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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hastig und war nun auch böse, mag Sie darum nicht leiden, weil sie die Ricken schießen, wenn sie tragend sind …
    Ich muß für Fleisch sorgen, wenn die Kinder Hunger haben, sagte der Mann. Jetzt aber mußt du still sein und mich reden lassen. Ich aber finde, daß der Fidde ein gemeiner Hund ist, weil er seine Schulden nicht bezahlt.
    Er sieht sie an. Plötzlich fängt er an, ihr zuzuzwinkern, als grinsten sie beide über eine Sache, die nur sie wüßten.
    Warum hat sich wohl der Schmied am Sparren aufgebaumelt, daß ihm die Zunge einen halben Meter blaurot aus dem Maule hing?
    Er machte eine Pause und starrte Christiane an. Auch Johannes starrte Christiane atemlos an.
    Es ist so still in der Kajüte, daß man eine Rahe oben knarren hört und das Plätschern der Wellen am Bullauge.
    Der Bullenberger sagt langsam: Weil er pleite war, der Schmied.
    Er macht wieder eine Pause und starrt das Mädchen unverwandt an. Dann sagt er langsam: Und warum pleite? Weil der Herr Graf seit zwei Jahren seinen Beschlag nicht bezahlt hat. Über zweitausend Mark hat er zu kriegen gehabt von dem Fidde …
    Er beobachtet aufmerksam die Wirkung seiner Worte. Dann fängt er an, auf den Tisch zu trommeln. Na, hat’s die Witwe gekriegt. Die Toten bezahlt man, Ehrensache. – Nun ist als nächster der Stellmacher dran. Hat auch an die zweitausend zu kriegen …
    Er ruckt unmutig an seinem Tisch hin und her.
    Wenn Sie denken, daß Papa davon weiß, sagt Christiane, und ihre Stimme zittert kein bißchen, so irren Sie sich. Das macht alles der Rendant Wedemeier.
    Aber dein Papa müßte es wissen, sagt der Bullenberger düster. Nicht der Rendant, dein Vater hat die Schulden gemacht.
    Sie können mich gerne wieder auf eine Eisscholle setzen, sagt Christiane und richtet sich mit einem Ruck gerade auf. |175| Ich glaube nicht, daß Papa es sehr gerne möchte, daß Sie mich retten.
    Der Mann lacht. Es ist ein sehr böses Lachen. Es wird ihm nichts helfen, sagt der Bullenberger, er wird mir danken müssen. Ich werde dich und deinen Gäntschow an den Strand setzen, und in drei, vier Tagen, wenn ich wieder zurück bin, werde ich bei ihm antreten, und …
    Er bricht ab, als überlegte er etwas. Nein, sagt er langsam, so ist es besser. Nicht wahr, wir haben heute Montag?
    Die nicken.
    Also am Freitag kommst du zu mir auf den Bullenberghof und bringst mir zweitausend Mark. Lebensrettungsprämie, verstehst du?
    Sie nickt aufmerksam.
    Dann braucht er mir nicht dankbar zu sein. Erzähl ihm was, von meinem Risiko, daß ich wieder zurückgefahren bin deinetwegen, mit all der Paschware an Bord, und wenn die Sonne aufgeht, bin ich noch in Sicht von den verdammten Zollwanzen. Schwer … schwer … Er schüttelt den Kopf. Aber daß du allein kommst, sagt er heftig, höchstens mit dem Bengel da!
    Sie nickt wieder.
    Dann bin ich glatt mit ihm, sagt der Bullenberger und winkt mit dem Kopf hinaus. Aber mit dir bin ich nicht glatt. Verstehst du das, Fräulein Gräfin?
    Sie nickt wieder. Die Lippen sind ein schmaler Strich in ihrem Gesicht.
    Nein, sagt er wieder und schüttelt den Kopf und sieht vor sich hin auf die zerschnitzelte Tischplatte. Sie versteht es. Mit dir bin ich nicht glatt.
    Er hat sie beide wohl fast vergessen, aber dann hört er doch, wie sie sehr leise fragt: Und was soll ich tun? Sie macht eine Pause. Sie fragt: Soll ich sorgen, daß die Schulden bezahlt werden?
    Er nickt ihr vom Tisch zu. Nicht dumm, sagt er. Erfaßt was. Aber … sagt er und sieht sie groß an, was gehen mich Fiddes Schulden an? Du wirst auch schon so daran denken. Man ist |176| so veranlagt oder man ist nicht so veranlagt. Du bist’s aber – ach Schiet! sagt er ärgerlich und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. Was wir beide noch haben, das haben wir beide allein. Du sollst daran denken, verstehst du, daß du mir noch was schuldig bist. Was, weiß ich nicht. Vielleicht mahne ich dich nie. Aber vielleicht mahne ich dich doch mal. Nur nicht vergessen sollst du es, verstehst du?
    Sie nickt wieder.
    Na gut, sagt er, das ist also in Ordnung. Er sieht sich in der Kajüte um. Ihr kriegt gleich einen Grog von Martin, wenn ich ihn ablöse. Jetzt seid ihr lange genug in der Wärme. Ihr werdet ihn bei euch behalten. Jetzt hör du zu, Strohdach, Gäntschow, kennst du Rehberg Ort?
    Der Junge schüttelt den Kopf.
    Doch, du kennst es, beharrt der Bullenberger. Du weißt wenigstens, wo es ist. Hör zu. Erst kommt Möwen Ort. Dann kommt der Bullenberg. Dann kommt Trepitz, dann kommt

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