Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
und zwar auf übelste Art und Weise. Ihr solltet nicht vergessen, wer Eure Freunde sind. Ihr könnt nicht ernsthaft vorhaben, die alte Charta zu stützen. Sie bietet uns keine Vorteile. Ihr könnt doch sicher mehr für uns herausschlagen.« Er stellte die Tasse auf die Untertasse zurück.
»Nach allem, was wir für Euch getan haben«, erinnerte er sie anzüglich.
Serilla trank nachdenklich einen Schluck Tee. Sie saßen im Arbeitszimmer von Davads Haus. Die chalcedeanischen Plünderer hatten den Ostflügel zwar in Brand gesetzt, aber dieser Teil des Hauses war noch bewohnbar. Serilla lächelte.
Ihre Tasse war nicht zerbrochen. Das war zwar nur ein schwacher Trost, aber trotzdem befriedigte es sie. Serilla hatte keine Angst mehr, sich Mingsleh zu widersetzen. Gleichmütig sah sie ihn an. Es wurde Zeit, dem Neuen Händler seine Grenzen aufzuzeigen. »Ich habe allerdings vor, die alte Charta wieder einzusetzen. Zudem werde ich vorschlagen, sie als Grundlage für das Neue Bingtown zu betrachten.« Sie lächelte ihn strahlend an, als wäre ihr gerade eine brillante Idee gekommen. »Wenn Ihr bereit wärt, ebenfalls den Regenwildfluss hinaufzugehen, würden Euch die Regenwildhändler möglicherweise denselben Status anbieten wie den Tätowierten. Natürlich unter denselben Bedingungen. Ihr müsstet Eure rechtmäßigen Töchter und Söhne mitnehmen.
Wenn sie dann in Regenwildfamilien einheiraten, werden auch sie zu Händlern.«
Mingsleh sprang entsetzt vom Tisch zurück, zog ein Taschentuch heraus und tupfte sich die Lippen ab. »Allein die Vorstellung ist entsetzlich. Gefährtin, wollt Ihr mich verhöhnen?«
»Ganz und gar nicht. Ich sage nur, dass die so genannten Neuen Händler sich am besten mit den anderen an den Verhandlungstisch setzen sollten. Und sie müssen natürlich auch begreifen, dass sie wie alle anderen bestimmte Bedingungen anzuerkennen haben, wenn sie selbst dort akzeptiert werden wollen.«
Seine Augen blitzten. »Dort akzeptiert werden? Wir haben das Recht, hier zu sein. Wir verfügen über Verträge, von Satrap Cosgo persönlich unterzeichnet, und in ihnen gewährt er uns Land und…«
»Verträge, die Ihr ihm abgekauft habt, gegen horrende Bestechungsgelder und Geschenke. Denn Ihr wusstet, dass Ihr nur durch Bestechungen solche Verträge bekommen würdet. Was er Euch nicht legal geben konnte, habt Ihr Euch von ihm erkauft. Diese Landschenkungen fußen auf Ehrlosigkeit und auf gebrochenen Versprechen.« Sie trank erneut einen Schluck Tee. »Ansonsten wärt Ihr auch kaum bereit gewesen, so viel dafür zu bezahlen. Aber Ihr habt Euch Lügen gekauft, ›Neuer Händler‹ Mingsleh. Jetzt jedoch herrscht die Wahrheit in Bingtown. Und diese Wahrheit besagt, dass die Drei-Schiffe-Immigranten ein verbrieftes Recht besitzen, hier zu sein. Sie haben das mit den Bingtown-Händlern ausgehandelt, als sie hierher gekommen sind. Und letzte Nacht haben sie noch mehr ausgehandelt. Man wird ihnen als Anerkennung für ihren Kampf gegen die chalcedeanischen Invasoren Land und Stimmrecht im Konzil gewähren. Natürlich werden sie damit nicht zu Bingtown-Händlern werden. Das heißt, so lange sie nicht in diese Familien einheiraten. Aber ich denke, dass diese Bingtown-Händler bald nur noch eine zeremonielle Art von Aristokratie sein werden, keine wirklich herrschende Klasse. Darüber hinaus scheinen die Drei-Schiffe-Immigranten auch nicht ungern Drei-Schiffe-Familien zu bleiben. Diejenigen der Tätowierten, die in Bingtown geblieben sind, statt in die Regenwildnis zu ziehen, bekommen ebenfalls Gelegenheit, eigenes Land zu erwerben, indem sie mithelfen, Bingtown wieder aufzubauen. Alle diejenigen, die das tun, bekommen zusammen mit dem Land das Stimmrecht und stehen so mit den anderen Landbesitzern auf der gleichen Stufe.«
»Ach so, na gut.« Mingsleh lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und legte zufrieden die Hände auf den Bauch. »Das hättet Ihr zuerst erzählen sollen. Wenn Stimmrecht und die Kontrolle der Stadt von Landbesitz abhängig sind, haben wir Neuen Händler nichts zu befürchten.«
»Sicherlich, das stimmt. Allerdings nur, nachdem Ihr auf legale Weise Land erworben habt. Dann wird man Euch ebenfalls erlauben, im Konzil Eure Stimme zu erheben.«
Mingsleh lief rot an, und Serilla befürchtete schon, dass er zusammenbrechen würde. Als er sprach, zischten die Worte aus seinem Mund wie Dampf aus einem kochenden Wasserkessel. »Ihr habt uns verraten!«
»Wie hätte ich Euch wohl dienen sollen? Ihr habt
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