0111 - Die grausamen Ritter
schrie wütend auf, schleuderte seinen Arm herum und wollte nach der Chinesin greifen.
Shao reagierte schnell. Sie bekam den Arm des Mannes zu packen und setzte einen Hebelgriff an.
Der Mann ging zu Boden.
Andere kümmerten sich nicht um sie, die hatten mit Suko genug zu tun. Für das China-Girl war der Weg frei.
Shao nutzte die Chance. Hier konnte sie Suko nicht helfen. Wenn sie aber frei war, dann gelang es ihr vielleicht, zu seinen Gunsten einzugreifen.
So schwer es ihr auch fiel, sie ließ ihren Freund im Stich.
Shao rannte den Weg zurück, den sie zuvor mit Suko genommen hatte. Ihre Füße trommelten auf den hartgetretenen Boden, der Atem ging keuchend.
Die Schreie der Kämpfenden wurden leiser, blieben zurück. Die Chinesin rannte durch die Kurve und entzog sich der Sicht ihrer Häscher.
Aber wo sollte sie hin?
Sie lief langsamer, suchte nach einem Versteck. Noch war die Gasse leer, noch hatten sich keine weiteren Verfolger formiert, doch lange konnte es nicht dauern, bis man auch die restlichen Einwohner mobilisiert hatte.
Dann hatte sie Glück.
Auf der linken Seite wurde die Tür eines schmalen Hauses aufgezogen, und ein junges Mädchen erschien.
»Miß!« rief sie.
Shao drehte den Kopf.
Das fremde Girl winkte mit dem Zeigefinger. »Kommen Sie! Rasch, beeilen Sie sich!«
Shao dachte nicht lange nach, sondern nahm die Chance wahr.
Wenn es eine Falle war, hatte sie Pech gehabt. Was konnte sie schon verlieren?
Sie drückte sich an dem Mädchen vorbei und huschte ins Haus.
Ihre Helferin warf die Tür sofort zu und verriegelte sie.
Shao lehnte sich an die Wand. »Danke!« keuchte sie. »Vielen Dank.«
Das Girl winkte ab. »Bedanken können Sie sich später. Kommen Sie erst einmal mit.«
Die Räume in dem Haus waren nicht nur klein, sondern schon winzig. Shao betrat einen Wohnraum, in dem ein alter Ofen stand, drei gepolsterte Stühle, ein Tisch und ein Schrank. Durch das schmale Fenster schaute sie auf einen kleinen Garten.
Sie nahm Platz. Ihre Helferin setzte sich gegenüber. »Ich heiße übrigens Shao«, sagte die Chinesin.
»Ich bin Diana Redford. Du kannst mich Diana nennen.«
»Okay.« Diana sah zwar nicht aus wie ein Mannequin, doch durch ihr rotes, lockiges Haar wirkte sie irgendwie frisch. Zudem wuchsen zahlreiche Sommersprossen auf ihrem Gesicht. Sie trug Jeans, ein wollenes Hemd und eine Weste darüber.
»Wohnst du allein hier?« fragte Shao.
»Nein.« In Shaos Augen blitzte es. Diana Redford lachte. »Keine Angst. Nur meine Mutter ist noch im Haus. Und die liegt im Bett. Es geht ihr nicht gut. Zudem ist sie schwerhörig.«
Shao atmete auf.
»Möchtest du etwas trinken?«
Shao nickte. »Vielleicht einen Schluck Wasser.«
»Okay, hole ich dir.« Diana Redford stand auf und verschwand.
Die Chinesin wartete. Sie stand auf und lief zum Fenster. Der Garten war größer als das Haus und wurde von einem Lattenzaun begrenzt. Dahinter sah sie ein Feld. Von ihren Verfolgern entdeckte sie keinen Hemdzipfel. Shao atmete auf. Diana Redford kam zurück. Sie hatte nicht nur Wasser geholt, sondern auch Tee. Shao entschied sich für das belebende Getränk. Auch Diana trank. Dann stellt Shao die Frage, die ihr bereits seit dem Eintritt auf dem Herzen brannte. »Warum hast du das für mich getan?«
Das rothaarige Girl stellte seine Teetasse weg und schaute die Chinesin ernst an. »Ich will es dir sagen. Obwohl ich hier aufgewachsen bin, habe ich mich von den Dorfbewohnern distanziert. Und das nicht nur so. Auch sie haben mich ausgestoßen, ich bin seit Jahren Luft für sie, weil ich mich mit einem jungen Mann eingelassen habe.«
»Ist das denn so schlimm?«
Diana lachte bitter. »Hier schon, denn der junge Mann gehörte auch nicht zur Gemeinschaft. Es ist Rocco, der Schäfer!«
Jetzt wurde Shao einiges klar. Sie erzählte dem Mädchen, daß sie überhaupt nur wegen Rocco hergekommen waren, weil er eben eine Aussage als Zeuge abgeben sollte.
»Deshalb habt ihr das Dorf gegen euch«, murmelte Diana. »Ich hätte es mir denken können.«
»Warum sind die Menschen so komisch?« fragte Shao.
»Das hängt mit Barrabas zusammen.«
»Wer ist das?«
Diana hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen.«
»Aber du hast doch von ihm gehört.«
»Das ja.«
»Was spricht man dann von ihm?«
»Schlimme Dinge. Soviel ich weiß, soll die alte Drachenlegende Wahrheit werden.«
»Was ist das nun schon wieder?«
»Du weißt vielleicht, daß Schottland und Irland
Weitere Kostenlose Bücher