Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
geht mich ja nichts an, aber ...“
„Da haben Sie unbestritten recht“, würgte Franz Gribnitz’ neuerlichen Versuch ab, ins Gespräch zu kommen.
„Ich weiß gar nicht, wie Herta dazu kommt, Sie höflich und zuvorkommend zu nennen“, maulte Gribnitz. „Aber eines kann ich Ihnen versichern, von Ihrem Bruder hat sie nie so geschwärmt wie von Ihnen.“
Franz horchte auf. „Herta? Ähm ... Frau Schultz? hat mit Ihnen über meinen Bruder gesprochen?“
„Ja, warum nicht?“, erwiderte Gribnitz erfreut, nun doch noch einen gemeinsamen Nenner gefunden zu haben. „Ich kenne jeden ihrer Untermieter, obwohl ich die meisten nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen habe.“
„Ach, das ist äußerst interessant. Was wusste sie über meinen Bruder zu berichten?“, fragte Franz. Als er sah, dass Gribnitz ihn zweifelnd musterte, beschwichtigte er: „Keine Angst. Ich verpfeife Sie nicht. Ihre Schwägerin ist es doch gewesen, die getratscht hat.“
„Da haben Sie recht! Herta ist ungeschlagen darin. Ich bin nur froh, ähm, nun ja – meine Frau ist da anders gewesen.“
Franz’ Gesicht verdüsterte sich und Gribnitz beieilte sich, zur Sache zu kommen. „Na ja“, begann er, während er damit befasst war, das alte Schloss aus seiner Verankerung zu lösen. „Anfangs hat sie nur gelobt: Johann ist so wohlerzogen, Johann ist so ordentlich, Johann bezahlt stets pünktlich seine Miete. Vor ungefähr einem Vierteljahr hat sie plötzlich nicht mehr so ’ne hohe Meinung von Ihrem Bruder gehabt. Aber sie hat alles auf ihren neuen Untermieter geschoben. Ich hab vergessen, wie der heißt. Das war irgend so ein Ausländer. Ausgerechnet den hat Ihr Bruder empfohlen. Als der anfing, Probleme zu machen, war auch das Ei mit Johann kaputt.“
Franz nickte ermunternd und trat einige Schritte näher.
„Herta hat mitbekommen, wie der Neue mit Kägler konspiriert hat.“
„Kägler?“ Franz räusperte sich, weil seine Stimme etwas schrill klang.
„Ja, der junge Kägler. Ist wohl rausgeflogen, weil er schlecht über die neue Frau von seinem Alten geredet hat. Der Bengel hat aber auch keinen Hehl aus seiner Meinung über seine junge Stiefmutter gemacht. Die ganze Stadt sprach davon.“
„Wovon?“, hakte Franz nach. Er schaute prüfend auf die Tür zum Nebenzimmer.
„Dass sie nur eine billige Hure wäre, die mit jedem x-beliebigen Studiosi durchbrennen würde“, enthüllte Gribnitz mit diskret gesenkter Stimme. „Und Herta hat gehört, wie Kägler dem Neuen viel Geld dafür geboten hat, wenn der die Tugend seiner Stiefmutter auf die Probe stellte.“ Gribnitz flüsterte nur noch und versicherte sich mit Seitenblicken in den Flur, ob seine Schwägerin brav ihren dünnen Kaffee schlürfe. Er beugte sich vertraulich zu Franz hinüber und raunte ihm ins Ohr: „Ich frage mich nur, wo der Bengel das viele Geld hat hernehmen wollen, wo ihm doch der Alte den Hahn zugedreht hat, sonst wäre der bestimmt nicht zu Herta in eines ihrer bescheidenen Zimmer gezogen.“
„Was, der Kägler wohnt auch hier?“
„Ja! Im letzten Zimmer. Scheint übrigens ein ordentlicher Mann zu sein. Jedenfalls war das Zimmer aufgeräumt, kein Vergleich zu dem hier.“ Gribnitz ließ einen vielsagenden Blick über den Tisch gleiten. Dann weiteten sich seine Augen. „Sagen Sie bloß, der Kägler ist während Ihres Besuches in der Stadt nicht einmal hier gewesen?“, flüsterte er.
Franz hob die Schultern. „Ich hab niemanden gesehen, bin aber tagsüber oft nicht dagewesen“, gab er zu bedenken.
Gribnitz nickte bedächtig. An seinem Hals zeigten sich rote Flecke und seine Augen glänzten. In seinem Kopf schien die nächste Klatschgeschichte Gestalt anzunehmen.
Franz war sich indessen nicht mehr sicher, wer mehr Gefallen am Tratschen fand, Schlossermeister Griebnitz oder seine Schwägerin. Gribnitz war offensichtlich jemand, der dem Laster allzu gern frönte, gegen ihn nahm sich sogar Mudder Schultzen recht bescheiden aus.
Franz, dem Schwatzhaftigkeit im Grunde gar nicht lag, verschaffte Griebnitz’ Redseligkeit eine wichtige Information. Endlich wusste er, was Mudder Schultzen mit ihren Andeutungen zu Frau Kägler gemeint hatte. Vermutlich hatte sie die Adresse Eselföter-Straße 15 nicht durch eigene Äußerungen als Hort der Untugend in Verruf bringen wollen, und da es nach ihrer Meinung keine Verbindung zwischen Frau Kägler und Johann gebe, hatte sie es auch im Nachhinein nicht für nötig gehalten, bei Tee und Kirschkuchen mit dem Zwist in
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