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Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede

Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede

Titel: Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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wie der Körper sich auf diese Weise verändert, auch wenn diese Veränderungen etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen als in meiner Jugend. Für etwas, das ich früher in einem Monat geschafft habe, brauche ich jetzt drei. Meine Ausdauer lässt zusehends nach, und meine Trainingserfolge werden geringer, aber dagegen bin ich machtlos. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich damit abzufinden und zu tun, was ich kann. Einer meiner Lebensgrundsätze. Außerdem sollte man den Wert seines Daseins nicht nur daran messen, wie erfolgreich oder erfolglos man ist. In meinem Fitness-Studio in Tokyo hängt ein Plakat: »Muskeln sind schwer zu bekommen, aber leicht zu verlieren. Fett ist leicht zu bekommen, aber schwer zu verlieren.« Traurig, aber wahr.
    Nachdem sich also der August mit einem Winken (es sah wirklich so aus, als ob er winkte) verabschiedet hat und es September geworden ist, werde ich meinen Trainingsstil ändern. In den vergangenen drei Monaten habe ich vor allem versucht, Distanzen runterzureißen; ohne mir viele Gedanken zu machen, bin ich jeden Tag ernsthaft gelaufen und habe mich bemüht, mein Tempo zu steigern. So habe ich allgemein Kraft aufgebaut. Ich gewann an Ausdauer, baute Muskulatur auf, motivierte mich mental und körperlich und steigerte meine Willenskraft. Dabei ist es wichtig, dem Körper unmissverständlich klarzumachen, dass die ganze Strapaze einen guten Grund hat. »Unmissverständlich klarmachen« ist natürlich ein bildlicher Ausdruck. Man kann reden, soviel man will, der Körper wird nicht so leicht darauf hören. Er ist ein extrem praktisch orientiertes System. Man muss ihn über längere Zeit immer wieder konkretem Unbehagen aussetzen, erst dann kapiert er die Botschaft. In der Folge wird er das gesteigerte Training akzeptieren (wenn auch vielleicht nicht willig). Daraufhin hebt man ganz allmählich die Obergrenze der Trainingsintensität an. Dies muss stufenweise geschehen, sonst riskiert man einen Zusammenbruch.
    Nun da der September begonnen hat und es nur noch zwei Monate bis zum New York City Marathon sind, tritt mein Training in eine Phase der Feinabstimmung ein. Durch Akzentuierung – lang oder kurz, leicht oder schwer – wechsle ich von »Quantität« zu »Qualität«. Das Ziel ist, etwa einen Monat vor dem Rennen den Höhepunkt der Erschöpfung zu erreichen. Eine wichtige Phase. Um Fortschritte zu machen, muss ich intensiv mit meinem Körper kommunizieren.
    Anders als im August, als ich die ganze Zeit an einem Ort, also in Kauai, trainieren konnte, habe ich im September zwei lange Reisen vor mir. Ich fliege nach Japan und von dort nach Boston. In Japan werde ich zu beschäftigt sein, um mich so stark wie bisher aufs Laufen zu konzentrieren. Ich werde das Verpasste jedoch durch ein wirkungsvolles Trainingsprogramm ausgleichen.
    Eigentlich möchte ich gar nicht darüber sprechen (am liebsten würde ich es ganz hinten im Schrank verstecken), aber mein letzter Marathonlauf war einfach niederschmetternd. Ich bin schon viele Rennen gelaufen, aber zum ersten Mal habe ich derart versagt. Die Katastrophe spielte sich in der Präfektur Chiba ab.
    Bis Kilometer 30 konnte ich mein Tempo einigermaßen halten und rechnete mit einer recht anständigen Zeit. Meine Ausdauer war nicht erschöpft, und ich war fast sicher, die restliche Strecke problemlos schaffen zu können. Just in diesem Moment verweigerten mir meine Beine den Dienst. Ich bekam einen Krampf, er wurde immer heftiger, und bald konnte ich gar nicht mehr laufen. Ich versuchte zu dehnen, aber die Rückseite meines Oberschenkels zitterte stark, sie sah seltsam verformt aus, und das Bein gehorchte mir nicht. Ich konnte nicht einmal mehr stehen, und ehe ich mich versah, hockte ich am Straßenrand. Auch bei anderen Läufen hatte ich schon Krämpfe gehabt, aber nach ein paar Dehnübungen waren meine Muskeln binnen fünf Minuten wieder im normalen Zustand, sodass ich weiterlaufen konnte. Aber diesmal war es nicht so einfach. Die Zeit verging, nicht aber der Krampf. Immer wenn ich glaubte, er hätte sich gebessert, und mich in Bewegung setzte, ging es von neuem los. Es endete damit, dass ich die letzten etwa fünf Kilometer gehen musste. Es war das erste Mal, dass ich bei einem Marathon ins Ziel ging, statt zu laufen. Bis dahin war es stets eine Frage der Ehre für mich gewesen, niemals zu gehen, ganz gleich, wie schwer es mir fiel. Ein Marathon ist schließlich ein Rennen und kein Spaziergang. Aber damals fiel mir sogar das Gehen

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