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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Vaters ein?«
    »Es ist kein Unternehmen mehr da«, bekannte Charley freimütig. »Ich bin quasi auf mich allein gestellt.«
    Mr. Dickey dachte einen Moment lang nach.
    »Wenn Sie noch keine anderen Pläne haben, warum kommen Sie dann nicht irgendwann diese Woche mal zu mir ins Büro. Ich habe einen kleinen Vorschlag, der Sie interessieren könnte.«
    Der Gedanke, dass Diana dies alles wahrscheinlich arrangiert hatte, ärgerte Charley. Er brauchte keine Almosen. Er war nicht verkrüppelt, und der Krieg war seit fünf Jahren vorbei. So redete heutzutage niemand mehr.
    Im Erdgeschoss waren überall Tische für das Essen aufgestellt, das auf den Tanz folgen sollte, deswegen aßen Charley und Diana mit Mr. und Mrs. Dickey oben in der Bibliothek zu Abend. Es war eine ungemütliche Mahlzeit, bei der Mr. Dickey das Wort führte und Diana die Pausen mit nervöser Heiterkeit überspielte. Charley war froh, als es vorbei war und er mit Diana bei einbrechender Dunkelheit auf der Veranda stand.
    »Charley –« Sie neigte sich zu ihm und berührte ihn sanft am Arm. »Fahr noch nicht nach New York zurück. Bleib ein paar Tage bei mir. Ich möchte mit dir reden, aber ich fürchte, solange hier eine Party gefeiert wird, geht das nicht so gut.«
    »Ich kann ja wiederkommen – an einem der nächsten Tage«, sagte er ausweichend.
    »Warum nicht bleiben?«
    »Ich habe versprochen, um elf zurück zu sein.«
    »Um elf?« Sie sah ihn vorwurfsvoll an. »Bist du diesem Mädchen Rechenschaft über deine Abende schuldig?«
    »Ich mag sie«, erwiderte er trotzig. »Ich bin kein Kind, Diamond Dick, und ich finde dein Benehmen ziemlich dreist. Ich dachte, du hättest schon vor fünf Jahren aufgehört, dich für mein Leben zu interessieren.«
    »Du bleibst also nicht?«
    »Nein.«
    »Na schön – dann haben wir nur eine Stunde Zeit. Lass uns hier weggehen und uns auf die Mauer am Sund setzen.«
    Seite an Seite machten sie sich auf den Weg durch das dunkle Dämmerlicht und die von Salz und Rosenduft geschwängerte Luft.
    »Weißt du noch, wie wir das letzte Mal zusammen spazieren gegangen sind?«, flüsterte sie
    »Also – nein. Ich glaube nicht. Wo war das?«
    »Das spielt keine Rolle – wenn du es vergessen hast.«
    Als sie das Ufer erreicht hatten, schwang sie sich auf die niedrige Mauer, die das Wasser begrenzte.
    »Es ist Frühling, Charley.«
    »Wieder mal Frühling.«
    »Nein – nur Frühling. Wenn du ›wieder mal Frühling‹ sagst, bedeutet das, dass du alt wirst.« Sie zögerte. »Charley –«
    »Ja, Diamond Dick.«
    »Ich habe fünf Jahre darauf gewartet, so mit dir reden zu können.«
    Als sie aus dem Augenwinkel zu ihm hinüberblickte, sah sie, dass er die Stirn runzelte, und änderte ihren Tonfall.
    »Was willst du denn jetzt tun, Charley?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ein bisschen Geld übrig und brauche noch eine Zeitlang gar nichts zu tun. In die Geschäftswelt scheine ich ja nicht besonders gut zu passen.«
    »Nicht so wie in den Krieg, meinst du.«
    »Ja.« Er wandte sich ihr mit plötzlich aufflackerndem Interesse zu. »Da habe ich hingehört – in den Krieg. Es mag seltsam klingen, so etwas zu sagen, aber ich glaube, ich werde diese Tage immer als die glücklichsten meines Lebens in Erinnerung behalten.«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte sie langsam. »Etwas so Intensives, so Dramatisches wird unsere Generation wohl nicht noch einmal erleben.«
    Sie schwiegen einen Augenblick. Als er wieder zu sprechen begann, zitterte seine Stimme ein wenig.
    »Es ist etwas darin verlorengegangen – ein Teil von mir –, und das werde ich nie wiederfinden, egal wie sehr ich danach suche. Auf gewisse Weise war es mein Krieg, verstehst du, und man kann nicht recht hassen, was so zu einem gehört hat.« Unvermittelt wandte er sich ihr zu. »Lass uns ehrlich sein, Diamond Dick – wir haben uns einmal geliebt, und es kommt mir – es kommt mir töricht vor, nun so mit dir auf der Stelle zu treten.«
    Sie holte tief Luft.
    »Ja«, sagte sie matt, »lass uns ehrlich sein.«
    »Ich weiß, was du vorhast, und ich weiß, dass du mir damit einen Gefallen tun willst. Aber das Leben fängt nicht wieder von vorne an, wenn ein Mann in einer Frühlingsnacht mit einer alten Liebe spricht.«
    »Ich will dir keinen Gefallen tun.«
    Er sah sie aufmerksam an.
    »Du lügst, Diamond Dick. Aber – selbst wenn du mich heute liebtest, würde es keine Rolle spielen. Ich bin nicht mehr der, der ich vor fünf Jahren war – ich bin ein anderer

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