Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Mudder Schultzen so laut und ungeschickt, sie wäre beinahe mit der Frage auf den Lippen mit der Trägerin besagten Kleides zusammengeprallt. Franz lächelte die Herrschaften versöhnlich an, murmelte schnell eine Entschuldigung und schob seine Wirtin weiter.
„Um Himmels willen, müssen Sie mich denn so blamieren“, zischte er ihr ins Ohr, als er glaubte, außer Hör- und Sichtweite der jungen Frau zu sein.
„Ich? Sie blamieren? Na, da hört sich doch einer den Schnösel an. Haben Sie nicht zugehört, was der Herr Pastor heute gesagt hat. Sie sollen sich bestimmt nicht den Hals nach verheirateten Frauen verrenken!“, schimpfte sie aufgebracht.
Franz erntete von den Umstehenden mitleidige Blicke. Er spürte, wie seine Ohren rot wurden, nahm seine Wirtin resigniert beim Ellenbogen und führte sie fürs Erste aus dem Gedränge heraus. Schließlich waren sie unter dem Schatten einer Baumreihe sicher vor unautorisierten Ohren.
„Sie kennen die Dame also“, stellte Franz erfreut fest, er bemühte sich jedoch, sich nichts anmerken zu lassen.
„Woher wollen Sie das wissen“, schnaubte die Wirtin ungehalten. Sie entwand ihren Ellenbogen seinem Griff und funkelte ihn kampf-eslustig an. Franz fühlte sich an die letzte Auseinandersetzung erinnert, bei der ein Besen eine Rolle gespielt hatte. Sie wird doch nicht erwägen, mir ihren Pompadour über den Schädel zu ziehen, dachte er. Bei der Vorstellung musste er allerdings grinsen.
„Sie haben sich verraten, Verehrteste! Sie kennen die Dame zumindest so gut, dass Sie um ihren Familienstand Bescheid wissen.“
„Ich bin nicht Ihre Verehrteste, merken Sie sich das“, versuchte sie zu schmollen.
„Ach, nein? Heute Morgen, auf dem Weg zur Kirche, hat es Ihnen aber noch außerordentlich gefallen, wenn ich Sie so genannt habe. Ich kann Sie natürlich auch Mudder Schultzen rufen, wenn Ihnen das lieber ist“, bot er an.
„Was wollen Sie von ihr? Die Ärmste ist gestraft genug, da müssen Sie nicht noch daherkommen und ihr den Kopf verdrehen!“
Franz verengte seine Augen zu Schlitzen.
Sie bemerkte es und kniff die Lippen zusammen. Doch es war bereits zu spät. Die Andeutungen, die ihr unvorsichtigerweise entschlüpft waren, konnte sie nicht unausgesprochen machen.
„Was soll das heißen?“, fragte Franz schroff.
„Gar nichts!“, gab sie patzig zurück. „Es geht mich ja auch nichts an, mit wem Professor Kägler verheiratet ist. Ich kenne das Mädel nur als seine dritte Ehefrau.“
Franz war von der eigenen Menschenkenntnis schier überwältigt. Die Heftigkeit Mutter Schultzens Parteinahme erschien ihm jedoch verdächtig. Sollte die elfenbeinfarbene Dame sogar in der Eselföter Straße Nummer 15 gesichtet worden sein? Bei dem Gedanken tat Franz’ Herz einen freudigen Hüpfer. Er schaute seine Wirtin forschend an und begab sich einen weiteren Schritt auf das Glatteis der Spekulation.
„Noch eine Mona Lisa in Ihrer Sammlung?“, fragte er spöttisch.
Mudder Schultzen wich die Zornesröte aus dem Gesicht. Es nahm einen verängstigten Ausdruck an. Ihre nervösen Blicke huschten hin und her, während sie stammelte: „Wie, wie meinen Sie das?“
„Das Geschirr ...“, Franz machte eine bedeutungsvolle Pause und stellte zufrieden fest, wie sich ihre Augen weiteten, „das Sie so sorgfältig in Ihrem Schrank verstecken. Decken Sie das auch auf, wenn Sie Ihre Nachbarin zum Klatsch empfangen? Sie brauchen mir gar nicht erst vorzuräubern, Sie möchten es nicht zerschlagen. Damit hat es noch eine andere Bewandtnis!“
„Ich ..., können wir nicht woanders als hier auf der Straße darüber reden?“, bat sie kleinlaut und schaute sich abermals um.
„Wissen Sie, es ist mir egal, ob Ihr Mann mit Schmuggel zu einigem Wohlstand gekommen ist. Mich interessiert nur, ob Frau Kägler ab und zu in Johanns Kammer eingekehrt ist.“
„Wie? Was? Aber, aber was reden Sie da?“ Die Wirtin schaute in nervöser Hast hinter sich und zupfte aufgeregt an ihren Haubenbändern. „Was soll das alles mit Johann zu tun haben?“, flüsterte sie und sah Franz zweifelnd an. Sie erschrak sichtlich.
„Aber Franz, was haben Sie denn?“
„Ach, vergessen Sie es, ’s war nur so ein Gedanke von mir. Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen mit meinen Verdächtigungen zu nahe getreten sein sollte.“
„Franz, bleiben Sie stehen, zum Kuckuck! Sie verheimlichen mir doch etwas!“
„Sie mir auch“, gab er zurück. Er machte nicht halt, schaute sich auch nicht nach seiner empörten
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