffahrt und einem kleinen Springbrunnen. Der Briefkasten der Familie verbarg sich in einer steinernen Löwenstatue. Als Haylie und ich noch ganz klein waren, waren wir so etwas wie Freundinnen gewesen. Sie hatte damals hinten im Garten ein Spielhaus, das wie ein Schloss aussah, aus echtem Holz, mit Glasfenstern und einer Wendeltreppe in der Mitte. Und Haylie war zufällig auch nett. Deshalb ging ich immer gern zu ihr, wenn ihre Mutter meine Mutter anrief und fragte, ob ich nicht ihrer Tochter Gesellschaft leisten wollte.
    Haylies Mutter, Pamela Butterfield, war Joggerin. Selbst bei Kälte konnten wir beobachten, wie sie Haylies warm eingemummelten kleinen Bruder in einem Jogging-Buggy in zügigem, gleichmäßigem Tempo an unserem Haus vorbei den Hügel hinaufschob, wobei ihr Pferdeschwanz über einem Stirnband aus Wolle wippte. »Das Kind hat da drinnen kleine Pedale«, sagte mein Vater einmal und lächelte über seinen eigenen Witz. »Diese faule Person lässt den Jungen die ganze Arbeit machen.«
    Paula Butterfield und meine Mutter waren befreundet, jedenfalls in der Zeit, als Haylie und ich noch klein waren. Meiner Mutter zufolge verbrachten die beiden ganze Tage am Planschbecken des Country Clubs und unterhielten sich über Kinderärzte und Schlafmangel, während sie uns unter den Armen festhielten und sanft ins Wasser gleiten ließen. Haylie und ich gingen in dieselbe Spielgruppe, denselben Ballettkurs und dieselbe spanische Folkloregruppe in der Bücherei. Wir waren in derselben Mädchen-Pfadfindergruppe, die meine Mutter führte, bis sich der Zustand meiner Großmutter verschlechterte und ihre Pflege zu viel Zeit in Anspruch nahm. Als Haylies kleiner Bruder zur Welt kam, kehrte ihre Mutter in den Alltag einer nicht berufstätigen Hausfrau mit Kleinkind zurück, während meine Mutter ihren langen Weg in die Welt der Altenbetreuung antrat. Und nachdem meine Eltern ihre Mitgliedschaft im Country Club gekündigt hatten, konnten wir nicht mehr denselben Swimmingpool benutzen. Aber meine Mutter und Pamela blieben befreundet. Wenn Pamela beim Joggen in dem Moment vorbeikam, in dem meine Mutter gerade aus der Auffahrt fuhr, blieben sie stehen, um sich zu unterhalten. Beide sagten dann, dass sie sich gern einmal treffen würden, vielleicht auf einen Kaffee, wenn sie nicht so viel um die Ohren hätten.
    Als ich dann auf die Junior High kam, spielten Haylies kleiner Bruder und seine Freunde in ihrem Schloss, und Haylies und meine Wege hatten sich getrennt. Ich war auf der Highschool auch nicht gerade eine Außenseiterin, aber Haylie hatte bis zur siebten Klasse die höchste Stufe der sozialen Rangordnung erklommen. Sie war immer niedlich gewesen, mit ihrem Gesicht, das immer weiblich wirkte, auch als ihr kastanienbraunes Haar noch kurz geschnitten war. Aber in der neunten Klasse nahm sie drei einschneidende Veränderungen vor: Sie verlegte sich in Leichtathletik auf das Laufen und schaffte es ins Schulteam; sie ließ sich die Haare schulterlang wachsen, und sie fing an, Lipgloss zu benutzen. Auf einmal war sie eine Legende. Sie ging mit Schülern der Oberstufe aus. Es hieß, der Talentsucher einer Model-Agentur habe sie im Einkaufszentrum entdeckt, ihr seine Karte gegeben und gesagt, sie solle ihn sofort anrufen, wenn sie ein paar Zentimeter gewachsen sei.
    Mein erster und einziger Freund auf der Highschool war in Haylie Butterfield verliebt gewesen. Er erzählte es mir ein paar Monate, nachdem er sich von mir getrennt hatte. Zugegeben, ich war, als wir uns trennten, damit einverstanden gewesen, »gute Freunde« zu bleiben, und ich nehme an, gute Freunde können einander erzählen, in wen sie verliebt sind. Aber ich erinnere mich, wie ich in dem Moment, als er den Namen Haylie Butterfield mit so viel Ehrfurcht und voller absurder Hoffnung flüsterte, sofort jede Achtung vor ihm verlor. In Haylie verknallt zu sein kam mir denkbar einfallslos vor.
    »Eifersüchtig, was?«, hatte er gefragt.
    Vielleicht. Damals war es schwer, nicht eifersüchtig auf sie zu sein. Nicht nur, dass sie die Schulschönheit und der Star der Laufmannschaft war, nein, auch ihre Noten waren genauso gut wie meine. Ihr Vater war leitender Angestellter eines

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