WoW 01 - Aufstieg der Horde
aus der Nähe zu betrachten statt wie sonst aus der Ferne. Er wartete darauf, die Anzeichen einer Stadt zu erblicken, Straßen, die von zahlreichen Füßen geschaffen waren, Feuer, die den Pfad beleuchten, die Silhouetten von Gebäuden gegen den dunklen Himmel – doch da war nichts. Und als sie weiterliefen, spürte er Angst in sich aufsteigen.
Was, wenn die Draenei gar nicht vorhatten, ihm und Orgrim zu helfen? Was, wenn sie sie gefangen nehmen wollten, um sie gegen ein Lösegeld eintauschen? Was, wenn sie sogar noch Schlimmeres vorhatten, sie einem dunklen Gott opfern oder...
»Da sind wir!«, sagte Restalaan und kniete sich nieder, wobei er ein paar Blätter und Tannennadeln beiseite schob. Orgrim und Durotan tauschten verwirrte Blicke. Sie waren immer noch mitten im Wald. Keine Stadt, keine Straßen, gar nichts. Die Orcs stellten sich dichter zusammen. Sicherlich waren sie unterlegen, aber sie würden nicht kampflos sterben.
Immer noch auf dem Nadelteppich kniend, legte Restalaan einen schönen grünen Kristall frei, der sorgfältig unter gewöhnlichem Geröll verborgen gewesen war. Durotan schaute fasziniert zu. Die Schönheit des Steins nahm ihn völlig gefangen. Er passte genau in seine Handflächen, und er brannte darauf, ihn zu berühren, die Glätte zu spüren, das seltsame Pulsieren auf seiner Haut. Irgendwie wusste er, dass der Stein eine Ruhe verströmte, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte.
Restalaan sprach eine Reihe von Lauten, die sich in Durotans Hirn einbrannten.
»Kehla men samir, solay lamaakahl.
“
Der Wald begann zu schimmern, als wäre er nur eine Spiegelung auf der Oberfläche eines Sees, in den ein Stein geworfen worden war. Unvermittelt schnappte der junge Orc nach Luft. Das Leuchten wurde intensiver, und auf einmal gab es keinen Wald, keine Bäume mehr, dafür aber eine große gepflasterte Straße, die an einer Seite des Berges hinaufführte.
»Wir sind hier im Herzen des Ogerlandes, obwohl es das noch nicht war, als die Stadt vor langer Zeit erbaut wurde«, sagte Restalaan. »Wenn uns die Oger nicht sehen können, können sie uns auch nicht angreifen.«
Durotan fand endlich seine Sprache wieder. »Aber... wie?«
»Eine einfache Illusion, mehr nicht. Eine Lichtspiegelung.«
Irgendetwas an der Art, wie er das sagte, ließ Durotans Haut prickeln.
Als er den verwirrten Gesichtsausdruck des Orcs sah, ergänzte Restalaan: »Dem Auge kann man nicht immer trauen. Wer kann schon davon ausgehen, dass alles, was er sieht, auch so ist? Dass ihm das Licht alles offenbart, zu jeder Zeit? Denn Licht und Schatten können manipuliert werden, verändert, von denen, die wissen, wie es geht. Durch die magischen Worte und das Berühren des Kristalls habe ich den Lichtfall auf die Steine, die Bäume und die Landschaft geändert.
Und so entdeckt das Auge plötzlich etwas völlig anderes, als es zuvor zu sehen meinte.«
Durotan wusste, dass er immer noch dümmlich starrte. Restalaan lachte leicht. »Kommt, meine neuen Freunde. Kommt dorthin, wo noch niemand eures Volkes zuvor war. Begeht die Straßen meiner Heimat.«
Drei
Drek'Thar hatte in Zeiten des Friedens die Städte der Draenei nie gesehen. Er sah sie erst, als... nun, ich greife mir selbst vor. Aber er erzählte mir, dass mein Vater über ihre erleuchteten Straßen gegangen war, ihr Essen gegessen, in ihren Gebäuden geschlafen und mit ihnen gesprochen hatte. Er hatte einen Blick in eine Welt geworfen, die so anders war als – unsere eigene, dass es noch immer schwerfällt, sie sich vorzustellen. Sogar die Länder der Kaldorei sind mir nicht so fremd wie all das, was ich von den Draenei gehört habe. Drek'Thar sagte, dass Durotan nicht die passenden Worte kannte, um zu beschreiben, was er sah. Vielleicht könnte er es heute, würde er in dem Land leben, das seinen Namen trägt.
Aber das tut er nicht, und das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack bei der Geschichte.
Durotan konnte sich nicht rühren. Es war, als hätte sich ein rätselhaftes Netz aus strahlender Energie um ihn gezogen, und er konnte sich nicht dagegen wehren. Er beobachtete, während sein Mund leicht offen stand, und versuchte zu verstehen, was seine Augen ihm offenbarten.
Die Stadt der Draenei war herrlich. Sie lag an der Flanke des Berges, als wäre sie daraus entsprungen. Für Durotans Augen war es die perfekte Verbindung von Stein und Metall, von Natur und Künstlichem. Er wusste nicht genau, was er sah, aber er erkannte es als
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