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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Ton.
    »Ihr habt nicht vor, mich umbringen«, sagte der Russe mit dem Kindergesicht.
    Kati Soisalo trat näher an Arbuzow heran und musterte ihn eine Weile. »Du hast zwei Alternativen. Entweder du sagst mir, wo meine Tochter ist, und bekommst das Geld, oder du sagst es nicht, dann rufen wir die Polizei sowohl hierher als auch in Pyhtää zu dem Lastzug.«
    Dimitri Arbuzow machte einen Schritt auf Soisalo zu. »Ich bin ein ganz normaler russischer Tourist und weiß nicht einmal, wo Pyhtää liegt. Ich glaube, ich versuche mein Glück lieber bei der finnischen Polizei, als mich mit denen anzulegen, die für das Schicksal deiner Tochter verantwortlich sind. Außerdem ähneln die finnischen Gefängnisse eher Hotels, wenn man sie mit dem Kresty in Sankt Petersburg vergleicht.«
    Kati Soisalo musste den Finger vom Abzug nehmen, um nicht vor Wut abzudrücken. »Solange du mir nicht gesagt hast, wo meine Tochter ist, gehst du hier nicht weg, das kann ich dir versprechen.«
    Arbuzow trat noch einen Schritt näher an sie heran. »Ich weiß alles, was an jenem Tag passiert ist: Es war heiß, du hattest ein weißes Kleid an, deine Tochter trug irgendein Dschungelkleid und ein Kopftuch. Man hat euch vom Stradun bis zum Onofrio-Brunnen und von da bis in den Gradac-Park verfolgt. Angeblich war es so einfach wie ein Kinderspiel, du hast es uns wirklich leichtgemacht, deine Tochter zu entführen, als du in den leeren Park spaziert bist. Deine Tochter ist meinen Leuten während der Flucht allerdings auf die Nerven gegangen, nicht mal mit einem Knebel im Mund hat das Geheule aufgehört. Aber natürlich haben sie auch gegen so ein Geschrei Mittel gefunden.«
    Kati Soisalo versetzte Arbuzow einen Tritt in den Unterleib, als ihr klar wurde, dass er an der Entführung ihres Kindes beteiligt gewesen war. Blinde Wut trübte ihr den Verstand, sie setzte sich Arbuzow, der zu Boden gegangen war, auf den Bauch, packte ihn mit beiden Händen an den Haaren und schlug seinen Kopf auf die Erde, einmal, ein zweites Mal …
    Kara schlang die Arme von hinten um Soisalos Brustkorb und zerrte sie von Arbuzow weg.
    Kati Soisalo holte ein paarmal tief Luft, dann drückte sie dem Russen die Mündung ihrer Pistole auf die Stirn.
    »Wo ist Vilma jetzt?«
    »Suka!«
Arbuzow fluchte mit schmerzverzerrtem Gesicht und schaute ihr in die Augen. »Mir ist es egal, durch wessen Kugel ich sterbe.«
    Kati Soisalo schoss so dicht an Arbuzows Kopf vorbei, dass seine Haare flatterten. »Wo ist Vilma?«
    »Ist dir klar, dass du von dem Augenblick an, wo du hier weggehst, Freiwild bist, selbst wenn du mich umbringst? Meine Leute hören alles, was hier gesprochen wird.« Arbuzow setzte sich auf und klopfte auf das Handy, das aus seiner Brusttasche herausschaute.
    Kati Soisalos Gesichtsausdruck wirkte nun noch entschlossener,sie drückte Arbuzow wieder die Pistolenmündung an die Stirn.
    »In Italien. In der Provinz Veneto, in der Kleinstadt …«
    Ein Schuss, ein Zischen, sein Kopf schnellte erst nach hinten, fiel dann nach vorn, und ein dunkelroter Fleck, so groß wie eine Münze, erschien an der Stelle, wo die Kugel in Dimitri Arbuzows Gehirn eingedrungen war.
    ***
    Sabrina Pianini wachte auf und schaute sich um: Die Luft in dem chaotischen Zimmer war so stickig, dass man sie sehen konnte. Um ein Haar hätte sie entsetzt aufgeschrien, als ihr klar wurde, dass sie nackt neben einem schwer atmenden, behaarten Mann lag, der stank wie ein Abwaschlappen. Plötzlich tauchte aus ihrem Gedächtnis das Bild des tätowierten Kreuzes auf der nackten Brust des Mannes auf, das irgendwann verschwitzt über ihr auf- und niedergeschwungen war. Ihr wurde übel.
    Sie konnte sich nur an einen Teil der Ereignisse vom letzten Abend erinnern. In dem riesigen Park im Zentrum von Minsk trieben sich Dutzende junge Drogensüchtige herum, Junkies erkannte man immer leicht. Aus der Ferne hatte sie ein junges, harmlos wirkendes Paar beim Dealen beobachtet, sich zu ihnen gesellt und schließlich mit etwas Glück einen Schuss bekommen. Das war aber auch so gut wie alles, woran sie sich erinnerte. Abgesehen davon, dass ihr dieses Heroin einen viel intensiveren Kick verschafft hatte als der Stoff der Entführer. Nun befürchtete sie noch heftigere Entzugserscheinungen.
    Sie stützte sich auf den Ellbogen, richtete sich auf und zuckte zusammen, als der tätowierte Mann im Schlaf knurrte. Das junge Paar, Artjom und Polina, lag Arm in Arm auf dem Fußboden, und auf dem Sofa schnarchte ein muskulöser und

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