Wellenbrecher
und die Ihrer Ansicht nach bezeugen konnten, daß Sie in Liverpool waren.«
Sumner war bestürzt. »Aber ich war dort«, sagte er mit Nachdruck. »Einer von ihnen muß mich doch gesehen haben.« Er tippte mit dem Finger auf die Aussage Paul Dimmocks. »Ich habe Paul im Foyer getroffen. Ich sagte, ich wollte zur Bibliothek, und er hat mich ein Stück begleitet. Das muß lange nach zwei Uhr gewesen sein. Verdammt noch mal, um zwei Uhr hab ich mich noch mit diesem vernagelten Harold Marshall gestritten.«
Galbraith schüttelte den Kopf. »Selbst wenn es vier Uhr war, macht das keinen Unterschied. Sie haben am Montag bewiesen, daß Sie die Fahrt von Liverpool nach Dorset in fünf Stunden bewältigen können.«
»Aber das ist doch absurd!« rief Sumner nervös. »Dann müssen Sie eben noch mit anderen Leuten reden. Irgend jemand muß mich doch gesehen haben. In der Bibliothek saß ein Mann mit mir am selben Tisch. Ein rothaariger Mann mit Brille. Er kann bestätigen, daß ich da war.«
»Wie heißt der Mann?«
»Das weiß ich nicht.«
Galbraith nahm einen weiteren Stapel Unterlagen aus seiner Aktentasche. »Wir haben insgesamt dreißig Personen befragt, Mr. Sumner. Das hier sind die restlichen Protokolle. Nicht einer kann bestätigen, Sie zu irgendeiner Zeit in den fraglichen vierundzwanzig Stunden gesehen zu haben. Wir haben außerdem Ihre Hotelrechnung überprüft. Sie haben zwischen Samstag mittag und Sonntag spät vormittags keine der Dienstleistungen des Hotels in Anspruch genommen, dazu gehört auch die Benutzung des Telefons.« Er legte die Papiere aufs Sofa. »Wie erklären Sie das? Wo zum Beispiel haben Sie am Samstag abend gegessen? An dem Konferenzbankett haben Sie nicht teilgenommen, und den Zimmerservice haben Sie auch nicht in Anspruch genommen.«
Sumner begann wieder, an seinen Fingern zu ziehen. »Ich habe nichts gegessen, jedenfalls keine richtige Mahlzeit. Ich hasse diese Konferenzbankette und bin in meinem Zimmer geblieben, weil ich niemandem begegnen wollte. Bei den Banketten geht es immer hoch her, und alle lassen sich vollaufen und benehmen sich wie die Idioten. Ich habe mir was aus der Minibar genommen«, erklärte er, »Bier und Erdnüsse und Schokolade. Steht das nicht auf der Rechnung?«
Galbraith nickte. »Doch, aber ohne Zeit und Datum. Warum haben Sie sich kein Essen aufs Zimmer bestellt, wenn Sie nicht hinuntergehen wollten?«
»Weil ich nicht besonders hungrig war.« Sumner schlürfte zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. »Ich habe ja gleich gewußt, daß Sie sich auf mich fixieren würden, wenn Sie keinen anderen finden können. Ich war den ganzen Nachmittag in der Bibliothek. Danach bin ich ins Hotel zurück und habe gelesen, bis ich eingeschlafen bin.« Er versank in Schweigen. »Wie hätte ich sie überhaupt ertränken sollen?« fragte er plötzlich. »Ich habe doch kein Boot.«
»Nein«, stimmte Galbraith zu. »Die Tatsache, daß sie ertränkt wurde, entlastet Sie.«
Eine Vielfalt von Emotionen - Erleichterung? Triumph? Freude? - spiegelte sich flüchtig in Sumners Gesicht. »Na bitte, da haben Sie’s«, sagte er wie ein Kind.
»Wieso wollen Sie mit meiner Mutter quitt werden?« fragte Maggie, nachdem Ingram Celia in ihr Bett geholfen und den Arzt angerufen hatte. Maggies Gesicht hatte wieder etwas Farbe bekommen, und sie hatte endlich zu zittern aufgehört.
»Nur ein kleiner privater Scherz«, antwortete er kurz, während er den Kessel füllte und auf den Herd stellte. »Wo sind die Tassen?«
»Im Schrank neben der Tür.«
Er nahm zwei heraus und ging mit ihnen zum Spülbecken. Dann öffnete er den Schrank darunter und holte Spülmittel, Bleiche und Stahlwollepads heraus. »Wie lange hat sie schon solche Beschwerden an der Hüfte?« Er krempelte die Ärmel hoch und begann, das Spülbecken mit Bleichmittel und Stahlwolle zu schrubben. Der Geruch nach schmutzigem Hund und feuchten Pferdedecken in der Küche war so stark, daß er den Verdacht hatte, das Spülbecken werde nicht nur zum Geschirrabwaschen benutzt.
»Seit sechs Monaten. Sie ist auf der Warteliste für ein neues Gelenk, aber vor Ende des Jahres wird da wohl nichts geschehen.« Sie sah zu, wie er das Abtropfbrett und das Becken ausspülte.
»Sie halten uns wahrscheinlich für zwei richtige Schlampen, nicht?«
»Ja, das muß ich leider zugeben«, antwortete er ohne Beschönigung. »Es ist ein Wunder, daß bis jetzt noch keine von Ihnen eine Lebensmittelvergiftung bekommen hat, besonders Ihre
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