Wer viel fragt
ihrem Blick eine Weile stand, aber sie
gewann schließlich drei zu zwei. Die gelbe Nelke sah sich das alles
leidenschaftslos von oben an.
Ich sagte: »Das ist der
Teil der Geschic hte, den ich zu dem Artikel beisteuern soll.«
Ihr Schnauben übertönte
das Schlucken, das meine matten Worte begleitete.
»Großer Gott. Ein
Mann in Ihrem Alter, der ›hofft‹, einen Artikel zu
schreiben, und es ist noch nicht einmal allein Ihr Artikel.« Sie
schnaubte wieder, ohne jeden Grund. Ich hatte allmählich den
Eindruck, daß ich doch nicht klug genug war, um mich an der Tätigkeit
eines Privatdetektivs zu versuchen. Vielleicht sollte ich es bei
Kreuzworträtseln belassen.
Aber sie bot meinen Gedanken
Einhalt. »Junger Mann, Sie werden doch nichts tun, was dem Kind
schaden könnte, oder?«
Ich wußte, daß
sie Eloise meinte.
»Nein, Mrs. Forebush.
Ich versuche ihr zu helfen. Von ihr habe ich auch Ihren Namen.«
»Eloise«, überlegte
sie. Sie setzte sich in ihren Sessel zurück.
»Also gut. Sie gehen
offenbar davon aus, daß ich Ihnen etwas erzählen kann, das Sie
wissen müssen. Ich werde mein Bestes tun.«
»Vielen Dank«,
sagte ich in grenzenloser Dankbarkeit. Sie blickte auf ihre Uhr. »Aber
Sie müssen sich beeilen. Ich möchte meinen Film nicht verpassen.«
»Es sollte nicht allzu
lange dauern, Mrs. Forebush. Ich muß etwas über Fleur Crystal
wissen.«
»Furchtbares Kind. Nach
außen hin so sanft und lammfromm, aber in ihrem Innersten eine
listige Schlange. Ich denke, es ist eigentlich durch den Krieg gekommen,
dadurch, daß sie all ihre Brüder verloren hat, so kurz nach
Irene. Das einzige, was sie ihr ganzes Leben lang im Sinn hatte, war,
ihren Vater dazu zu bringen, sie zu lieben.«
»Und das tat er nicht?«
»Nur soweit es
unvermeidlich war. Eine graue Maus wie sie!
Er liebte Frauen mit Stil.
Fleur hat immer herumgejammert.«
Dann fügte sie ruhig
hinzu: »Irene hatte Stil. Sie hätte es nicht nötig gehabt,
so ungezogen zu sein.«
»Fleur hat ihn verehrt?«
»Grenzenlos.«
»Aber nicht genug, um
nicht selbst zu heiraten.«
»Wissen Sie, das hat
sie genauso wie alles andere getan, um ihrem Vater zu gefallen. Aber er
ist nett, dieser Mr. Crystal. Ich vermag nur nicht zu erkennen, was er an
ihr findet.«
»Vielleicht ging es ihm
nicht um die Frau, sondern um das Geld?«
»O nein. Zu der Sorte
gehört er nicht. Wußten Sie, daß Mr. Crystal sofort am
Tag nach Estes' Tod zu mir kam, mir dieses Haus schenkte und mir von da an
jeden Monat Geld schickte? Er hätte das nicht zu tun brauchen. Ich
habe ihm erklärt, daß Estes vor seinem Tod für mich
gesorgt hat, aber Mr. Crystal schickt mir immer noch Geld. Er meint, ich
solle mir zurücklegen, was übrigbleibt. Also habe ich es mir
hier schön gemacht. Habe all die großen Sträucher
ausgerissen, die hier standen, als ich einzog. Und selbst etwas gepflanzt.
Aber ich komme vom Thema ab.
Ich rede so gern über mein Haus und über die alten Zeiten. Sie müssen
mich nach den Dingen fragen, die Sie wissen wollen.«
»Sie haben davon
gesprochen, daß Fleur Leander Crystal geheiratet hat.«
»Ja. Er war ein Freund
von Joshua, wissen Sie. Vom kleinen Joshua. Sie haben sich im Krieg
kennengelernt, und nach dem Krieg hat Mr. Crystal uns besucht, um uns
alles zu erzählen. Es war so traurig.«
»Was war traurig, Mrs.
Forebush?«
»Wie der arme Joshi ums
Leben gekommen ist. Ich meine, nachdem der Krieg eigentlich schon vorüber
war. Er starb in Frankreich bei der Explosion eines LKWs. Mr. Crystal war
dabei und hörte seine letzten Worte, liebe Grüße an seinen
Vater und seine Brüder und seine Schwester und an mich. Mir kommen
selbst jetzt noch die Tränen, wenn ich daran denke. Ich habe damals
tagelang geweint. Das haben wir alle. Er wußte nicht einmal, daß
seine Brüder bereits gefallen waren.«
Unwillkürlich verfielen
wir beide in Schweigen. Das sagte so viel mehr, als ein routinemäßig
aufgesagter Kondolenzspruch je sagen konnte.
»Aber ich muß
zugeben, daß Mr. Crystal von Anfang an Gefallen an der kleinen Fleur
fand. Er versuchte Estes dabei zu helfen, Fleur ein Ziel zu geben. Ich
glaube, es ist vor allem ihm zu verdanken, daß Fleur es mit der
Schwesternschule wenigstens versucht hat. Wußten Sie, daß sie
eine Schwesternausbildung angefangen hatte?«
Ich nickte.
Sie fuhr fort: »Aber
natürlich mangelte es ihr an
Weitere Kostenlose Bücher