Wilde Rosen auf Mallorca
konnte sie ihm im Augenblick nicht sagen.
“Wird Liam heute Abend mit uns essen?” fragte Janet sie, als sie später an diesem Abend heimkam.
Wie sollte sie das wissen, da sie ihn den ganzen Tag nicht gesehen hatte? Er hatte nicht einmal mit Diana gesprochen. Nicht, dass diese wegen seiner Abwesenheit beunruhigt gewesen wäre. Diana schien gern allein zu arbeiten.
Die beiden Frauen waren nicht dazu gekommen, gemeinsam ein schnelles Mittagessen einzunehmen. Juliet steckte jetzt wieder mitten in ihrer Arbeit, und Diana ging noch immer die Unterlagen in Williams Büro durch.
“Ich habe keine Ahnung”, erwiderte Juliet. “Liam informiert mich nicht über das, was er tut.”
“Das hat er nie getan.” Janet schüttelte mitfühlend den Kopf. “Er war immer der unabhängigere der beiden Jungen.”
Jungen? Wieder fiel es Juliet schwer, sich Liam als Jungen vorzustellen.
Janet lachte, als sie ihren Gesichtsausdruck bemerkte. “Ich sehe ihn nie anders!” sagte sie lächelnd. “Er war ein spitzbübischer kleiner Teufel.” Ihre Miene verdüsterte sich leicht. “Bis Simon geboren wurde.”
Juliet versteifte sich ein wenig bei der Erwähnung ihres verstorbenen Verlobten. Sie hatte mit Janet nie über Simon gesprochen. Tatsächlich hatte sie seit seinem Tod überhaupt nicht über ihn gesprochen. Sie war sich nicht sicher, ob das gut war oder nicht. Sie wusste nur, dass sie es zu schmerzlich fand, über ihn zu reden.
Dennoch war sie an dieser Unterhaltung interessiert. “Wie wirkte sich das auf Liam aus?” Sie runzelte die Stirn. Da sie selbst keine Geschwister hatte und auch sonst keine Familie, war das für sie unbekanntes Territorium.
Janet zuckte die Schultern. “Nun ja, seine Mutter starb. So verbesserte das die Situation nicht. Und Mr. William liebte das Baby abgöttisch, was auch nicht half, und so …”
“Liam und Simon kamen nicht miteinander aus”, vermutete Juliet.
“Ich würde nicht sagen, dass sie als Kinder nicht miteinander auskamen”, sagte Janet langsam. “Liam war schließlich fünf, als Simon geboren wurde – bereits auf der Schule und hatte seine Freunde. Erst als sie größer wurden, zeigte sich die Abneigung deutlicher.” Sie schüttelte traurig den Kopf. “Als die beiden dann Teenager waren, gab es offenen Krieg.”
Liam hatte also einen Groll auf seinen jüngeren Bruder gehabt. Aus seinem Verhalten gegenüber Simon hatte sie geschlossen, dass es keine Liebe zwischen den Brüdern gegeben hatte, und genau das hatte Janet gerade bestätigt.
“Es war sehr schwer für Mr. William.” Janet seufzte schwer.
“Er liebte seine beiden Söhne …”
“Das ist fraglich, Janet!” fiel eine schroffe, ärgerliche Stimme ein. Beide Frauen drehten sich um und sahen, dass Liam das Haus unbemerkt betreten hatte.
Janet errötete, weil sie dabei überrascht worden war, dass sie so über ihn sprach, und Juliet musste zugeben, dass sie mit sich auch nicht allzu glücklich war. Sie war sich sicher, dass Liams Bemerkungen letzte Nacht, wonach sie nicht über ihn oder seine Privatangelegenheiten reden sollte, nicht nur Diana, sondern auch Janet betrafen!
Er trat energisch in die Eingangshalle und schloss die Tür heftig hinter sich. “Wir nehmen den Kaffee im Arbeitszimmer meines Vaters, Janet”, sagte er eisig zu der Haushälterin. “Im Arbeitszimmer, Juliet!” erklärte er mit drohender Miene, während er an ihr vorbeiging. Janet machte ein gequältes Gesicht. “Ach je!” seufzte sie und schaute Liam schuldbewusst nach.
“Machen Sie sich keine Sorgen!” sagte Juliet leise und drückte sanft ihren Arm. “Wir haben nichts Falsches getan.” Obwohl sie bezweifelte, dass Liam das auch so sah.
Janet schüttelte bedauernd den Kopf. “Ich kenne diesen Blick”, sagte sie und schnitt eine Grimasse. “Sein Vater hatte einen …” Sie brach verlegen ab. “Liam war immer so störrisch wie ein Maultier. Und es wird ihm nicht gefallen, dass wir über ihn gesprochen haben.”
“Es wird schon gut werden”, versicherte Juliet ihr mit mehr Zuversicht, als sie tatsächlich empfand. Liam war wütend, und wenn sie ihn noch länger warten ließe, würde das seine Stimmung weiter verschlechtern. “Gehen Sie und holen Sie den Kaffee! Ich werde mit ihm reden.” Sie lächelte die ältere Frau beruhigend an.
Juliet atmete tief ein und folgte Liam zum Arbeitszimmer. Sie bebte fast vor Nervosität, als sie den Raum betrat und Liam hinter dem Schreibtisch in Williams Sessel sitzen sah. Sein
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