0324 - Die Geliebte des Dämons
gleiche. Er fragte sich, was das nun wieder bedeuten sollte. Die Erklärung bekam er sehr schnell.
Xang gab sie.
»Wir werden allein weitergehen müssen«, sagte er. »Shao ist die Geliebte Katayas. Er will sie haben, ich empfing seine Botschaft, und wir müssen uns von ihr trennen.«
»Nein!« sagte Suko.
Xang war überrascht. Er trat einen Schritt näher an die Wand heran.
Sein Gesicht schimmerte grün wie das einer Wasserleiche.
»Du stellst dich gegen ihn?«
»Ich war noch nie für ihn«, erwiderte der Inspektor kalt.
»Kataya wird sich rächen. Er wird dich furchtbar bestrafen, darauf gebe ich dir mein Wort.«
»Soll er, aber ich lasse Shao nicht allein mit dieser fürchterlichen Bestie.«
»Er ist keine Bestie!« Diese Antwort gab die Chinesin. »Kataya ist das Leben, Kataya ist das Gute und das Böse. Ich werde ihm Leben schenken. Ich bin ausersehen.«
Suko faßte Shao an der Schulter. »Bist du wahnsinnig? Du kannst nicht einfach…«
»Ich kann, Suko!«
Shao hatte sehr entschlossen geredet und ihren Freund damit überrascht. Der Inspektor stellte fest, daß der Bann doch stärker war, als er angenommen hatte.
»Überlege es dir. Wir können noch fliehen, werden zurücklaufen und die Stadt verlassen.« Suko machte diesen Vorschlag nicht gern.
Er ging wider seine Art, aber in diesem Fall war ihm alles recht, wenn es ihm nur gelang, Shao von dem schrecklichen Bann zu erlösen.
Sie ließ nicht mit sich reden. »Ich gehöre zu ihm. Du hättest mich nicht zu begleiten brauchen, Suko!«
Das waren harte Worte, und sie hatten den Inspektor auch tief getroffen. Er sah Xangs Lächeln und hätte am liebsten seine Faust in dessen Gesicht geschlagen.
Ein paarmal schluckte er.
»Ich gehe jetzt…« Shaos Stimme war sehr leise. Sie trat zwei Schritte zurück, ging noch weiter, und Suko schüttelte den Kopf, weil das nicht möglich war, denn dort befand sich die Wand.
Shao schlüpfte hindurch…
Als wäre sie überhaupt nicht vorhanden oder bestünde nur mehr aus einer feinstofflichen Masse. Da konnte Suko nichts tun. Er sprang zwar vor, wollte Shao festhalten, doch seine Hand schlug gegen das Gestein.
Es hatte sich wieder geschlossen.
Und Shao steckte in ihm.
Gespenstisch sah sie aus. Ihr Körper schien unter einem Röntgenschirm zu liegen, denn für einen Moment sah der Inspektor nur mehr das Skelett, bevor sich seine Freundin völlig zurückzog oder zurückgezogen wurde und wahrscheinlich dorthin verschwand, wo auch Kataya lauerte.
Den Kommentar gab Xang. »Du siehst, hier herrscht Kataya. Kein Mensch ist stärker als er…«
Suko hatte den Arm schon gehoben und die Hand zur Faust geballt. Er überlegte es sich. Nein, so wollte er sich nicht gehenlassen.
Auch wenn er ein freiwilliger Gefangener war, die Beherrschung verlor er nicht.
Und er wollte seine Kräfte sparen. Bestimmt konnte er sie noch brauchen. Sein Arm sank nach unten. »Was hat Kataya mit ihr vor?« fragte er Xang.
»Du wirst sie bald sehen.«
»Wo?«
Xang lächelte hintergründig. »Du brauchst nur mitzukommen, denn wir werden erwartet.«
»Was ist das Ziel?« fragte der Inspektor.
»Ein Heiligtum. Seine Wohnstätte. Dort wird er dich erwarten, damit du ihm huldigen kannst.«
»Ich werde einen Teufel tun!«
Der Kapitän lachte nur. »Kataya wird dich zwingen. Jeder, der zu ihm kommt, muß vor ihm auf die Knie fallen. Er ist das Größte.«
»Und wie sieht er aus?«
Xang begann leise zu lachen. »Kataya sieht nicht aus. Kataya ist das Wasser, ist die Wand, ist die Luft, der Atem. Er ist gleichgestellt worden mit seinen Feinden.«
»Und die waren?« hakte Suko nach.
»Kennst du nicht den Erhabenen aus Jade? Oder Buddha…«
Suko begann zu schlucken. Er ahnte etwas. Hinter Kataya, der keine eigentliche Gestalt besaß, steckte das absolut Böse.
Ja, er war das Böse an sich!
Er war Gestalt und Philosophie und hatte sich ausgerechnet Shao als seine Geliebte ausgesucht.
Ein wenig viel auf einmal, dachte selbst Suko, der einiges vertragen konnte. Vorhin hatte er sich noch sicher gefühlt, das war nun vergangen, und er sagte mit rauher Stimme: »Gehen wir weiter.«
»Gern«, erwiderte Xang, »denn Kataya darf man nicht warten lassen. Wenn er ruft, müssen wir gehorchen.«
»Wir werden sehen.«
Xang schritt wieder vor. Suko schaute noch einmal zu der Stelle hin, wo Shao verschwunden war.
Er sah dort nichts. Nur die verdammte Wand, die sich wieder geschlossen hatte.
Wie mochte es ihr ergehen? Was stellte man inzwischen
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