03 - komplett
weiß, wie Sie sich diese Wunden zugezogen haben. Sie haben John erneut zusammengeschlagen, Sie brutaler Kerl. Sie haben ihn beinahe getötet.“ Sylvie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. „Wenn Sie glauben, dass ich dieses Wissen für mich behalte, haben Sie sich geirrt. Sobald meine Schwester und mein Schwager nach Hause kommen, werde ich ihnen davon berichten ...“
„Du wirst weder ihnen noch sonst jemandem etwas sagen“, meinte er höhnisch.
Flüchtig schaute er auf die verschorfte Haut. „Das hier ist gar nichts. Ich habe mir die Verletzung bei einem Faustkampf mit einem Freund zugezogen, er wird es gerne bestätigen.“
„Dann haben Sie einen Ihrer Kumpane bestochen, für Sie zu lügen“, sagte Sylvie ungehalten.
„Ich nehme an, Markham hat die Nachricht von Vance überbracht. Ich hatte gehofft, dass du noch nicht erfahren hast, was deinem armen Verehrer widerfahren ist. Hat Markham auch erzählt, dass ich es war, der die Suchmannschaft organisiert hat? Ich bin meinen Pflichten als Nachbar nachgekommen und habe versucht, den Übeltäter zu fassen. Oh, meine Menschenliebe muss dich nicht überwältigen, meine Liebe. Das war doch das Mindeste, was ich tun konnte.“
Er machte sich über die Tränen lustig, die ihr in die Augen gestiegen waren, und Sylvie wischte sich rasch mit der Hand über die Augen. „Sie haben das Gerücht in die Welt gesetzt, dass sich Gesindel in der Nachbarschaft herumtreibt, nicht wahr?“, stieß sie mit erstickter Stimme hervor. „Sie haben gehofft, damit den Verdacht von sich abzulenken. Die einzige Möglichkeit, um aus John herauszubekommen, dass wir durchgebrannt sind, war ihn zu verprügeln.“
Hugo antwortete nicht darauf, sondern neigte nur den Kopf und blickte sie forschend an. „Er ist schwach und feige. Würde er dich wirklich lieben, dann würde er dich nicht verraten, sondern jeden Schmerz ertragen, sogar für dich sterben. Was du an diesem Schwachkopf findest, ist mir unverständlich.“
„Das glaube ich gerne! Er ist Ihnen in jeder Hinsicht überlegen. Er ist freundlich und gutmütig ...“
Hugo machte eine abwehrende Geste mit der Hand und drehte sich um. „Erspar mir bitte dieses theatralische Getue. Deine Gefühle für ihn interessieren mich nicht länger.“ Seine Stimme war hart vor Genugtuung geworden. „Wir haben weitaus wichtigere Dinge zu besprechen: unsere Hochzeitspläne.“
„Und wenn ich es ablehne, Sie zu heiraten?“, fragte Sylvie, doch sie kannte die Antwort bereits. Da er nicht einmal davor zurückgeschreckt war, John halb totzuschlagen, würde er sich gewiss nicht scheuen, sie zu erpressen. Entweder gehorchte sie ihm, oder die feine Gesellschaft würde alle Einzelheiten über ihre abgebrochene Reise nach Gretna Green erfahren. Ihr Ruf wäre unwiderruflich geschädigt, und ihre Familie würde ebenfalls geschnitten werden und unter ihrer Schande leiden.
Grinsend nahm Hugo ihre verzweifelte Miene zur Kenntnis. „Ich denke, du weißt, was ich in diesem Fall tun werde. Ich bin noch nicht lange in der Stadt, aber aus der Gerüchteküche hört man, dass du gewaltig Eindruck bei den elitären Junggesellen hinterlässt. Mr. Shepherd, Sir Alan Montague, sogar Guy Markham, von allen sagt man, dass sie um dich herumscharwenzeln wie junge Hunde. Ob diese Gentlemen immer noch von dir bezaubert sein werden, wenn sie erst erfahren haben, dass du vor kaum einem Monat das Flittchen eines Farmers warst, was meinst du?“
Sein Blick lag auf ihrem gequälten Gesicht, und einen Augenblick lang glaubte Sylvie, einen Schimmer der Eifersucht in seinen Augen zu erkennen. „Du hättest nach Schottland weiterreisen und ihn heiraten sollen“, meinte er schroff. „Allerdings habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass Vance sich nicht wie ein herzloser Mädchenschänder benommen hat, sondern dass du es warst, die zurückkehren wollte. Was hat dich zu diesem Meinungsumschwung bewogen?“ Als sie darauf nicht antwortete und das Schweigen sich in die Länge zog, meinte er schließlich: „Ach, was kümmert es mich. Mir kommt es gerade recht, dass du dich selbst so außerordentlich angreifbar gemacht hast, und natürlich habe ich auch Vance dafür gedankt, dass er mir freundlicherweise davon erzählt hat.“
Sylvie schluckte die Übelkeit, die ihr in die Kehle stieg, herunter. Ihre eigene missliche Lage war vergessen, als sie sich vorstellte, welches Leid John ertragen haben musste, bevor er sie verraten hatte.
„Du wirst dich mir gegenüber
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