076 - Die Nacht der Zombies
eigentlich, wer ich bin? Ich warne dich, Raffael Amalfi, treib es nicht zu weit!"
„Sei nicht kindisch, Jayne! Du treibst deine Eifersucht zu weit. Ich geh jetzt. Wann ich wiederkomme, weiß ich noch nicht genau."
„Wegen mir brauchst du überhaupt nicht wiederzukommen", schrie Jayne aus Leibeskräften. „Ich weiß schon, wo ihr hingeht - ins nächste Hotel. Aber mit mir kannst du das nicht machen. Ich werde abreisen."
Raffael Amalfi seufzte. „Jayne, du erregst dich umsonst. Ich sagte doch schon, daß Coco zu meiner Sippe gehört und..."
„Was kümmert mich deine Sippschaft? Da müssen schöne Zustände herrschen. Ich habe gehört, was du vorhin über diese mannstolle Natalie erzählt hast. Bei ihr warst du wahrscheinlich auch schon, und deine fette Alte drückte alle Augen zu."
Coco hörte das schallende Geräusch einer Ohrfeige.
„Ich lasse meine Sippe nicht beleidigen", sagte Raffael. „Ich gehe jetzt."
Er kam aus der Tür. Coco war ein Stück weitergegangen, denn die lautstarke Streiterei hatte alle Nachbarn aufgestört. Manche standen auf der Straße und gafften, andere schauten aus den Türen und Fenstern ihrer Hütten, Baracken und Wohnwagen.
Amalfi bot Coco würdevoll den Arm und ging mit ihr die schäbige Straße hinunter.
„Manchmal hat man es schwer", sagte er.
Als sie hundert Meter weiter waren, trat Jayne Marquardt aus der Tür der Hütte.
„Raffael!" rief sie hinter dem Zigeuner her. „Raffael!"
Aber Amalfi ging weiter.
Auf dem Weg zum alten französischen Fort erzählte Coco Raffael Amalfi von ihren Erlebnissen beim Magierkongreß. Sie sprach von den verfeindeten Abadie-Brüdern und dem Zombie Tonnere, der schließlich zum Schluß den Spinnenküsser unschädlich gemacht hatte. Der Zombie hatte dann sein Ende und seine verdiente Ruhe gefunden.
Raffael Amalfi staunte. Es war ihm allerdings nicht entgangen, daß in Port-au-Prince übernatürliche Dinge geschahen; er hatte auch mit anderen Gauklern und Magiern gesprochen.
„Ich befürchte, daß es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Voodoo-Kult und den Dämonen kommt", fuhr Coco fort. „Deshalb will ich mit Olivaro reden."
„Welche Rolle spielt dieser Olivaro denn?"
„Er ist eine wichtige und einflußreiche Persönlichkeit, wenn er sich auch mit Vorliebe im Hintergrund hält. Er kann mir genau sagen, was hier gespielt wird."
Raffael Amalfi fragte nicht weiter. Von Zeit zu Zeit wischte er sich mit dem rotkarierten Taschentuch den Schweiß von der Stirn, denn der Aufstieg zum alten Fort war steil und steinig, und die Sonne brannte vom Himmel.
Endlich standen sie auf dem Hügel. Von dort oben konnten sie das Gewirr der Stände und Buden sowie das Hütten-, Baracken- und Wohnwagendorf sehen.
Die Prominenz beim Magiertreffen wohnte im alten Fort, das restauriert und den modernen Anforderungen entsprechend hergerichtet worden war. Die gut bemittelten Kongreßteilnehmer waren in den Hotels von Port-au-Prince untergekommen.
Nicht Dämonen, sondern Menschen hatten den Magierkongreß einberufen. Guulf de Sylvain, als Papaloa Boumba der mächtigste Vertreter und oberste Priester des Voodoo, war der Hauptinitiator. Außer ihm gehörten Magier, Zauberkundige und einheimische Geschäftsleute zum Kongreßkomitee. Letztere erwarteten einen Profit für sich. Die fliegenden Händler mußten eine Gebühr für die Aufstellung ihrer Stände und Verkaufsbuden bezahlen. Es wurde ein hoher Umsatz mit Zaubermitteln und magischen und okkulten Ingredienzien erzielt.
Wichtig aber war, daß dieser Kongreß der Schwarzen und Weißen Magie im Banne des Voodoo stand. Nicht nur war der oberste Voodoo-Priester der Hauptinitiator, sondern der Kult war auch tief im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben von Haiti verwurzelt und hatte große Macht auf der Insel. Die Insel Haiti war die Bastion des Voodoo.
Coco und Raffael Amalfi traten durch das große Tor ins Fort. Es war quadratisch angelegt. Zweistöckige langgestreckte Gebäude bildeten ein Viereck und umschlossen den Innenhof. Im Innenhof lag das Kongreßgebäude.
Wegen der Mittagshitze hielten sich nur wenige Personen im Freien auf. Coco ging mit Raffael Amalfi in den Trakt der Fortgebäude, wo Olivaro wohnte. Sie gelangte ohne Schwierigkeiten zu seinem Zimmer und klopfte. Ein schwarzer Bediensteter öffnete.
„Ich möchte Senor Olivaro sprechen", sagte Coco.
„Bedaure, Senor Olivaro ist heute morgen abgereist."
Coco konnte einen Blick ins Zimmer werfen. Es war nichts
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