Wenn es Nacht wird in Miami
Weinkennerin, aber dieser Rote schmeckte eindeutig nach mehr. Er zeigte auf das Päckchen auf dem Tisch. „Das ist für dich.“
Rotwein, Mondschein, Präsente – pass auf, Carly.
„Ich habe heute aber nicht Geburtstag“, wandte sie ein. Lange dauerte es allerdings nicht mehr bis dahin. Mittwoch war es so weit – der erste Geburtstag ohne Marlene.
Da Carly noch immer keine Anstalten machte, nahm Mitch das Päckchen und reichte es ihr. „Mach es auf, Carly.“
Was haben Geschenke für ihn schon zu bedeuten, rief sich Carly ins Bewusstsein. Er konnte jeden Tag Geld ausgeben, so viel er wollte, und würde es noch nicht einmal merken. Und doch hatte sie Herzklopfen, als sie die in Goldpapier verpackte kleine Schachtel nahm.
Sie trank noch einen Schluck von dem köstlichen Rotwein. Dann setzte sie das Glas ab und nahm das Päckchen. Sie merkte, wie Mitch jede ihrer Bewegungen verfolgte, und auch deshalb begannen ihre Hände, leicht zu zittern, während sie das Goldpapier entfernte. Zum Vorschein kam eine mit blauem Samt bezogene Box. Carly knipste den Verschluss auf. Drinnen lag auf einem Polster ebenfalls aus Samt ein goldener Anhänger, nicht größer als zweieinhalb Zentimeter, in Gestalt eines kleinen Jungen. Carly drehte den Anhänger um. Auf der Rückseite waren die Buchstaben RHETT eingraviert.
Ihr Widerstand war gebrochen. Jedes andere Geschenk hätte sie zurückgewiesen. Aber bei diesem kam das nicht infrage. „Es ist wundervoll. Ich danke dir, Mitch“, sagte sie sichtlich gerührt.
Er nahm ihr die Box aus der Hand, holte den Anhänger mit der Halskette heraus und öffnete den Verschluss. Aber statt sich hinter sie zu stellen, um ihr die Kette umzulegen, stellte er sich dicht vor sie hin und hielt die Enden der Kette in die Höhe. Seine Finger streiften ihren Hals und suchten sich den Weg unter ihrem Haar in ihren Nacken. Carly erschauerte bei der flüchtigen Berührung. Dann spürte sie das kühle Metall auf der Haut.
Er ließ die Hände auf ihre Schultern sinken, während er sie prüfend anschaute. „Du machst dich wirklich gut mit ihm.“
Sie verstand den Doppelsinn und zuckte die Achseln, zum Teil auch, um seine Hände abzuschütteln, aber er ließ ihre Schultern nicht los. „Er macht es einem auch leicht“, antwortete sie.
„Selbst an Abenden wie heute?“
Carly sah Mitch in die Augen. „Er kann ja nichts dafür, dass es ihm wehtut. Außerdem macht einem so etwas nichts, wenn man jemanden liebt.“
Farben leuchteten am Himmel auf, und aus einiger Entfernung klang es wie Donner. Das Feuerwerk, mit dem der Unabhängigkeitstag gefeiert wurde, hatte begonnen. Mitch hatte jedoch keine Augen für das farbenfrohe Spektakel. Mit dem Zeigefinger folgte er der Kette bis zu dem Anhänger, der knapp über dem Ausschnitt ihres Tops hing, zu der Stelle, wo er ihren Brustansatz berührte. Carly stockte der Atem.
Sie dachte an den Kuss im halbdunklen Flur, und daran, wie er sie angefasst hatte. Sie wünschte sich, er würde es wieder tun. Es kam ihr vor, als würde das Feuerwerk am Horizont in ihrem Inneren stattfinden. Ein wohliger Schauer nach dem anderen lief ihr über den Rücken.
Ihre innere Stimme warnte sie, nein, befahl ihr davonzulaufen, bevor es zu spät war. Aber Carly rührte sich nicht von der Stelle. Mitch zeichnete mit dem Zeigefinger die Kette entlang bis zurück in ihren Nacken, strich ihr sacht eine Haarsträhne hinter das Ohr und umkreiste ihre Ohrmuschel. Carly erschauerte. Dass auch Ohrläppchen zu den erogenen Zonen gehörten, hatte sie bis jetzt nicht gewusst.
„Du fühlst es auch, nicht wahr?“ Seine Stimme klang verdammt rau, als er sprach.
Carly stellte sich ahnungslos. „Was?“, fragte sie mit Unschuldsmiene.
Er sah sie an, als wollte er sagen: Ich lass mich von dir nicht für dumm verkaufen. Laut sagte er: „Das weißt du genau. Es knistert zwischen uns. Du willst mich, und ich will dich.“
„Das heißt noch lange nicht, dass man dem nachgeben muss“, wehrte sie ab.
Wieder färbte eine Salve des Feuerwerks den Nachthimmel.
„Warum sollten wir es nicht tun?“
Carly fiel darauf keine Antwort ein. Sie sagte einfach nichts und wartete gespannt ab. Mitch beugte sich zu ihr und streifte ihre Lippen – einmal, zweimal. Die Berührungen waren nicht stärker als der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber stark genug, um das Begehren in ihr auflodern zu lassen.
Noch gelang es ihr, sich zurückzuhalten, obwohl alles in ihr danach schrie, sich ihm in die Arme
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