Weil wir glücklich waren - Roman
sogar ein Erstsemester des MIT. »Das klingt eindrucksvoll«, hatte meine Mutter damals bemerkt. »Aber warum geht er nicht mit einem Mädchen in seinem Alter aus? Und warum nicht mit einem Mädchen aus seinem eigenen Bundesstaat?«
Jimmy drehte das Autoradio in demselben Moment an, in dem er zu sprechen anfing. »Bevor wir zu mir nach Hause fahren, möchte ich irgendwo anhalten und mir anschauen, wie du fährst.« Er warf mir über die Schulter einen Blick zu. »Nichts für ungut«, fügte er hinzu.
Auf dem Rücksitz war es sehr eng. Meine Knie berührten fast mein Kinn. »Oh, ich bin eine gute Autofahrerin«, beteuerte ich. »Ich habe noch nie einen Strafzettel bekommen.« Wahrscheinlich deshalb, weil ich noch nie ein eigenes Auto gehabt hatte, aber das erwähnte ich nicht.
»Wie auch immer, gehen wir auf Nummer sicher.« Es war schwierig, ihn bei der lauten Musik, die aus dem Radio dröhnte, zu verstehen. Es war irgendetwas auf Deutsch mit lauten Gitarren. Weil ich so nahe am Vordersitz saß, konnte ich sehen, dass die Haut um den Bolzen in seiner Nase ein bisschen gerötet und gereizt war.
Haylie drehte sich um. »Dieses Auto ist sein Baby«, erklärte sie mit einer Stimme, die freundlich, aber nicht freundschaftlich war. Wir hätten uns gerade zum ersten Mal begegnet sein können. Sie hatte ihr Haar unter eine Art Turban gestopft, der bei jeder anderen echt bescheuert ausgesehen hätte. »Ich darf es auch fahren, aber sonst praktisch niemand. Wir sind sicher, dass du gut zurechtkommst. Wir sind dir ja so dankbar, dass du das für uns tust.« Sie warf mir ein Lächeln zu.
Ich nickte. Sie würde also mitfahren und hatte wohl beschlossen, herablassend zu sein, bevor sie und Jimmy aufbrachen. Vielleicht war das die einzige Art von Umgang mit mir, den sie sich vorstellen konnte. Aber ich erwiderte ihr Lächeln nicht.
Jimmy fuhr auf den Parkplatz des Football-Stadions. Er gab mir die Schlüssel, und obwohl ich auf seiner Seite aus dem Auto stieg, bedeutete er Haylie, den Beifahrersitz zu räumen und sich nach hinten zu setzen. Haylie zog die Beine auf den Sitz. Im Rückspiegel sah sie aus, als ob sie keinen Oberkörper hätte und ihr herzförmiges Gesicht auf den Knien ihrer grauen Strumpfhose ruhte. Ich legte den ersten Gang ein und ermahnte mich, bloß nicht nervös zu werden. Ich war eine gute Autofahrerin. Daran versuchte ich zu denken, als ich auf dem Parkplatz herumfuhr, um nach Jimmys Anweisungen zu bremsen, Gas zu geben und zu wenden. Das alles bei laufendem Radio, aus dem immer noch das Grölen des deutschen Sängers drang.
»Okay. Ja, geht in Ordnung«, sagte Jimmy und hob eine Hand zum Zeichen dafür, dass ich anhalten sollte. Dann stieg er aus und ging vor dem Auto vorbei zur Fahrerseite. Bis ich ausgestiegen und an der Beifahrertür war, saß Haylie schon wieder auf ihrem Platz. Sie lehnte sich vor, um mich einsteigen zu lassen.
»Aber fahr vielleicht nicht zu viel.« Jimmy stellte den Rückspiegel neu ein und strich sich mit einer Hand über seinen rasierten Schädel. »Das Wetter soll morgen lausig werden, vielleicht sogar Glatteis. Aber erst am Nachmittag. Unser Flug geht frühmorgens. Du kommst sicher klar, wenn du direkt nach Hause fährst.«
Ich runzelte die Stirn und starrte durch das Seitenfenster auf den strahlend blauen Himmel und die Ahornbäume, die immer noch vereinzelt goldene Blätter trugen. Ich hatte nichts von Glatteis gehört.
Aber ich sagte nichts. Der Gedanke an dieses Wochenende - an das schicke Auto und den Luxus des Hauses - hatte sich bereits in meinem Kopf festgesetzt. Und später, als Jimmy mir den Sicherheitscode zeigte, mit dem man die Tür öffnete, und ich die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster in der Küche und die riesige Badewanne sah, die aussah, als wäre sie eben erst gescheuert worden (war sie auch - Jimmy erzählte mir, dass einmal in der Woche eine Putzfrau kam), war jeder Gedanke an eventuell vereiste Straßen vergessen. Ich war freundlich, entgegenkommend und nickte bewundernd in Richtung der eher beunruhigenden Bilder an der Wand, die alle von Jimmy stammten. (»Sie sind aus der Sicht eines Serienkillers gemalt«, erklärte Haylie. »Dir sind sie vielleicht ein bisschen zu heftig.«) Und ich passte gut auf, als Jimmy die Tür zu einem verglasten Wintergarten öffnete, der so warm und stickig wie ein Abend im August war - und voller exotisch wirkender Pflanzen. Er zeigte mir, welche täglich besprüht werden mussten und wie man den
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