Weltraumpartisanen 06: Die Vollstrecker
auf mich einen nahezu entspannten Eindruck: ein Adler, der nach qualvoller Gefangenschaft in sein Element zurückgekehrt war. Die
Hermes
war sein Instrument; darauf zu spielen, war er Meister; es tat seiner Seele gut. Und trotz des unüberbrückbaren Grabens, der zwischen uns klaffte, war ich heilfroh ihn an Bord zu haben.
»Danke, Captain.«
Das Schiff war gestartet, es gab keinerlei Beanstandungen, der Bordcomputer konnte übernehmen. Sicherer und unbestechlicher als jeder Pilot aus Fleisch und Blut würde er die Hermes nun dem tödlichen Rendezvous im All entgegensteuern. Nichts konnte ihn ablenken, nichts nervös machen. Daten und Befehle waren eingefüttert; er kannte seine Aufgabe.
Ich drückte den roten G-Zeit-Knopf und die kleinen Lämpchen begannen zu blinken.
»Meine Herren, es ist so weit.«
Die
Hermes
-Besatzung schluckte ihre Tabletten und begab sich in die Hydrokammer. Die Droge tat fast augenblicklich ihre Wirkung.
Heute ist das alles anders. Damals jedoch war dies der einzige Weg, um die G-Zeit zu überleben, die normalerweise jeden menschlichen Körper zum Zerplatzen gebracht hätte.
Als sich der Schub des Triebwerks auf einmal vervielfältigte, befanden wir uns bereits in jenem gnädigen Zustand der verminderten Funktionen, einem todesähnlichen Schlaf, der uns davor bewahrte. Das Wasser, das uns umhüllte und das unsere Lungen ausfüllte, war gerade mit so viel Sauerstoff angereichert, wie es der menschliche Organismus in diesem Zustand brauchte.
10.
»Brücke an RC. Frage: Wie steht es mit Kontakten?« - »RC an Brücke: Keine Kontakte. Bedaure, Sir.« Seit dreizehn Stunden führten Lieutenant Simopulos und ich diesen monotonen Dialog. Seit dreizehn Stunden suchte die
Hermes
den Raum nach
RS 781
ab, ohne auf mehr zu stoßen als immer wieder auf die unbeschreibliche Leere.
Man darf über sie nicht nachdenken, wenn man unterwegs ist, man darf nicht darüber nachdenken, was mit einem geschähe, wenn man auf Grund irgendeines technischen Versagens immer weiter und weiter flöge. Bei dieser Vorstellung muss einem zwangsläufig das Blut gefrieren. Jahrhunderte, Jahrtausende, Jahrmillionen würden vergehen und immer noch würde man unterwegs sein - längst tot, längst vergessen, längst heimatlos, weil es dann wohl auch keine Erde mehr geben würde.
Raum ohne Grenzen, ohne Ende: Was das bedeutet, wird der Mensch wohl nie ganz verstehen können.
»Brücke an Kartenhaus. Frage: Wann beenden wir unsere Doppelspirale?«
»NC an Brücke.« Lieutenant Stroganow meldete sich sofort. »Der letzte Umlauf wird in knapp neun Minuten beendet sein.«
Die Doppelspirale ist eine der wenigen Möglichkeiten, dem leeren Raum menschliches Maß aufzuprägen, denn da er keine Grenzen hat, bleibt diese Flugfigur die einzige annähernd sichere Methode, größere Raumgehalte zu kontrollieren.
»Roger, Kartenhaus. Die nächste Doppelspirale schließt unmittelbar an.«
»Mit nächster Doppelspirale anschließen! Aye, aye, Sir.«
Ich verfügte nur über zwei Anhaltspunkte, um das Treffen mit
RS 781
herbeiführen zu können - immer vorausgesetzt, dass die Vollstrecker an ihrem Plan festhielten, und das ließ sich ja nicht ausrechnen.
Den ersten Anhaltspunkt verdankte ich jener Raumpatrouille, die den schweren Kreuzer aufgespürt hatte, und der Tatsache, dass es ihr gelungen war, ihn zum Kampf zu stellen. Position und Zeitpunkt dieses Zusammentreffens waren bekannt.
Der zweite Anhaltspunkt war die Astrostation
Jade
, gegen die der Schlag der Vollstrecker geführt werden sollte und der sich die Hermes mittlerweile so weit genähert hatte, wie sie das ohne die Gefahr der Entdeckung tun konnte.
Aufgrund dieser beiden Informationen hatte unser Bordcomputer den voraussichtlichen Kurs von
RS 781
errechnet und nun vollführte die
Hermes
eine Doppelspirale nach der anderen und suchte den leeren Raum mit ihren Radaraugen ab: praktisch seitdem wir die Hydrokammer wieder verlassen hatten.
Halber Alarm war angeordnet. Das hieß: Mit Ausnahme des Navigators und des Radar-Controllers durfte ein Jeder seine Station verlassen und tun und lassen, was ihm beliebte.
Captain Monnier war der Erste gewesen, der das Cockpit verließ. Wortlos war er hinausgegangen. Einen Atemzug lang war ich versucht gewesen ihn aufzuhalten und ihm zu sagen, dass ich trotz allem nie aufgehört hatte, sein Freund zu sein, doch dann schluckte ich, was mir bereits auf der Zunge lag, wieder hinunter. Weder hatte ich das Recht dazu noch war es der
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