Weil wir glücklich waren - Roman
es nicht glauben, wenn man diesem Mädchen zuschaut. Sie muss auf ihre Atmung achten, auf ihre Hände und sogar darauf, wie sie es hält. Marley, du musst es Veronica zeigen, wenn du fertig bist.«
»Okay«, sagte Marley. Sie blickte zu mir auf. »Was ist denn los? Du siehst irgendwie merkwürdig aus.«
Ich wollte sie nicht da haben. Ich wollte keine von beiden in meinem Zimmer haben. Ich senkte den Blick und legte eine Hand an meinen Mund. »Mom«, sagte ich. »Ich muss mir deinen Wagen leihen.«
»Warum?« Sie legte den Kopf zurück, um mich anzuschauen. Marley schnalzte mit der Zunge und zupfte sanft an ihrem Zopf.
»Kannst du mir bitte einfach die Schlüssel geben?«
Meine Mutter sah mich an, ohne etwas zu sagen. Langjährige Erfahrungen seit meiner frühesten Kindheit hatten mich gelehrt, dass dieses Gespräch erst fortgesetzt werden würde, wenn ich mich entschuldigt hatte. Nicht in diesem Ton, junge Dame.
Doch mittlerweile durfte ich mir anscheinend mehr erlauben. »Okay«, sagte sie, beugte sich vor und griff nach ihrer Tasche, die auf dem Bett lag. Marley, die immer noch den Zopf meiner Mutter festhielt, rutschte mit ihr mit. Ich starrte auf die Tüte M&M's.
»Das sind meine«, sagte Marley. »Möchtest du welche?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nur die Schlüssel.
»Veronica hat mich schon einmal spielen sehen.« Marley kniete auf dem Boden und schlang ein Gummiband um ein Zopfende. »Sie war bei dem Footballspiel, wo unsere Band aufgetreten ist.« Sie legte den Kopf zur Seite und schaute den Hinterkopf meiner Mutter an. »Jedenfalls hat sie gesagt, dass sie da gewesen sei.«
Das, was danach passierte, was ich danach tat, ist schwer zu rechtfertigen oder auch nur zu erklären. Sicher, ich war müde von zu wenig Schlaf, zu vielen Sorgen und zu vielen Adrenalinschüben. Ich war nicht in der Stimmung, mir Kritik von Marley anzuhören, unabhängig davon, wie diskret sie vorgebracht wurde, und unabhängig davon, dass das, was sie sagte, stimmte. Ich sah, wie meine Mutter mich anschaute, als würde sie sich fragen, ob ich tatsächlich eine Lügnerin sei. Dann sah ich Marley in diesem grottenhässlichen Kleid und den Schweinchenschuhen. Sie war ein leichtes Ziel, und irgendetwas Böses und Unüberlegtes in mir entschied: Du! Du bist es, die bestraft werden muss!
»Weißt du, Marley, du könntest vielleicht einmal selbst die Verantwortung für dich übernehmen und dir Freunde suchen, statt mir ständig auf der Pelle zu hängen. Wenn du damit aufhören könntest, dich wie eine Zwölfjährige anzuziehen und zu benehmen, würden dir die anderen Erstsemester vielleicht nicht aus dem Weg gehen.«
Beide starrten mich an. Meine Mutter legte ein wenig den Kopf zurück. Das Ganze war mir jetzt schon peinlich. Mir war klar, wie ich auf sie wirken musste und wie ich mich anhören musste, aber in meinem Kopf ging alles durcheinander, und trotz meiner Verlegenheit - oder vielleicht gerade deswegen - hatte ich das Gefühl, dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich zu behaupten.
»Ich habe es satt, dich zu bemitleiden.« Obwohl ich spürte, dass auch meine Mutter mich anstarrte, sah ich nur Marley an. »Ich habe es satt, dass du so bemitleidenswert bist. Das hier ist übrigens mein Zimmer. Ich habe dich nicht hereingebeten. Und es tut mir leid, aber: Nein, ich war nicht bei dem Footballspiel. Ich bin nicht deine Mommy. Und ich will es auch nicht sein.«
Meine Mutter stand hastig auf. »Das reicht«, sagte sie leise. »Hör auf, Veronica. Hör sofort auf.«
Marley sprang auf. Sie strich ihren geblümten Rock glatt und schaute mich an. Ihre Augen waren klein, und ihr Mund stand offen, als könnte sie immer noch nicht glauben, was ich da gerade gesagt hatte, als wartete sie darauf, dass ich gleich lächeln und sagen würde, ich hätte nur Spaß gemacht.
Ich trat zur Seite, um sie vorbeizulassen.
»Es tut mir leid.« Meine Mutter legte eine Hand auf Marleys Schulter. »Ich habe wirklich keine Ahnung ...« Ihre Zöpfe bogen sich an den Enden nach oben, wie bei Pippi Langstrumpf. Sie schaute mich an und zischte dann zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: »Ich weiß wirklich nicht, was in meine Tochter gefahren ist.«
Marley zuckte mit den Schultern und beugte sich vor, um ihren Waldhornkoffer zu schließen. Ich konnte rosa Flecken auf ihren blassen Wangen sehen, genau wie ich sie hatte, wenn ich mich anstrengte, nicht zu weinen. Ich legte meine Hände an mein Gesicht. Sie fühlten sich kühl an auf
Weitere Kostenlose Bücher