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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Heimat verteidigt gegen eine Übermacht von Feinden, und wenn damals, 1945, die intakte Armee in Schleswig-Holstein mit amerikanischer Hilfe nach Osten marschiert wäre, dann hätten wir jetzt …«
    »Vater, um Himmels willen, hör auf damit!« Werner Ritter ließ den Verschluß seiner Bierflasche aufknallen. »Wir leben jetzt in einer anderen Zeit!«
    »Ist sie besser?« schrie Major Ritter. »Gammler auf den Straßen, in den Lokalen Tänze, wo man wie ein Urwaldaffe mit dem Hintern wackeln muß, Musik, die sich anhört wie eine Katze, die sich den Schwanz eingeklemmt hat, Bilder, die ein blinder Gorilla mit Farbe bespritzt zu haben scheint, eine Literatur wie das Stammeln eines Kretins … ist das die Visitenkarte des neuen Deutschlands? Ha, im August, in Nürnberg, wirst du hören und sehen, wie das deutsche Herz noch unverfälscht schlägt! Wie sich die Beine straffen, wenn die Märsche ertönen! Wie die alte deutsche Kraft in die Augen steigt, wenn über den Häuptern die Fahnen im Wind knattern! Wir sind eben ein Volk, anders als die anderen Völker! Das germanische Erbe ist unauslöschbar!«
    Werner Ritter seufzte und ließ seinen Vater weiterreden. War Major Ritter erst einmal im Redefluß, schwamm er solange in den wogenden Wellen, bis er heiser und erschöpft war. An diesem Abend willigte Werner Ritter auch ein, eine Sitzung des Festausschusses des BUNDES DEUTSCHER DIVISIONEN zu besuchen. Er sagte ja, nur um den Alten ruhiger werden zu lassen und den Abend vor dem Fernsehschirm zu retten.
    Es wurde eine gespenstische Sitzung.
    Im Hinterzimmer der Wirtschaft ›Onkel Theodor‹ war die Rückwand mit einer alten Kriegsflagge bespannt. Davor stand ein langer, weißgedeckter Tisch, an dem das Präsidium des BdD residierte. Einzeln oder in Gruppen trafen die alten Kämpen ein, im Knopfloch die Ordensschleifchen, und stellten sich an den Wänden auf, als sollten sie ausgestellt werden. Auch Major Ritter dirigierte seinen Sohn an eine Wand und baute sich, linker Fuß vor, auf. Auf die Frage: »Warum setzen wir uns denn nicht?« zischte Major Ritter seinem Sohn zu: »Gleich kommt der General! Du kannst dich doch nicht hinsetzen, bevor der Kommandeur kommt!« Werner Ritter hob die Schultern und blieb neben seinem Vater stehen.
    Und dann ging ein Ruck durch die alten Soldaten. Eine Stimme schrie von der Tür: »Der Herr General!« Wie ein Klicken ging es durch die Reihen der Wartenden, wie das Einschnappen eines Schlosses. Verblüfft sah Werner Ritter, wie die alten Männer strammstanden, das Kinn an den Kragen drückten und die Gesäße von sich stießen. Feierliche Stille herrschte im Saal. Durch die Tür kam ein kleiner dicklicher Mann mit einer roten Nase, sah sich wohlwollend um und steuerte, begleitet von vier anderen, sehr zackig gehenden Männern, auf den weißen Tisch unter der Fahne zu.
    »v. Rendshoff …«, flüsterte Major Ritter ehrfurchtsvoll. »Eichenlaub mit Schwertern …«
    »Na und?« sagte Werner Ritter.
    Major Ritter wurde bleich wie bei einem Kreislaufkollaps. Er schielte zur Seite und schwankte leise. Unbeeindruckt von der Szene stand sein Sohn da und steckte sich eine Zigarette an. Ein Heiligtum wurde entweiht!
    »Zigarette weg!« zischte Major Ritter.
    »Warum?« fragte Werner zurück.
    »Der General …«
    »Soll ich ihm eine anbieten?«
    »Flegel!«
    Major Ritter bekam rotumränderte Augen. Sein Kehlkopf zuckte wild. Man müßte jetzt um sich schlagen dürfen, dachte er. Wahrhaftig, man müßte vortreten dürfen. »Ich bitte Herrn General um Verzeihung!« sagen und dem Bengel eine runterhauen! Er raucht, während der General noch gar nicht die Versammelten begrüßt hat! So etwas ist mein Sohn!
    »Guten Abend, Kameraden!« sagte General Rendshoff laut. Er hatte eine helle Stimme und machte zwischen jedem Wort eine kleine Pause. Es hörte sich an, als spucke er die Worte aus.
    »Guten Abend, Herr General!« donnerte die Versammlung zurück.
    »Bitte Platz zu nehmen.«
    Stühlerücken, Tischeschieben, Füßescharren. Major Ritter trat seinem Sohn auf den rechten Fuß. »Benimm dich!« sagte er mit flackernden Augen. »Mir zu Gefallen! Blamier mich nicht! Ich bin immerhin der Schatzmeister des BdD! Wenn du schon Vaterlandstreue nicht verstehst, dann benimm dich wenigstens wie ein guterzogener Mensch!«
    Eine Stunde lang hielt Werner Ritter bei der Versammlung aus. Er hörte einen Vortrag des Generals über die Kesselschlacht bei Wjasma an, wo der General das Ritterkreuz erhielt, was mit

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