0077 - Der Mörder aus dem Nichts
Stirn. »Nein, es stimmt leider. Es war Bobo!«
»Ist er tot?«
Die Tante nickte.
»Wer hat ihn getötet? Tante, wir müssen feststellen, wer ihn getötet hat.«
»Bleib ruhig, Virginia! Rege dich nicht auf! Wenn du es wünschst, hole ich die Polizei, obwohl ich lieber einen Skandal vermeiden möchte. Es steht ja leider fest, wer den Hund umgebracht hat.«
»Wer?« fragte das Mädchen leise und starrte die Tante mit großen Augen an.
Ellen Creigh wollte nicht mit der Sprache heraus.
»Besser, du versuchst einzuschlafen, Darling!«
»Wer?« beharrte Virginia.
»Dieser Mr. Ruggin natürlich«, antwortete die Frau mit einem Achselzucken.
»Wie kannst du das behaupten, Tante?« Virginia richtete sich auf.
»Es gibt keinen Zweifel, Liebling. Das Messer steckte noch in Bobos Körper. Sein Messer! Du kennst es doch, dieses alberne Klappding, das er ständig mit sich herumschleppt. Seine Initialen und das Wappen des College befinden sich auf dem Griff. Er selber hat uns diese sentimentale Geschichte erzählt, daß er das Ding als Zehnjähriger von seinem Vater bekommen hat und sich nie davon trennt. — Und dann benutzt er es, um einen harmlosen Hund zu töten. — Ich glaube, Ruggin ist geisteskrank. Man sollte die Behörde auf ihn aufmerksam machen.«
»Das… ist… nicht… wahr!« stammelte Virginia.
»Leider doch! Ich habe ihn sofort aus dem Haus gewiesen. Natürlich versuchte er, sich zu rechtfertigen, aber ich duldete nicht, daß er auch nur noch eine Minute blieb. — Übrigens drohte er, daß er nicht abreisen würde, bis er seine Unschuld bewiesen hätte. — Wenn er sich in einem Hotel eiriquartiert, so kann ich das nicht verhindern, aber ich werde die Polizei benachrichtigen, wenn er sich noch einmal einem Mitglied unserer Familie nähert!«
Das Mädchen ließ sich zurücksinken.
»Bitte, laß mich allein, Tante Ellen«, sagte sie leise.
Als Ellen Creigh schon an der Tür stand, fragte Virginia: »Ist Charles Fenner noch im Haus?«
»Ja.«
»Bitte, sage ihm, er möchte auch abreisen«, sagte Virginia, ohne die Augen zu öffnen.
***
Weder Ruggin noch Fenner verließen Calderwood. Sie quartierten sich im einzigen Hotel ein, aber sie sprachen nicht miteinander. Lesly Ruggin versuchte, Virginia telefonisch zu erreichen, aber immer wieder war die Tante am Telefon, und als er einmal den Diener erwischte, weigerte sich dieser, ihn mit dem Mädchen zu verbinden.
Virginia verließ nicht das Haus. Anthony hatte Bobo im Garten vergraben. Das Mädchen blieb fast ständig in seinem Zimmer und nahm nicht einmal an den Mahlzeiten teil. Nur Mammy Do gelang es, sie hin und wieder dazu zu bringen, etwas zu essen. Ellen Creigh ließ einen Arzt kommen. Virginia widersetzte sich nicht der Untersuchung, aber der Doktor konnte nichts feststellen außer einer starken nervlichen Erschütterung. Er verordnete Ruhe und viel Schlaf.
Als Ruggins Bemühungen keinen Erfolg hatten, ging er zu Professor Toomin in dessen kleines Haus am äußersten Rand des bebauten Geländes von Calderwood.
Der alte Mann begrüßte den Studenten erfreut.
»Ihr habt euch lange nicht bei mir sehen lassen, Jungens. Wie geht’s Virginia? Was macht die Liebe?«
Ruggin war erstaunt. »Haben Sie nichts von den Ereignissen gehört, Professor?«
»Keine Ahnung. Ich bin mindestens schon drei Wochen nicht mehr bei den Cailleaus gewesen. Wissen Sie, Lesly, ich begegne Miß Creigh nicht gern.« Er lachte und brachte eine Flasche Gin mit zwei Gläsern.
Ruggin berichtete. Toomin hörte ihm ernsthaft zu, ohne ein Wort zu äußern. Erst als der junge Mann schwieg, sagte er: »Das ist aber eine merkwürdige Story, Lesly. — War es wirklich Ihr Messer, mein Junge?«
Ruggin nickte. »Ja, irgendwer muß es mir gestohlen haben, aber ich weiß nicht, wie er es angestellt hat. Ich trage es immer bei mir, und während der Nacht liegt es zusammen mit meinen anderen Sachen auf dem Nachttisch. Am Abend, bevor der Hund damit getötet wurde, hatte ich es bestimmt noch. Es muß mir während der Nacht gestohlen worden sein, aber ich kann nicht verstehen, daß ich nichts davon bemerkt haben soll.«
Der Professor hob die Schultern.
»Tja, Lesly, da kann ich Ihnen auch nicht helfen. So etwas wäre Angelegenheit der Polizei.«
»Ich habe einen Verdacht«, sagte Ruggin düster, »und eines Tages prügel ich die Wahrheit aus dem Burschen heraus.«
Toomin sah ihn von der Seite her an. »Sie meinen Ihren Freund Charles?«
»Er ist nicht mehr mein Frund, aber ich bin
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