Wind des Südens
zusammenzureimen, um zu verstehen, dass die Frau nach ihren schmerzlichen Erlebnissen die Öffentlichkeit scheute … »Ständig starren die Leute mich an und stellen peinliche Fragen.«
Aus dem gleichen Grund verabscheute sie auch das Leben im Hotel.
»Und deshalb sind Sie weggelaufen?«
Constance nickte.
»War Ihnen denn nicht klar, dass die gesamte Stadt nach Ihnen suchen würde? Dass Suchtrupps überall nachforschen würden?« Mit einiger Mühe gelang es Eleanor, ein gutes Wort für ihren alten Feind zu finden. »Lyle macht sich große Sorgen, meine Liebe. Sehr große Sorgen.«
»Warum? Mir geht es gut hier.«
»Aber nein. Hier werden Sie verhungern, haben Sie das schon vergessen?«
»Nicht, wenn Sie mir Tee und etwas zu essen besorgen. Bitte, Mrs. Plummer, lassen Sie mich hier bleiben. Ich habe Sie und Mr. Field hier gesehen und hätte Sie da schon fragen können, aber …«
»Das Haus gehört mir nicht, Constance. Sie begehen Hausfriedensbruch. Sie können hier nicht bleiben. Wir beide müssen jetzt gehen.«
»Nein. Ich gehe nicht zurück ins Hotel. Ich gehe nicht.«
»Oje, was soll ich nur mit Ihnen machen?«
Constance saß schmollend da, während Eleanor sich auf der Suche nach einer Lösung den Kopf zerbrach. »Was haben Sie hier überhaupt gemacht?«
»Auf meinen Spaziergängen hatte ich das Haus gesehen, und es sah so hübsch aus. Ein paar Mal habe ich mich hineingeschlichen und mich umgesehen, und als es passierte und ich weglaufen musste, da wusste ich, dass ich hier glücklich sein könnte.«
»O Gott, als was passierte?«
»Nichts.«
Eleanor hätte sie im Haus zurücklassen und Hilfe, am liebsten die Polizei, holen können, aber sie fürchtete, dass Constance dann wieder fortlief und dieses Mal in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnte. Hinter dem Grundstück fing das Buschland an …
»Sehr schön, ich weiß, wohin wir gehen können, um eine Tasse Tee zu bekommen«, sagte Eleanor. »Zwar ist er überaus aufdringlich, aber er ist ein guter Mensch. Wir gehen zu Mr. Field, drüben an der nächsten Straße. Kommen Sie.« Sie stand bereits wieder. »Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Nein, weiß Gott nicht«, sagte sie zu sich selbst und half Constance die Stufen hinunter. »Mrs. Horwood, die zweite Mrs. Horwood, ist schwach und benommen vor Hunger und gehört in ein Krankenhaus.«
Jesses Haushälterin kreischte vor Freude, als sie Mrs. Horwood erkannte, und nachdem sie den Frauen Tee und Käsebrötchen serviert hatte, die Constance unverzüglich verschlang, eilte sie davon, um ihren Arbeitgeber zu holen.
»Bitte noch kein Sterbenswörtchen zu irgendwem außer ihm«, mahnte Eleanor, doch ihre Bitte stieß offenbar auf taube Ohren. Kurz nachdem Jesse heimgekommen war, folgte Lyle Horwood mit Sergeant Connor und dem Arzt, und trotz Eleanors Bitte, sich Constance behutsam zu nähern, fielen die drei Männer geradezu über sie her.
Eleanor seufzte und sah zu, wie Constance sich schreiend in eine Zimmerecke drückte, sich weigerte, mit ihrem Mann zu reden, sich weigerte, mit einem der beiden anderen Männer zu reden.
Als sie versuchten, sie zu beruhigen, rief Constance nach Eleanor. »Mrs. Plummer, helfen Sie mir!«
»Kann sie sich irgendwo hinlegen?«, wandte Eleanor sich an Jesse, der sie rasch in sein Schlafzimmer führte.
»Ich habe nur ein Schlafzimmer«, entschuldigte er sich. »Aber hier kann sie sich ausruhen. Übrigens, bevor ich es vergesse: Kincaid ist einverstanden, dass Sie das Haus mieten.«
»Oh! Wunderbar!«
Irgendwann schlief Constance ein und blieb ruhig, und Eleanor ging zurück zu den Männern, um zu sehen, was dort vor sich ging.
»Ich hatte Sie doch gebeten, sie nicht zu erschrecken«, sagte sie. »Mrs. Horwood muss ins Krankenhaus.«
»Ausgeschlossen«, sagte der Arzt. »So krank ist sie nicht. Unser Buschkrankenhaus kann es sich nicht leisten, Kurgäste aufzunehmen. Wir sind hier nicht in der Schweiz. Vielleicht finden Sie in Brisbane ein Sanatorium, Mr. Horwood, in dem Ihre Frau Ruhe und gesunde Ernährung erhält.«
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