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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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vor Vergnügen, schlang die Ärmchen um seinen Hals und schmiegte sich an die knochige Jungenbrust. Anne glaubte ihren Augen nicht zu trauen.
    „Du kannst gut mit Kindern umgehen“, sagte sie erstaunt und wollte ihm die Kleine abnehmen. Helene machte aber keine Anstalten, den gerade gewonnenen Platz so schnell aufzugeben.
    „Lass sie nur, ich bring sie dir nach Hause“, sagte er und schlenderte mit aller Selbstverständlichkeit in die Richtung, die Anne eingeschlagen hatte.
    Sie folgte zögernd, sich immer noch über die kleine Schwester wundernd, die gewöhnlich zu niemandem so schnell Zutrauen fasste. Lisa lief gutwillig nebenher. Sie hatte noch ihre Gänsehirtenrute bei der Hand und fuchtelte damit herum.
    „Pass auf, dass du niemandem ins Gesicht schlägst“, ermahnte Anne die kleine Hirtin. „Hast du das Federvieh schon in den Stall verfrachtet?“
    „Klor“, erhielt sie einsilbig zurück.
    Anne fühlte sich in Begleitung des Burschen unsicher und blickte sich noch einmal zum Anger um. Aber die Feldarbeiter hatten sich schon zerstreut, und der Gespannführer war dabei, Pferde nebst Wagen in den Weiher zu lenken.
    „Warum macht er das?“
    Anne wandte sich ihrem Begleiter zu, der die in ihren Augen äußerst dumme Frage gestellt hatte.
    „Die Räder müssen quellen, damit sie mit der Zeit nicht auseinanderfallen, zugleich kühlen sich die Pferde die Beine. Weißt du denn die einfachsten Dinge nicht?“, fragte sie.
    Der Bursche zuckte die Achseln. „Wir kommen aus der Stadt“, erklärte er lakonisch.
    „Ah“, machte Anne. Die Begründung entschuldigte ihn hinlänglich.
    „Wir haben auch kleine Schwestern, weißt du. Deshalb fällt es uns leicht, mit kleinen Mädchen umzugehen“, setzte er das Gespräch fort, das ins Stocken geraten war.
    Und mit großen Mädchen, fügte Anne gedanklich hinzu. Wir und uns , ob Zwillinge immer im Doppelpack denken und sprechen, fragte sie sich. Sie versuchte sich an seine Kleidung zu erinnern, weil sie herausfinden wollte, ob sie auf ihren Begleiter oder auf seinen Bruder gefallen war. Doch ihr Gedächtnis beschwor nur zwei unglaublich blaue Augen und heißen Atem herauf.
    Papperlapapp, ist doch egal, dachte sie dann, er bringt mir die Kleine nach Hause und damit hat sich’s.
    „Ich bin Adam, falls es dich interessiert“, bemerkte der Bursche, als könne er ihre Gedanken lesen. Er zeigte wieder sein betörendes Lächeln. Anne spürte jähe Hitze auf ihren Wangen und verfluchte die Gewohnheit ihres Gesichtes, in flammender Röte zu leuchten.
    „Du heißt Anne, nicht wahr?“
    „Hm.“
    „Bist wohl nicht sehr gesprächig, was?“
    Anne kam sich stumpfsinnig vor. Ihr wollte nichts Gescheites einfallen und das Herz klopfte ihr unerklärlicherweise bis zum Hals. „Bist du derjenige, dem ich vorhin ...“, begann sie schüchtern und kam dann erneut ins Stocken, weil sie von Lisa in Anspruch genommen wurde, die ihr beständig am Rock herumzupfte.
    „In den Schoß gefallen bin?“, ergänzte Adam und lachte.
    Er wird es wohl gewesen sein, dachte Anne. Sie holte für Lisa einen der herrlich duftenden gelben Äpfel aus ihrer Schürzentasche. „Pass auf, der ist sauer“, warnte sie. Lisa ließ sich jedoch nicht abschrecken und grub sofort ihre kleinen Milchzähne in die Frucht. Von dem Zwischenspiel einigermaßen ins Gleichgewicht gebracht wandte sich Anne erneut an ihren Begleiter. „Danke, fürs Festhalten vorhin. Hat sich schon so mancher einen Zahn bei so ’ner Gelegenheit ausgeschlagen“, meinte sie kühle Sachlichkeit vortäuschend.
    „So eine Lücke stünde dir bestimmt gut“, neckte er und erntete endlich ein Lachen von ihr, wobei sie ihre regelmäßigen Zahnreihen entblößte.
    Die Dreijährige auf Adams Arm hatte den Kopf an seine Schulter gelegt und war inzwischen eingeschlafen. Der kleine Plagegeist war gewiss den Tag über unermüdlich herumgeflitzt.
    Anne deutete mit dem Kinn auf Helene. „Sie scheint sich bei dir wohlzufühlen. In der Regel schließt sie Fremde nicht so schnell ins Herz.“
    „Liegt vielleicht in der Familie, hm?“
    Anne verstand die Anspielung sehr gut und kokettierte mit einem Augenaufschlag. „Vielleicht?“, entgegnete sie schnippisch.
    Es blieben nur noch wenige Schritte bis zum elterlichen Teil einer langen Kate, an der die kleine Gruppe entlanggegangen war. Währenddessen war sich Anne der Blicke bewusst gewesen, die sie hinter verstaubten Fenstern verfolgt hatten. Hin und wieder hatte sich hinter ihnen sogar eine Tür

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