Zur Liebe verurteilt
Texas kommen, um >mich mal richtig ranzunehmen<, wie sie es ausdrückte. Wenn Rowena sich etwas in den Kopf setzt, führt sie es auch aus. Sie schrieb, daß ich mich seit Vaters Tod in dem Haus hinter meinen Büchern vergraben hätte, niemals ausginge und keine Männer kennenlernte, geschweige denn einen Ehemann. Außerdem denkt sie, alles, was sie glücklich macht, müßte auch jeden anderen glücklich machen. Sie fühlt sich wohl als verheiratete Frau. Deshalb setzt sie voraus, daß ich auch gern verheiratet wäre.«
»Eine Heirat ist aber die einzige anständige Möglichkeit, zu den sechs Kindern zu kommen, die Sie sich wünschen.«
»Ach, wissen Sie, ich bin jetzt fast 30. Da ist es zu spät, noch eine Familie zu gründen.«
»Also hatte Ihre Schwester ganz recht. Sie wollen sich wirklich in ihren Büchern vergraben.« Während er das sagte, betrachtete er sie neugierig. Es war schwer, ihr augenblickliches Benehmen mit ihrem Verhalten vor wenigen Minuten in Einklang zu bringen. Jetzt benahm sie sich wieder hölzern steif. Wie ganz anders hatte sie sich gegeben, als er sie in den Armen gehalten und geküßt hatte! War er etwa wirklich im Begriff, senil zu werden? Vielleicht sollte er öfter zu Nina gehen. Doch Nina mit all ihrer Erfahrung, ihrem Gelangweiltsein und ihrer Manie, immer zur falschen Zeit das falsche Wort zu sagen, erschien ihm geradezu schmutzig im Vergleich zu Miß Lathams Frische.
»Es geht weder meine Schwester noch Sie etwas an, was ich mit meinem Leben anfange«, versetzte Dorie scharf.
Da hatte sie allerdings recht. Am besten, er ginge jetzt auch zur Tür hinaus, ohne sich noch einmal umzuschauen. Aber wann hatte er je das getan, was für ihn am besten gewesen wäre? Dann hätte er nicht mit zwölf Jahren von zu Haus ausreißen und nie einen Revolver umschnallen dürfen. Und wenn er diese magere Frau nicht aus den Händen der Bankräuber gerettet hätte, würde er jetzt nicht hier sein, hätte sie nie geküßt und dabei nie diese eigentümlichen Gefühle erfahren.
Irgend etwas an dieser Frau fesselte ihn. Möglich, daß er sich zu viel mit den falschen Frauen abgegeben hatte. Vielleicht waren alle »ehrbaren« Frauen wie Dorie? Ach nein, das konnte er nicht glauben.
Er meinte jetzt, das Problem zu erkennen. Sie war eine Herausforderung für ihn, und einer Herausforderung hatte er sich noch nie entziehen können. Man brauchte nur zu ihm zu sagen: »Cole, das bringst du nie fertig!« Dann sträubten sich seine Nackenhaare - und er tat genau das, was man ihm nicht zugetraut hätte.
Miß Latham schien seine Gedanken lesen zu können. Sie merkte, wie ein Entschluß in ihm reifte und holte tief Luft. Dann sah sie ihn so liebenswürdig an, daß Cole zum zweitenmal dachte: sie ist viel hübscher, als ich angenommen habe.
»Das ist alles sehr nett von Ihnen«, sagte sie, »aber ich muß Sie jetzt bitten, Vernunft anzunehmen. Nach dem, was sich in den letzten Minuten hier abgespielt hat, müssen Sie einsehen, daß wir nicht mal so tun könnten, als wären wir verlobt. Es ist unmöglich.«
Manchmal kam er sich in Gegenwart dieser Frau regelrecht dumm vor. Er hatte keine Ahnung, was sie eigentlich meinte. Er wußte nur, daß er sie liebend gern noch einmal küssen würde. Sollte dieser Kuß vorhin ein einmaliger Glücksfall gewesen sein? »Was ist unmöglich? Und warum?«
»Wir fühlen uns zueinander hingezogen, und das ändert alles. Ich hätte ja nie gedacht, daß zwischen uns solche starken Gefühle entstehen würden. Bisher habe ich Männer, die am Rande des Verbrechens wandeln, nie attraktiv gefunden. Ich kann Ihnen versichern, daß meine ... daß unsere plötzlich aufgetretenen Gefühle mich genauso schockiert haben wie Sie. Bei solcher gegenseitigen Anziehungskraft dürfen wir überhaupt nicht daran denken zusammenzubleiben, gleich aus welchem Grund. Das Ergebnis wäre einfach schrecklich.«
Mit großem Verlangen blickte Cole auf das Whiskyglas. Doch leider war es leer. Er brauchte jetzt dringend einen Drink. Wovon in aller Welt redete denn die Frau? »Das Ergebnis?«
»Mr. Hunter«, antwortete sie geduldig, »ich habe bereits zugegeben, daß dies alles ein Fehler gewesen ist. Mein Fehler. Ich habe Ihnen gesagt, daß mich der bevorstehende Besuch meiner Schwester in Panik versetzt hat. Allein aus diesem Grunde habe ich einen Plan in Szene gesetzt, der, wie ich jetzt einsehe, grenzenlos naiv war. Es tut mir leid, daß ich das getan habe, und ich möchte jetzt einen Schlußstrich darunter
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