Zerbrochene Traeume
Ende der
Leitung: „Jennifer, was willst du noch? Hat dir die letzte Nacht denn immer
noch nicht gereicht? Wie weit willst du noch gehen?“
„Hör mir doch mal zu! Zusammen
können wir es schaffen!“
„Was denn schaffen, Jennifer?“
Mittlerweile sprach Donna in einem energischen Ton.
„Da heraus zu kommen, verdammt
noch mal! Ich kann doch nicht weitermachen, mit dem Zeug! Vielleicht kannst du
es ja, aber ich kann es nicht! Ich bin noch so jung! Und so habe ich mir mein
Leben nicht vorgestellt!“
Donna lachte: „Was für ein Zufall,
da scheint sich dein Leben wohl seine eigenen Wege gebahnt zu haben!“
„Hör auf, zu lachen! Ich brauche
deine Hilfe, Donna! Allein schaff ich es nicht!“
Doch sie antwortete mir nur in
einem höhnischen Tonfall: „Was, du erwartest von mir, dass ich dir helfe, dort
herauszukommen? Mein liebes Kind, ich habe dich da rein gebracht! Mach die
Augen auf! Und noch etwas: Wenn du morgen nicht erscheinst, wird deine
Schwester dafür bezahlen!“
Als ich ihre Worte nicht länger
ertragen konnte, knallte ich den Hörer auf. Doch schon bald verschwand der
Ärger und ich empfand Mitleid für Donna. Dieses Leben als Prostituierte schien
alles Leben und jede Menschlichkeit ausgelöscht zu haben, was je in ihr
existiert hatte.
In plötzlicher Panik schreckte ich
aus meinen Gedanken. Ich musste etwas unternehmen! Was sollte ich nur tun?
Nervös lief ich im Haus auf und ab. Ich hatte Angst, doch gleichzeitig spürte
ich Wut und Kraft in mir, die mich weiter motivierten, dem Ganzen ein Ende zu
machen. Ich musste es schaffen! Nicht nur für mich, sondern auch für die ganzen
anderen Mädchen, die in der Jörg-Hölle gefangen waren, und für alle, die folgen
würden. Wie meine Schwester. Ich fühlte mich auf der einen Seite schwach, doch
auf der anderen Seite zwang mich etwas dazu, nicht aufzugeben. Vielleicht war
es der Drang, überleben zu wollen.
Ich spielte mit dem Gedanken,
Jörgen vielleicht zu töten. Doch da würde ich mit der Strafe milder davon
kommen, wenn ich alles gestehen und Personenschutz anfordern würde. Schließlich
sah ich nur eine Möglichkeit: indem ich den Spieß umdrehte und ihm drohte! Ich
wusste, es war eine verrückte Idee, doch ich bildete mir wirklich ein, dass sie
funktionieren könnte.
20.
Mit weichen Knien und zitternden
Händen betrat ich möglichst unauffällig den Ort, den ich so zu hassen gelernt
hatte. Überall standen kleine Mädchen, die oft jünger waren als ich, und boten
sich an, mit verweinten Augen und Hoffnungslosigkeit im Gesicht. Wie grausam
mussten die Männer sein, die so ein Angebot in Anspruch nahmen?
Ich schlich mich in die Nähe des
Raums, in dem sich Jörg aufhielt, um seine Arbeiterinnen zu überwachen. Nervös
suchte ich nach dem Messer in meiner Hosentasche. Als ich vorsichtig um eine
Ecke biegen wollte, kam er mir plötzlich entgegen und rempelte mich an. Nun
standen wir uns direkt gegenüber. Mein Herz schlug immer höher, als er mich
misstrauisch fragte, was ich hier zu suchen hätte.
Schweiß perlte auf meiner Stirn,
als ich mit zitternder Stimme sagte: „Deine miesen Geschäfte sind ein für alle
Mal vorbei! Du hast keine Chance!“
Ich hörte, wie lächerlich das
klang und vermutete, dass ich schon so gut wie verloren hatte. Jörgen schien
diese Anmache überhaupt nicht witzig zu finden: „Hey, du Schlampe, du hast hier
gar nichts zu melden, und meine Geschäfte gehen dich gar nichts an! Also,
verschwinde!“
„Du mieser Idiot! Ich werde dich
so was von anschwärzen! Das wird dir alles noch leidtun!“
Nun wurde Jörgen wütend, denn wie
ich mit ihm sprach, gefiel ihm nicht: „Moment, jetzt warte mal! Komm her!“
Ich wusste, dass ich in Gefahr
schwebte, und so rannte ich, so schnell ich konnte, die Straße hinunter. Jörg
war mir dicht auf den Fersen. Als ich am Ende des Weges ankam, bemerkte ich,
dass ich in eine Sackgasse gelaufen war. Ich hielt vor einer Brüstung, an der
es weit hinunterging. Dort konnte ich unmöglich hinunter springen - es wäre
glatter Selbstmord gewesen. Ich drehte mich um und erkannte Jörgen, wie er
breit grinsend auf mich zukam: „Tja, Gänseblümchen, das ging wohl daneben! Und
weißt du, was der liebe Jörg nun mit dir macht? Er macht das, was er mit allen
macht, die ihm blöd kommen und meinen, sich als Rebellen in seinem Reich
aufspielen zu können!“
Ich erschrak, als ich das große,
scharfe, glänzende Messer erblickte, das er aus seiner hinteren Hosentasche
zog.
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